Kapitel 30

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Morgenröte

Kapitel 30

Es war gerade Mittag als ich vor der Klinik parkte. Die Sonne stand zwischen den Wolken und wann immer sie herauskam blendete sie, weshalb ich eine Sonnenbrille trug. So lehnte ich an der Front des Autos und starrte auf mein Handy. Chester würde gleich rauskommen und dann fuhren wir zurück nach Hause. Gelangweilt sah ich hinauf in den Himmel, der Wind wog in den Blättern über mir, leise rauschten sie. Es war so schön ruhig, bevor eventuell zuhause alles eskalieren würde. Es machte mich nervös und so zippte ich mit einer Hand immer wieder den Reisverschluss hoch und runter. Der Blick geradeaus beunruhigte mich noch mehr, denn vor mir lagen die Gebäude der Klinik. Ich erinnerte mich an meine Ankunft. Sie hatten mich zwangseingewiesen. Im Rollstuhl hatte ich auch keine andere Wahl gehabt. Die ersten Wochen hatte ich, wie jetzt, einfach nur weggewollt.

Irgendwann hörte ich Schritte auf dem Untergrund und sah auf. Ruhig ging Chester seinen Weg. Über seiner linken Schulter hing ein großer Rucksack, wie immer trug er seine dicke Brille. Er war dick eingepackt in einen Mantel und trug einen Schal um seinen Halsgewickelt. Seine Haare waren deutlich länger als zuvor. Als sich unsere Blicke trafen lächelte er mich an und nahm den letzten Zug seiner Zigarette, dann schnippte er sie weg.

„Hey, Mike." Verlegen lief er rot an, dann umarmte er mich herzlich. Vorsichtig erwiderte ich seine Umarmung, drückte dabei meine Wange an seine.

„Hallo." ,ließ ich ihn wieder los und nahm ihm seine Tasche ab. Sie war schwerer als erwartet. Wenn er nun schon vorher in der Entzugsklinik gewesen war, dann hatte er eventuell sein halbes Leben dabei. Still räumte ich seine Sachen in den Kofferraum, während Chester schon einmal auf der Beifahrerseite einstieg. Dann folgte ich ihm und sah ihn lächelnd an.

„Cool, dass du wieder laufen kannst. Und die Frisur ist auch nicht schlecht." Chester lächelte, doch war noch immer ein wenig verlegen, so hatte er seine Hände in seinem Schoß zwischen den Beinen niedergelegt. Mir ging es nicht anders. Ich war ähnlich verlegen, doch glücklich, dass er nun bei mir war.

„Danke, dass ich bei dir sein darf." Ich nickte.

„Ist schon okay." ,startete ich den Motor und fuhr dann aus der Parklücke.

„Ich muss noch einkaufen. Wenn du möchtest dann kannst du dir was aussuchen." Chester nickte artig, zog aus seiner Hosentasche ein recht modernes Handy. Ich hatte ihn nicht so eingeschätzt, dass er genug Geld für so etwas hatte. Über eine Seite sah ich ihn immer wieder an, er tippte auf dem Bildschirm herum und legte dann sein Handy wieder weg. Ich konzentrierte mich wieder auf die Straße, überlegte wo wir einkaufen gehen könnten und entschied mich dafür ganz offen in den Supermarkt in meinem Heimatbezirk zugehen. Ganz unscheinbar schob sich seine Hand zu mir hinüber und legte sich auf meinen Oberschenkel.

„Wie geht's dir, Mikey?" An einer roten Ampel sah ich zu ihm hinüber.

„Es geht. Und dir?"

„Ich freue mich sehr bei euch sein zu dürfen." ,strahlte er liebevoll und sah mich aufmerksam an. Ich mochte seine Art so sehr. Er war wundervoll.

„Ich freue mich auch, dass du dazu bereit bist." Chester lachte leise auf, strich sich durch die dicken, lockigen Haare und schüttelte diese dann wieder.

„Sonst kenn ich doch niemanden hier." Ich lief rot an, war irgendwie stolz darauf, dass er, obwohl er die Wahrheit über mich wusste, so sehr zu mir stand. Nun gut er verstand das alles ja auch.

„Ich muss einmal sehen wie ich überhaupt nach Hause kommen will." ,erklärte er, beantwortete nebenbei eine Nachricht, die er bekommen hat.

„Hast du denn schon Pläne?" Er überlegte einen Moment.

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