Morgenröte
Kapitel 20
Auch der Sonntag verlief recht ähnlich wie der Samstag:
Wir standen auf als Otis wach wurde, dann frühstückten wir gemeinsam und schließlich machten wir uns fertig. Am Vormittag zog sich Anna in unser gemeinsames Arbeitszimmer zurück und ich las Otis etwas vor. Das kleine blaue Buch mit den dicken Seiten war über einen Zirkus. Auf den Seiten waren immer ein fett gedruckter Text und ein passendes Bild. So über den Zirkuselefanten, der auf einem riesigen Ball stand und durch seinen Schmuck indisch wirkte und eine Herde Pferde, die von Akrobaten geritten wurden bis hin zu den Raubkatzen und Domteuren. Anna lächelte zufrieden als sie nach ein oder zwei Stunden zurück kam und dann gingen wir, wie auch schon am Vortag, zusammen, nach einen kleinen Snack, in den Park. Wieder bauten wir gemeinsam Sandburgen und, weil dieses Mal mehr Zeit blieb und er nicht wieder anfing zu schreien, schubste ich ihn auf der Schaukel an so gut ich das mit einer Hand konnte. Am Abend kochten wir zusammen, es gab Steaks mit Gemüse, Brokkoli und Kartoffeln, sowie zum Nachttisch einen sehr luftigen Schokoladenpudding. Ich aß zufrieden auf und dann schauten wir zusammen etwas Fernsehen. Es lief die Wiederholung eines zweitklassigen Footballmatches von heute Nacht.
„Wäre das nichts für dich?" Anna lächelte und streichelte durch meine Haare, küsste dann meine Wange.
„Ich weiß nicht. Ich kann doch kaum laufen." ,erklärte ich schnell mein Befinden und sah sie mitleidig an.
„Ich kann mich daran erinnern wie ich am College bei einem deiner Spiele war." ,begann sie zögerlich. Kaum erinnerte ich mich zurück sah ich wieder die vollen Tribünen, das mit Scheinwerfern hell beleuchtete Feld. Es blendet mich, als ich mit meinem Bruder neben mir aus den unterirdischen Umkleidungskabinen heraus kam und dann den Helm, den ich unter meinem Arm getragen hatte, aufsetzte. Ich war der Quarterback der Mannschaft gewesen und so lag fast aller Jubel auf mir und alle Mädchen, von den Cheerleadern bis zu den Strebern, bei Jason war es ähnlich, denn wir sahen uns zu dieser Zeit so ähnlich, dass wir nur an unseren Trikots mit M. und J. unterscheidbar waren.
„Du sahst nicht nur verdammt gut aus, du hast auch gut gespielt." Zufrieden küsste sie meine Schläfe erneut und kuschelte sich an meine Brust.
„Mal sehen, Anna. Irgendwann einmal." Zufrieden nickte sie nach einer Weile.
Nachdem das Spiel zu Ende warn gingen wir gemeinsam ins Bett, dies mal ohne irgendwelche nähere Zärtlichkeit, sie kuschelte sich nur still an mich und wir schliefen auch bald ein.
„Morgen." Augenblicklich schlug ich die Augen auf und sah Anna an. Sie trug wie immer die schlichte schwarze Kleidung, wenn sie in dem Buchladen arbeiten ging. Es wunderte mich ein wenig, dass sie sich nicht einen besser bezahlten Job gefunden hat. Das gleiche Problem hatte sie schon nach dem Studium gehabt, wenn sie als Aushilfslehrerin gerade keine Schule fand.
„Das Frühstück steht noch, Tee kannst du dir ja selber mache. Wir gehen dann jetzt. Der Zettel mit der Adresse und dem Termin liegt auf deinem Platz." ,lächelte sie und gab mir einen Abschiedskuss. Otis in ihrem Arm wirkte müde und sah mich durch halbgeschlossene Augen an.
„Bai Bai, Dada." ,brabbelte er erschöpft und kuschelte sich wieder an ihre Brust. Ich winkte den beiden zum Abschied und lächelte zufrieden, dann legte ich mich wieder hin als sie nach unten gingen. Müde starrte ich an die Decke und beobachtete ein paar Lichtflecken die darüber tanzten. Im Haus war es verdammt leise, was mir langsam Angst machte und ich horchte genau hin. Nur es war noch immer still. Es machte mich irgendwie verrückt und ich stand auf. Nur meine Schritte und das Aufschlagen der Krücken auf dem Boden halten leise zwischen den, außer mir, leeren Wänden wieder. So eine Stille hatte ich schon lange nicht mehr gehört, in der Klinik war es immer etwas laut gewesen, Stimme und Schritte auf dem Flur, die Stimmen der anderen Patienten, manchmal auch Ärzte und Pfleger und sehr selten hörte man auch Schreie. Es ließ mir immer wieder kalte Schauer über den Rücken laufen. Auf einmal musste ich an Chester denken. In Gedanken stolperte ich die Treppe hinunter, lief dabei fast gegen die Wand in der Biegung und fiel unten beinahe hin, weil ich das Ende der Treppe nicht erkannt hatte. Einen Moment lang sah ich ihn auf meinem Weg in die Küche auf Annas Stuhl in der Küche sitzen. Er lächelte, trug seine große Brille, rückte diese kurz zurück, und dazu die schwarzen Tunnel, die dicker wirkten als die gedehnten Löcher eigentlich waren. Langsam ging ich darauf zu und sah den Stuhl leer. Zumindest musste mein Lächeln nicht verblassen, denn ich hatte gar nicht erst eins aufgesetzt. Ich wusste er war nicht real, nicht hier.
DU LIEST GERADE
Morgenröte
Fanfiction[fertig gestellt] Schon seit Ewigkeiten ist Mike alleine in einer psychiatrischen Klinik, von seiner Frau und seinem Sohn fehlt jede Spur. Eines Tages lernt er den Patienten Chester kennen. Er mag ihn sehr, doch dahinter steckt mehr als Mike glauben...