Kapitel 17

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Morgenröte

Kapitel 17

„Wollen wir Otis zusammen ins Bett bringen?" Nickend griff ich nach den Krücken und stand auf. Sie lächelte mich an und lehnte kurz ihre Stirn an meine. Ich sah in ihre Augen und musste das Lächeln erwidern. Ich konnte einfach nicht verstehen weshalb ich sie so sehr liebte, obwohl ich doch wusste, dass man mich an die andere Seite verloren hatte. Vorsichtig küsste sie meine Wange und ging dann nach oben. Ich wusste genau wie ich laufen musste und folgte ihr. Zusammen gingen wir zurück in die Diele und dort die Treppe hinauf, ich brauchte etwas länger als sie, weshalb sie oben kurz auf mich wartete. Otis in ihren Armen schlief schon fast und nuckelte zufrieden an seinem Schnuller. Er hatte zwar sicherlich schon seine ersten Zähne, doch Anna wollte ihm diesen noch nicht wegnehmen.

„Ich komme schon." ,folgte ich ihr und ging wieder neben ihr hier. Zusammen betraten wir ihn in sein Zimmer. Die Decke war noch immer so bemalt wie ich es damals getan hatte, tausende Sterne schienen auf uns herab und über Otis Wiege hing ein kleines Mobile aus Planeten, Sternen und Raketen beziehungsweise Raumschiffen. Vorsichtig trug Anna ihn zu dem weißen Wickeltisch und legte ihn darauf. Auch der Bezug hatte, wie die Vorhänge, ein Muster aus gelben Sternen und Monden auf einem dunkleren Blau. Otis war schon deutlich größer geworden als damals, er passte nicht mehr zwischen meine Hand und den Ellenbogen und war nun etwa siebzig bis achtzig Zentimeter groß. Vorsichtig strich sie durch seinen schwarzen Haarflaum und zog ihn aus, um seine Windel zu wechseln und ihn einen neuen Strampler anzuziehen.

„Magst du helfen?" Ich kam langsam auf sie zu und sah das winzige Kind an. Er sah mich durch seine großen Augen an, doch sie waren langsam müde. Etwas zögerlich gab ich ihr eine Windel und sah zu wie sie ihm diese anzog. Dann nahm sie ihn fertig wieder hoch und legte ihn in die ebenfalls weiße Wiege, langsam schaukelte sie diese ein wenig an, damit er ruhig wurde. Wir hatten zusammen die Möbel ausgesucht, sie sollten einen Kontrast zu dem sonst dunklen Sternenhimmel bilden. Nachdem die Wände von mir gestrichen worden waren hatten wir sie zusammen aufgebaut und die restliche Einrichtung eingebaut. Dazu gehörte auch ein Nachtlicht auf dem ein Hase mit Koffer in der Hand auf einer Rakete durch das Weltall flog. So weit ich wusste stammte dieser aus einer Reihe von Kinderbüchern, vielleicht würden wir sie ihm zusammen einmal vorlesen.

„Schlaf gut, kleiner Mann." Vorsichtig lehnte ich mich auf eine einzelne Krücke und griff nach seiner Hand, behutsam schüttelte ich diese. Nur wenig später schloss er seine Augen und ich ließ seine sinken.

„Ich hab dich lieb." ,strich ich ihm noch einmal durch die Haare und wendete mich dann mit Anna ab. Sie lächelte vor sich hin und legte ihren Arm um mich.

„Wollen wir Fernsehen gucken?" ,fragte sie neugierig und geleitete mich nach unten. Ich folgte ihr langsam und sah die Bilder an der Treppenwand an. Auf den Meisten waren wir Beide darauf, wir lachten. Dort waren Bilder von unserer Hochzeit, Reisen, wie wir zusammen das Haus renoviert hatten, von der Zeit als sie schwanger war und vieles mehr. Eine Wand, welche die letzten zehn Jahre wiederspiegelte. Auf den neueren Bildern war mein Lächeln nicht mehr ehrlich.

„Läuft denn etwas?" Als wir unten waren ging ich wieder neben ihr her bis wir zusammen auf dem Sofa saßen. Die Krücken legte ich weg und zog meine Beine auf das Sofa. Schnell kam Anna zu mir und kuschelte sich mit dem Rücken an mich, meine Hände legte ich schnell um sie und genoss diese Nähe. Unbemerkt lächelte ich in mich hinein und lehnte meinen Kopf an ihrer Schulter an. Währenddessen schaltete sie mit der Fernbedienung den Flimmerkasten an und suchte ein passendes Programm heraus.

„Magst du das?" Ich brummte nickend und blieb einfach mit dem Gesicht an sie gedrückt und lauschte den Stimmen aus den Boxen. Mir war in diesem Moment einfach egal, was passierte, ich wollte mich einfach an sie drücken und diese Nähe genießen. Dieser ganze Trubel ging mir allmählich auf die Nerven, ich wollte einfach nur hier in meiner kleinen Welt bleiben, lesen, zeichnen und mich um meine kleine Familie kümmern.

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