Kapitel 10 - EINBRUCH!

456 14 2
                                    


Gerrit stand derweil vor der Tür der BAUGEWE und wartete auf Einlass. Eine Ewigkeit schien ihm vergangen, als endlich die Sekretärin an die Tür kam und ihm öffnete. „Grass, Kripo.", stellte er sich sogleich vor. „Ich muss mit Ihrem Chef sprechen. Sofort.", dann lief er an der überraschten Frau vorbei und zum Büro des Inhabers, das wie er von Michael wusste wenn man an der Rezeption vorbei ging am Ende des linken Gangs lag. Auf halbem Wege holte ihn die Sekretärin ein und hielt ihn am Ärmel fest. „Der Chef ist nicht hier. Er ist vor einer Viertelstunde aus dem Haus gegangen!", beschwor sie ihn, doch Gerrit dachte nicht einmal daran, darauf einzugehen und stürmte in das Büro. Wie erwartet lief dort bereits der Verdächtige umher und sortierte Unterlagen. Er schien sehr nervös und erschrak regelrecht, als Gerrit die Tür mit Wucht aufriss und grollend in der Tür stand. Gerrit war wütend. Wütend auf die Sekretärin, die ihn auf eine falsche Fährte schicken wollte, wütend auf den Verdächtigen, der nun scheinbar tiefenentspannt an seinem Schreibtisch Platz nahm und vor allem wütend auf alle, die ihm bei der Suche nach Alex im Wege standen. Also fing er schnell an, den Firmeninhaber auszufragen und versuchte dabei verzweifelt ruhig zu bleiben: „Herr Mahrn, warum kaufen Sie Kinderspielzeug? Kennen Sie einen gewissen Marius Böhmer?" Der Angesprochene sah den Kommissar mit unschuldigen Augen an und antwortete: „Die Freundin von Olivia hat ein Kind. Für das nehme ich gerne ab und an etwas mit. Woher wissen Sie das eigentlich? Spionieren Sie mir etwa hinterher??? Und natürlich kenne ich Marius. Er ist der Bruder meiner Freundin.", doch Gerrit ließ nicht locker: „Also geben Sie zu, dass Sie öfter Kontakt zu ihm haben? Und das Kind Ihrer Bekannten, ist es ein Mädchen, oder ein Junge? Sie sind doch meistens arbeiten und sind fast nie zu Hause, wie könnten Sie da eine Beziehung zu dem Kind aufbauen?" Der Verdächtige schwieg erst einmal und schien, als müsse er sich eine Antwort überlegen da erhielt Gerrit einen Anruf von Robert. „Aha, okay. So ist das also. Ich weiß Bescheid, danke Rob. Bis dann.", dann wandte er sich erneut an sein Gegenüber: „Herr Mahrn, was haben Sie mit dem Bruder Ihrer Freundin, Marius Böhmer, zu schaffen? Er steht im Verdacht etwas mit dem Verschwinden unserer Kollegin zu tun zu haben. Was haben Sie dazu zu sagen?" Der Bauunternehmer hatte wieder sein Pokerface aufgesetzt. Dieses war etwas verrutscht, denn er schien überrascht gewesen zu sein, dass die Kommissare die Verbindung zu seinem Quasi-Schwager herausgefunden hatten, doch bestellte er nun erst einmal durch die Freisprechanlage einen Kaffee bei seiner Sekretärin. Gerrit blickte derweil auf die Uhr. Es war schon kurz vor 12. Er wollte gerade wieder auf eine Antwort drängen, da kam die Sekretärin rein und lieferte ihrem Chef den Kaffee, dann wandte sie sich an Kommissar Grass: „Kann ich Ihnen auch etwas bringen?" – „NEIN. Gehen Sie bitte.", fuhr Gerrit sie an. Er wusste zwar, dass sie nichts dafür konnte, doch vergeudete sie erneut Zeit. Zeit, die er nicht hatte. Zeit, die ALEX nicht hatte. Ungeduldig versuchte den Bauunternehmer unter Druck zu setzen: „Herr Mahrn, Sie machen sich durch Ihr Schweigen nur immer verdächtiger. Wir werden es Ihnen nachweisen, wenn Sie etwas mit der Entführung meiner Kollegin oder gar der Ihrer Tochter zu tun haben. Reden Sie mit mir, dann kann ich vielleicht beim Strafrichter ein gutes Wort für Sie einlegen. Noch ist nichts passiert." Der Bauherr grinste den genervten Kommissar nur frech an und sagte: „Das müssen Sie mir erst einmal beweisen. Und solange Sie keine Beweise vorlegen können, habe ich dringendere Dinge zu erledigen. Auf Wiedersehen." Und ebenso wie gestern sein Kollege wurde Gerrit aus dem Büro komplementiert. Er musste sich beim hinausgehen wirklich zusammen reißen, nicht die Tür zuzuknallen. Als er das Gebäude verlassen hatte, war ihm zum Schreien zu Mute. Keine Chance hatte er gehabt, den Verdächtigen aus seiner Deckung zu locken. Sein Besuch hier war eigentlich nur Zeitverschwendung gewesen und gewarnt hatte er ihren Verdächtigen nun auch. Der würde jetzt bestimmt keinen falschen Schritt mehr machen. Erschöpft lehnte er sich an seinen Wagen. Er war nicht einfach nur körperlich fertig, nein. Vor allem seine Sorge um Alex machte ihm zu schaffen, allein der Gedanke, dass er ihr liebliches Lachen nicht mehr hören würde, sie ihm nicht mehr in die Magengrube puffen würde, wenn er sie wieder zu sehr neckte. All seine Sorgen und Befürchtungen machten ihn nervös und angespannt. Er wollte etwas tun, nur nicht mehr nur Spuren hinterher laufen, die im nichts endeten. Produktiv sein und nicht auf das Unvermeidbare warten. Aus seiner Hosentasche läutete sein Handy und Gerrit wurde aus seinen trübseligen Gedanken gerissen. Michael informierte ihn über einen Einbruch bei der Exfrau des Verdächtigen: „Der stille Alarm wurde ausgelöst, die Kollegen sind schon unterrichtet. Fahr du auch hin aber bitte, Kollege, warte auf die Streife! Nicht, dass dir auch etwas zustößt, klar? Bis dann." Gerrit stellte die „Fackel", wie sein Kollege Michael sie gerne nannte, auf das Dach seines Dienstwagens und raste zu seinem Einsatzort.

