Ich nehme mir ein Buch, das sich gut anhört und setze mich mit ein paar Metern Abstand gegenüber zu Ryan. Immer wieder sehe ich von meinem Buch auf, um ihn zu betrachten aber er beachtet mich gar nicht. Er ist so sehr in sein Buch vertieft, dass es so scheint als würde er alles um sich herum ausblenden. Erstaunlich. Als ich mir irgendwann das Cover des Buches ansehen möchte bemerke ich, dass es das selbe ist, welches ich gerade lese. Als ob er genau den selben Büchergeschmack hat wie ich!
Irgendwann gebe ich es auf, ihn ständig anzusehen und widme mich so wie er meinem Buch. Allerdings bin ich mehr als enttäuscht, als ich feststelle, dass der Klappentext um Weiten besser war als das Buch selbst. Also stehe ich irgendwann auf. Erst jetzt bemerke ich dass Ryan bereits gegangen ist. Warum habe ich das nicht gemerkt? Ich gehe direkt auf das Bücherregal zu, als ich plötzlich mit jemandem zusammen stoße. Meine Tasche liegt am Boden und der Inhalt ist im Umkreis von mehreren Metern verstreut. "Tut mir echt leid, ich helfe dir!",es ist Ryan. "Nein danke, ich kann das auch allein!" Er sieht mir verdutzt in die Augen. "Madison... was machst du hier?" Irgendwie verletzt es mich dass er mich eben Madison genannt habe. Er nennt mich nur bei meinem richtigen Namen wenn er wütend oder bedrückt ist. "Entschuldige dass ich Bücher lese!" Warum bin ich so genervt? "Das war doch kein Vorwurf, chill mal bisschen." Er ist eindeutig schlecht drauf. "Was ist los?",frage ich ihn. Verdammt, warum mach das? Jetzt denkt er wieder ich habe Interesse an seinem Leben. Was auch in irgendeiner Art und Weise stimmt aber nicht richtig. "Du erzählst mir auch nichts, also warum sollte ich dir etwas sagen!" WARUM ist er so genervt von mir. "Okay, passt schon." Wir stehen einfach nebeneinander. Aus einem unerklärlichen Grund kann ich jetzt nicht einfach weggehen. Nach einigen Sekunden stürmt er weg. Von der einen auf die andere Sekunde ist er weg. Einfach so. Ohne noch ein Wort zu sagen. Für mich ist es aus welchem Grund auch immer schrecklich ihn so zu sehen. Er ist immer der, der mich aufheitert und eine positive Ausstrahlung hat. Das eben ist eine komplett neue Seite an ihm. Die habe ich davor noch nie gesehen und ich weiß nicht, ob ich das besser finden würde wenn ich ihr nie begegnet wäre. Aber jeder hat mal schlechte Tage. Das ist normal. Es ist menschlich!
Als ich mich endlich wieder halbwegs gefangen habe verlasse auch ich den Thalia. Ich habe das Bedürfnis die Sache von vorhin wieder gut zu machen. Doch wie? Ich habe keine Ahnung wo er hin ist und ich weiß auch nicht wo er wohnt. Also ist diese Überlegung sowieso unnötig. Madison, jetzt reiß dich mal zusammen! Du hast nichts falsches getan und außerdem tut er dir nicht leid, es ist alles normal! Nichts hat sich geändert! Doch leider mache ich mir damit nur selbst etwas vor.
Also gehe ich nach Hause. Allerdings noch immer total träge von dem Vormittag. Es ärgert mich, dass ich so besorgt bin. Aber ich kann nichts machen, und es bringt mir jetzt auch nichts mehr. Andererseits muss ich leider sagen, dass es so weh tut. Es schmerzt in meiner Seele und mein Herz fühlt sich so leer an. Ich kann nicht normal atmen und ich könnte sofort in Tränen ausbrechen. Dieser Drang, meiner Tränenflüssigkeit ihren Lauf zu lassen ist so groß. Doch ich bin noch mitten auf der Straße und ich möchte hier nicht weinen. Ich fühle ja nicht nur so, weil Ryan so kalt zu mir war, sondern eher deswegen weil es mich so belastet. Ich möchte das nicht fühlen! Es soll mich kalt lassen, es soll mir egal sein. Aber warum ist es diesmal nicht so? Was ist anders? Es ist so unerklärlich und keine Worte in irgendeiner Sprache könnten beschreiben wie ich mich im Moment fühle. Nicht einmal annähernd und das ist das Problem. Diese Sprache hat so viel Wörter, von denen wir vielleicht ein Viertel wirklich brauchen, aber Wörter für einen solchen Schmerz wurden noch nicht erfunden? Für etwas, was täglich tausende Male passiert? Das zeigt uns mal wieder, wie toll unsere Gesellschaft doch ist. Ja nicht auf die schlechten Seiten des Lebens eingehen! Das könnte ja zu viele erschrecken. Oder besser gesagt: zu viele könnten sich selbst darin erkennen.
Den ganzen restlichen Tag zuhause verbringe ich mit lernen, es ist zwar nicht so das ich ernsthaft lerne, sonst sähen meine Noten anders aus aber aber ich habe das Buch offen vor mir liegen, wenn ich Glück habe hüpfen ein paar Informationen in mein Hirn während ich am Handy bin.
Als ich mir am Abend dann alles nochmal ansehe, stelle ich fest dass Informationen nicht so gut über weite Distanzen hüpfen können. Wahrscheinlich hätte ich das Buch auf meinen Kopf legen sollen. Natürlich! Ich bin so ein Idiot.
Meine Eltern bestehen darauf, dass ich heute mit ihnen einen Film ansehen soll. "Familienabend" Aber nachdem ich eh nichts besseres zu tun habe, mache ich mit. Aber nur unter der Bedingung dass wir Pizza bestellen und Popcorn machen. Ja, ich habe auch meine Tage an denen ich ziemlich viel in mich hinein stopfen muss. Und da ich keinen Freund habe, muss ich auch nicht auf meine Figur achten. Leider ist der Film mehr als scheiße. Ich schicke Ryan immer wieder Bilder vom Film auf Snapchat. Er öffnet sie. Antwortet aber nichts. Und das geht immer so weiter! Ryan antwortet normalerweise immer auf ALLES. Auch wenn ich ihm nur ein Bild von einem leeren Zettel schicke. Was ist nur los mit ihm? Ich möchte es so unbedingt wissen, doch mein beschissener Stolz steht mir im Weg. Ich bringe es nicht über mich ihn einfach anzurufen oder ihm nur zu schreiben. Und das nervt mich. Ernsthaft. Als ich gegen 0 Uhr schlafen gehe snape ich ihm wieder. Sogar ein Spiegelselfie! Und nichts kommt zurück. Ich möchte den alten Ryan wieder, der eine sexuelle Anmerkung gemacht hätte.
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unexpected Love
RomanceMadison hat eine schlimme Vergangenheit, welche sie geprägt hat. Aus Schutz hat sie sich imaginäre Mauern gebaut, um die Leute auf Abstand zu halten. Doch als Ryan in ihr Leben kommt, kommt alles anders als geplant und ihre hart erkämpften Mauern dr...