Kapitel 1

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Morgenröte

Kapitel 1

„Mr. Shinoda, wieso sind Sie hier?" Ich sah stumm in dem Stuhlkreis umher, wir trugen fast alle die gleichen abgetragenen Shirts und die ebenfalls grauen Jogginghosen, nur der eine Arzt, ich hatte seinen Namen mal wieder vergessen, trug ein normales Hemd, das er in seine Jeans gesteckte hatte. Die Fenster waren vergittert, der Hof ebenfalls geschlossen, ich kam mir vor wie in einem Gefängnis, doch das war es gar nicht. Schließlich widmete ich mich langsam der Frage des Mannes. Wieso ich hier war? Eine lange Geschichte, die ich selber nicht verstand, lachte ich in mich hinein.

„Mr. Shinoda?" Ich begann dem Mann mit der Brille direkt in die blauen Augen zu starren.

„Es würde un-" Er brach ab, die Scharniere der Tür quietschten und ich sah augenblicklich zu dieser. Einer der breitschultrigen Pfleger hielt die Tür offen, ein Anderer schob einen deutlich zierlicheren Mann hinein. Hinter seiner übergroßen Brille steckten zwei pechschwarze Augen, seine Beine waren sehr dürr, man konnte schon alle Knochen erkennen, sodass er etwas wacklig lief und von dem Pfleger gestützt werden musst. Die Gestalt sah krank aus, körperlich krank, seine Haare waren komplett abgeschoren worden und nur noch Stoppeln standen ab. Ganz langsam setzte er sich dann auf den freien Platz neben mir, seine Finger zitterten und zuckten. Plötzlich sah er mich etwas perplex an, ich erstarrte, zuckte kurz zusammen, bis ich wieder zum Leiter der Runde starrte.

Einer der Pfleger flüsterte gerade dem Mann im Hemd etwas zu, sie waren zu leise, damit ich etwas verstehen konnte, wahrscheinlich handelte es sich jedoch um den Neuen. Nachdem sie still die kurze Unterhaltung beendet hatten sah er kurz wieder zu mir, jedoch wichen seine Blicke sofort ein Stückchen weiter zu dem leicht zitternden Mann, dem all seine Sachen deutlich zu groß waren, sodass die Ärmel, die mir etwa bis zur Hälfte des Oberarmes gingen, bei ihm bis mindestens zu Elle reichten. Seine Unterarme waren tätowiert, die Ohren getunnelt. Er war irgendwie seltsam, er wäre ja aber auch nicht hier, wenn er es gar nicht wäre.

„Ich bin Dr. Scott. Wir sind hier in dieser Selbsthilfegruppe, um darüber nachzudenken, weshalb Sie hierhergekommen sind." Wie ich diesen Ort hasste. Liebend gerne hätte ich meine Krücken genommen und wäre einfach aufgestanden, doch bis ich an der Holztür des Raumes angekommen wäre, hätte mich die Krankenschwester schon freundlich darum gebeten meinen Platz wieder einzunehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich einfach die Tür geöffnet hätte oder mich geschlagen zurück zu meinem angestammten Platz begeben hätte.

„Mr. Shinoda wollte gerade etwas sagen.", wendete er seinen Blick wieder zu mir. Ich sah einfach mit starrem Blick emotionslos wieder zurück, das Lächeln konnte ich mir verkneifen, ich ärgerte den Mann irgendwie gerne.

„Wieso sind Sie Ihrer Meinung nach hier?" Stumm sah ich noch einmal umher, es waren fast nur Männer dort, eigentlich waren es nur Männer und eine Schwester. Man sortiert nach Geschlecht.

„Ärztlicher Beschluss." Leicht niedergeschlagen schüttelte er wieder nur den Kopf, ich hatte nach einiger Zeit beobachten können, dass er immer so reagiert, wenn ich immer die gleiche Antwort gebe.

„Das sagten Sie schon. Denken Sie bis morgen noch einmal darüber nach." Ich reagiert darauf, indem ich nicht reagierte, mein Blick blieb weiterhin still, ich versuchte mich möglichst wenig zu bewegen.

„Mr. Bennington, richtig?" Der Mann neben mir nickte unsicher, schluckte und starrte wieder zu mir. Seine Augen waren auf einmal aufgerissen, er sah mich fragend an, nachdem ich ihm einen Blick gewürdigt hatte, sah ich nach draußen. Die Sonne schien, zu schönes Wetter für mich, ich hasste es. Eine gute Sache gab es dabei, dass ich hier eingesperrt war. Ich muss nicht nach Draußen.

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