Ein paar Kilometer weiter schlich derweil der Dieb durch das Haus. Er war sich sicher, dass niemand im Haus war, doch man konnte nie vorsichtig genug sein. Der Dieb musste grinsen. Es war fast zu einfach gewesen, die Scheibe hinaus zu brechen und kein Geräusch zu verursachen. Seine Suche war nun bald zu Ende. In Kürze hätte er den Schlüssel zum Reichtum in den Händen. Die Frau, die hier wohnte hatte keine Ahnung auf welcher Goldgrube sie in Wirklichkeit saß. Wobei sie auch nicht gesehen hatte, was er entdeckt hatte. Einer der reichsten Unternehmer hatte Mist gebaut. Nachverfolgbaren Mist. Und das würde ihn um ein paar Tausender erleichtern. Nicht, dass er gierig wäre. 50.000€ sind schließlich nur Peanuts für so einen schweren Geschäftsmann. Der Dieb schob den Schrank etwas beiseite um an das Geheimversteck heran zu kommen, für diesen Tipp dankte er seinem Kumpel, der im Suff aus Versehen die Info hat verlauten lassen. Grinsend nahm der Einbrecher das Päckchen raus, blieb dabei aber mit dem Finger an einem Spreißel im Holz stecken und riss sowohl den Handschuh als auch die Haut darunter auf. Er ärgerte sich noch kurz, doch als er Sirenen hörte, rannte er geschwind die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Dort schnappte er sich eine Vase vom Fensterbrett, dann stellte er sich hinter den schweren, dunklen Vorhang, der ihn vor allen Blicken schützte, und wartete.

