chapter 62

473 12 0
                                    



Meinen Eltern mache ich vor, Menstruationsbeschwerden zu haben und komme damit auch sofort davon. Ryan schreibt mir sogar, dass er sowieso keine Lust auf Schule hat und nachher vorbei kommt. Grace informiere ich ebenfalls und erkläre ihr aber, dass ich eine schreckliche Erkältung habe und Ryan sich bei mir angesteckt hat- was äußerst glaubwürdig ist. Ob sie es uns auch wirklich abkauft, weiß ich nicht, aber sie ist trotzdem so freundlich und gibt es den Lehrern bescheid.

Gegen 10 Uhr läutet die Klingel und ich laufe nach unten, um Ryan herein zu lassen. Ich habe mir nicht sonderlich viel Mühe gegeben und habe nur eine Jogginghose und ein Trägershirt an. Meine Haare habe ich auch nicht gewaschen und trage sie daher zu einem hohen Zopf gebunden.
Als ich die Türe öffne, bin ich begeistert, dass Ryan genauso aussieht wie ich. Nur halt nicht weiblich. Und nicht wie ich. Aber er hat ebenfalls eine Jogginghose an und hat sich nicht die Mühe gemacht, seine Haare zu stylen, was ehrlich gesagt total niedlich aussieht. "Guten morgen!", begrüßt er mich grinsend und küsst mich, was sich irgendwie komisch anfühlt. Als hätten wir schon ein Leben zusammen aufgebaut und er gerade nach Hause kommt. Zu uns nach Hause. Verrückt. "Morgen!", sage ich dann auch und schließe die Tür hinter ihm. "Willst du einen Kaffee?", frage ich und gehe automatisch in die Küche. "Ich habe für alles gesorgt!", erwidert er und hält eine Papiertüte hoch. "Das hättest du nicht machen müssen..", versuche ich höflich zu sein, obwohl ich mich darüber total freue. "Meine Mutter meint immer, dass man es sich richtig gut gehen lassen soll wenn man krank ist. Also so weit es geht. Und nachdem wir ja krank sind, habe ich uns Kaffee und Bagels geholt", erklärt er und räumt währenddessen die Tüte aus. "Deine Mutter ist eine weise Frau!" Ich hole zwei kleine Teller und befreie die Bagels aus ihrem Papier. Anschließend setzen wir uns an den Tisch und beginnen zu essen. Wie in einem normalen Haushalt. Warum denke ich nur so etwas? "Du musst sie unbedingt mal kennenlernen! Sie fragt mich jeden Tag, wann sie dich endlich mal sehen kann. Und meine Schwester fragt auch dauernd nach dir, es ist fast schon nervig so oft deinen Namen zu hören!", beklagt er sich und schmunzelt dabei widersprüchlich. "Ich kann nicht einfach so deine Familie kennenlernen. Ich bin nicht so locker wie du!" Das Problem ist, dass ich wirklich ein wenig Angst davor habe. Ich habe Angst etwas falsch zu machen, oder dass sie mich nicht mögen und ich sie enttäusche. "Du brauchst nicht nervös sein. Sie sind ein bisschen so wie ich. Aber nun mal nicht ganz so toll, aber das ist auch schwer!", gibt er eingebildet von sich, legt seinen Arm an den Hinterkopf und hebt das Kinn empor, als würde jemand ein Gemälde von ihm malen. "Du bist total bescheuert!", sage ich daraufhin und schüttle lachend den Kopf. "Aber ernsthaft, warum kommst du nicht morgen vorbei? Ganz unkompliziert, nur damit ich dich vorstellen kann? Wenn du willst können wir auch nach einer halben Stunde fahren und sagen, dass wir für uns einen Tisch reserviert haben und los müssen..", fragt er mich und sieht mich erwartungsvoll an. Wie könnte ich denn jetzt nein sagen?

"Weißt du was, du bist echt gemein!", protestiere ich und halte mir die Hände vors Gesicht. "Warum? Gemein wäre ich nur, wenn ich dich zwingen würde!", bleibt er total ruhig, was mich noch frustrierter macht. Er möchte unbedingt, dass ich seine Eltern kennenlerne und es macht mich total verrückt zu wissen, wie glücklich ihn das machen würde. Aber ich habe das Gefühl, dass ich noch nicht bereit dafür bin. Nein sagen kann ich allerdings trotzdem nicht. Ich könnte seinen Gesichtsausdruck wahrscheinlich nicht ertragen. "Na gut", stimme ich ganz leise zu. "Wie bitte?", fragt er nach und ich spüre, dass er sich näher zu mir beugt. "Ich komme morgen!", sage ich etwas lauter und öffne leicht meine Finger, um sein Gesicht sehen zu können. Dieses Lächeln ist unbezahlbar. Dafür würde ich sogar vor der ganzen Schule tanzen. "Ich liebe dich so sehr!", sagt er und schließt mich in eine innige Umarmung ein. "Danke. Das bedeutet mir echt viel!", fügt er anschließend noch leise hinzu und löst sich dann kurz darauf von mir. "Du bist süß wenn du dich freust!", stelle ich fest und muss ihn angrinsen, weil er gar nicht mehr aufhören kann zu lächeln. "Ich bitte dich Sunny, ich bin immer super süß!", wehrt er sich viel zu stolz und schon ist der alte Ryan mit seinem Ego zurück. So sehr habe ich ihn jetzt auch nicht vermisst.

Später schauen wir uns noch einen Film an, dem ich aber nicht viel Aufmerksamkeit schenke. Denn Ryan hat meinen Vorschlag, High School Musical 2 zu schauen abgelehnt, und seitdem bin ich sauer auf ihn. In einer Beziehung muss man nunmal Kompromisse eingehen und in der Kategorie Film muss er eigentlich nachgeben! Trotzdem hat er gegen das Gesetz verstoßen und hat einfach einen anderen Film eingelegt. Deswegen schaue ich ihn die ganze Zeit absichtlich böse an, mit der Hoffnung, dass er nachgibt und sich doch meinem Vorschlag anschließt. Doch irgendwie scheint er es nicht ganz zu bemerken, also höre ich nach einer Weile auf und schaue, noch immer mit meinem bösen Blick, diesen blöden Film an. Selbst Ryan scheint nicht sehr begeistert zu sein, denn als ich irgendwann zu ihm schaue, ist er eingeschlafen. Daraufhin drehe ich den Fernseher ab und decke ihn zu. Ich weiß, dass er irgendwann aufwachen wird, und dann nach Hause geht, aber ich möchte ihn jetzt nicht aufwecken. Ich habe das Gefühl, dass er nicht oft einen erholsamen Schlaf bekommt, also setze ich mich einfach neben ihn. Kurz darauf bewegt er sich im Schlaf so, sodass sein Kopf auf meinem Schoß liegt. Aus Reflex beginne ich mit seinen Haaren zu spielen und mustere sein schlafendes Gesicht, das im Schlaf um einiges entspannter wirkt, als wenn er wach ist. Nach einigen Stunden voller Starren und Haarmassage wacht er auf und besteht darauf, nach Hause zu fahren, obwohl er total schläfrig ist und sich nicht zu 100% konzentrieren kann. Aber ich kenne ihn, er ist gerade sensibel und wenn ich ihm jetzt erklären würde, dass er jetzt nicht Auto fahren kann, dann würde er sich total aufregen und noch dazu wütend nach Hause fahren.

unexpected LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt