Kapitel 34

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Morgenröte

Kapitel 34

So wie Anna und ich abgesprochen hatten, brachte sie Otis an diesem Tag nicht zur Tagesmutter und so hatten wir Zeit zusammen etwas zu unternehmen. Als ich aufwachte da war sie schon weg und ich lag noch im Bett. Chester schien ebenfalls zu schlafen und als ich Otis zum Frühstück holen wollte hatte er auch noch geschlafen. Nun saßen wir drei zusammen im Auto und es ging ab in die Innenstadt. Nur bis dahin dauerte es immer eine gute Stunde.

„Wir können am Strand parken, ein bisschen durch die Stadt laufen und zum Ausklang die Füße noch ein bisschen ins Wasser halten." Nun bog ich von der Schnellstraße auf den Highway, der sich durch die halbe Stadt zog, ab.

„Klingt gut." Lächelte er und knabberte ein bisschen an seinen Fingernägeln herum. Wie ich schon zuvor beobachtet hatte waren sie immer so kurz wie es nur ging und oft kann man dort auch kleine verkrustete Ränder angetrockneten Blutes erkennen. Diesmal begann es auch wieder zu bluten.

„Im Handschuhfach sind Pflaster." Chester brummte nur etwas, doch dann konnte ich höre wie er die Klappe öffnete und sich eines der Pflaster heraussuchte. Kurz sah ich zu ihm herüber, er klebte sich gerade das Pflaster auf, doch dann musste ich wieder auf die Straße achten. Wie immer war es recht voll, doch zumindest lief der Verkehr gerade halbwegs flüssig, denn die meisten waren schon in ihren Büros. Nur dummerweise erinnerte ich mich so daran, dass ich am Donnerstag das Vorstellungsgespräch habe. Chester zog derweilen das Handy heraus und spielte damit herum. Zumindest ließ er seine Fingernägel nun in Ruhe.

„Ihr habt einen Computer, richtig?" ,fragte er schließlich weiterhin auf den Bildschirm konzentriert.

„Damit ich die Flugtickets buchen kann."

„Klar. Schade dass du schon gehen willst." Kurz lugte ich zu ihm herüber, er sah mich wieder an und zeigte, dass er eigentlich nicht gehen wollte. Nur wir beide wissen, dass es keine andere Wahl gibt. Wir können uns ab und zu treffen um vielleicht einige Sachverhalte auszuleben, doch jeder hat seine eigenen Welten in die man gehört. Ich habe Anna und er vielleicht auch eine andere Form von Beziehung. Er sollte sein Leben auch ohne mich haben.

„Zumindest für's Erste. Mein Dad will mich sehen."

„Mike Chester Daddy?" Chester begann zu kichern. Es war süß wie er das Wort Daddy nur auf mich bezog und nicht verstand, dass auch andere einen Vater haben. Seine Sprachentwicklung war einfach noch nicht so weit, dass er die Wörter richtig deuten kann und auch seine Sätze verständlich sind.

„Nein. Ich bin dein Daddy, aber nicht Chesters. Er hat einen eigenen." Chester grinste mich an und fuhr sich etwas nervös durch die lockigen Haare.

„Sobald die Zeit gekommen ist werde ich gerne zu euch kommen. Vielleicht zieh ich ja hier hin , aber dafür brauche ich einen Job, was schwer wird." Chester lächelte mich erschöpft an und nahm wieder sein Handy in die Hand.

„Ich werde dich zum Flughafen bringen, wenn ich kann." Er jedoch winkte dankbar ab und legte wieder sein Mobiltelefon in den Schoß. Ich seufzte langsam und konzentrierte mich wieder auf den nun stockenden Verkehr. Es war eines der Zeichen dafür, dass wir uns nun der Innenstadt näherten.

„Bitte..." ,flehte ich ihn an bis Chester mir nachgab und sagte, dass er sich von mir bis zum Flugzeug geleiten lassen würde.

„Du kannst mich sonst auch einmal besuchen. Ich glaube mein Vater würde sich freuen dich kennenzulernen." ,erklärte er zufrieden und ging wieder an sein Handy als er vibrierte. Schnell tippte er etwas und legte es dann wieder weg und sah nach draußen. Ich lauschte einfach nur dem Radio und sah ab und zu Otis nach hinten. Er hatte den Schnuller schon seit einer Weile ausgespuckt und knabberte an seinem hölzernen Beißring.

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