Gerrit stieg aus dem Auto und ging auf das Haus zu. Sofort registrierte die geschlossene Haustür und zu seinem Leidwesen auch, dass seine Kollegen noch nicht da waren. Er wog ab, ob er alleine hinein gehen oder riskieren sollte, dass der Einbrecher verschwand, während er auf die Kollegen wartete. Kurzerhand beschloss er jegliche Warnungen in den Wind zu schießen und wenigstens den Hintereingang zu sichern. Seine Kollegen würden jeden, der vorne hinauskam dann schon festhalten. Also schlich der Kommissar durch den Garten und sah, dass die Balkontüre offen stand und nur noch eine Scheibe hatte. Die untere war herausgebrochen worden und so hatte der Einbrecher die Türe ohne Probleme aufmachen können. Vorsichtig zog Gerrit seine Pistole aus dem Holster und entsicherte Sie. Er hoffte, nicht schießen zu müssen, aber wer weiß das vorher schon. Leise drückte er die angelehnte Tür auf und blickte sich vorsichtig um. Nichts regte sich, also musste der Einbrecher noch oben oder in einem anderen Zimmer sein. Leise und weiterhin wachsam schlich Gerrit in den Raum hinein. Direkt neben ihm lugte der Dieb aus seinem Versteck hervor. Ein Glück, dass er einen schmalen Körperbau hatte, der Polizist vor ihm hatte nicht gemerkt, dass jemand hinter dem Vorhang stand. Kurz überlegte er sein weiteres Vorgehen, als er erneut Sirenen hörte. Schnell fällte er eine Entscheidung und trat leise aus seinem Versteck hervor, dann hob er die Vase zum Schlag. Gerrit registrierte noch eine Bewegung aus dem Augenwinkel, sah etwas heransausen und versuchte, sich wegzudrehen, daher traf die Vase nicht seinen Hinterkopf sondern die Stirn über dem Auge. Durch den Schlag kurzzeitig betäubt fiel der Kommissar unbeholfen auf die Knie und als er aufstehen und die Waffe wieder heben konnte, sah er gerade noch den Einbrecher über die Hecke verschwinden. Gerrit fluchte. Blut lief aus dem Riss an der Stirn in sein Auge und er sah schlecht. Es klingelte an der Tür – das konnte nur die Streife sein. Der Kommissar eilte in die Küche und organisierte sich ein Blatt Küchenrolle. Dann öffnete er die Haustüre für seine Kollegen. Die standen schon besorgt davor: „Hey Gerrit, was ist los? Alles klar mit dir?", fragte Thomas, der Streifenpolizist. „Ja klar, hab nur Pech gehabt. Er hat mich überrascht und ist hinten durch den Garten abgehauen. Könnt ihr bitte die Spusi rufen, die sollen hier alles auf den Kopf stellen, ich habe Blut gesehen. Sie sollen schnell machen und die Ergebnisse gleich ins K11 schicken. Der Fall hat oberste Priorität, wir müssen meine Kollegin finden. Ich fahre derweil ins Büro zurück. Danke euch.", antwortete Gerrit leicht verstimmt. Er war sauer auf sich selber, dass er den Einbrecher hatte laufen lassen. Schnell eilte er zum Auto, holte sich ein Pflaster und klebte es über den Riss. Mehr schlecht als recht stoppte das die Blutung aber es war ihm egal, denn ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es schon 13:45 Uhr war und die Zeit immer weniger wurde. Also gab er Gas und mit quietschenden Reifen verließ er den Ort seines Versagens.

Angst [K11 - Kommissare im Einsatz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt