chapter 33

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Die nächsten Tage verlaufen relativ in Ordnung. Was vor Allem daran liegt, dass Ryan sich nicht mehr blicken lässt. Gar nicht. Er kommt einfach nicht in die Schule. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde dass es mir egal wäre beziehungsweise besser gesagt, dass er mir egal ist. Denn so ist es nicht. Jeden verdammten Tag zerbreche ich mir den Kopf darüber, was er wohl macht und warum er nicht in die Schule kommt. Ich gebe tatsächlich mir die Schuld an dem Ganzen, obwohl er das Problem der ganzen Sache ist. Jeden verdammten Tag breche ich in Tränen aus, obwohl ich jedes Mal denke, dass ich nicht mehr Flüssigkeit verlieren kann. Anscheinend schon. Die ganze Woche über esse ich so gut wie nichts, bin launischer als jemand in seiner Erdbeerwoche und schlafe so wenig, dass ich mich frage ob ich nicht doch vielleicht ein Zombie bin.

Am Freitag Abend halte ich das nicht mehr aus. Die Ungewissheit macht mich fertig und ich habe keine Lust mehr diese Schmerzen zu fühlen. Ich möchte nichts mehr fühlen. Also schreibe ich Grace und frage sie wer heute eine Party schmeißt. Ich brauche dringend Ablenkung.

Um 22 Uhr bin ich bei ihr, damit wir uns fertig machen können. Meinen Eltern erkläre ich, dass wir einen gemütlichen Mädelsabend mit Masken und Maniküre machen. Sie brauchen sich nicht noch mehr um mich sorgen, als sie's sowieso schon tun. Grace schminkt mich so, dass ich nicht ganz so ekelhaft aussehe und ich suche ihr dafür das Outfit aus. Erstaunlicherweise sehen wir beide im Endeffekt gut aus und unter normalen Umständen würde ich ständig an meinem viel zu kurzen Kleid ziehen, doch heute war es mir irgendwie egal. Alles war mir recht, so lange sich Ryan endlich aus meinem Kopf verpisst und sich einen anderen sucht.

Als wir kurz nach 23 Uhr an dem Ort, wo die Party stattfindet ankommen, ist diese schon im vollen Gange. Grace und ich mischen uns unter die Menschen und die Luft ist total stickig. Schwitzende Körper reiben aneinander und es fällt mir schwer mich irgendwie zu integrieren. "Möchtest du vielleicht etwas trinken?", fragt mich eine unbekannte Stimme von hinten und ich drehe mich um. Es ist ein junger Mann, vielleicht 20 und nachdem er mit seinem Schmunzeln auf den Lippen mehr als nur sympathisch wirkt, willige ich ein. Es ist mir sogar egal was, Hauptsache etwas alkoholisches, das meinen Verstand endlich abschaltet.

"Hier!", er reicht mir ein Glas mit einer Flüssigkeit, die ich nicht ganz zuordnen kann. Nachdem ich gekostet habe, stelle ich fest, dass es ein Alkohol-Fruchtsaft Gemisch ist und es eindeutig nicht so schmeckt, wie ich es mir erhofft habe. Mit dem Fremden Typen ins Gespräch komme und noch weitere Gläser von dem Zeug trinke, ist es gar nicht mehr so schlecht. Grace habe ich sowieso aus den Augen verloren. "Möchtest du vielleicht tanzen?", fragt er. Der tut ja so, als wären wir auf einem Schulball oder so also nehme ich einfach seine Hand und ziehe ihn auf die Tanzfläche.


Dort quetschen wir uns zwischen gefühlt tausend anderen Menschen. Ich spüre die Wirkung des Alkohols und tanze ohne jegliche Bedenken. Bei normalen Verstand hätte ich das wahrscheinlich nie gemacht. Seine Hände wandern über meinen Körper und mir wird immer heißer. Zwischendurch lege ich auch Trinkpausen ein und kehre anschließend wieder auf die Tanzfläche zurück. Die Musik dröhnt in meinem Kopf und mein Herzschlag passt sich den Klängen des Basses an. Irgendwann merke ich dass ich mehr mit einem Mädchen tanze als mit dem Mann von vorhin, aber das stört mich nicht. Als sich mein Verstand irgendwann abschaltet steigen das Mädchen und ich auf einen Tisch und tanzen dort weiter. Die Jungs pfeifen und grölen vor sich hin, was das Mädchen neben mir dazu anspornt, ihr Oberteil auszuziehen. So betrunken bin ich allerdings nicht. Ich kann noch von richtig und falsch unterscheiden und das ist definitiv falsch.

Gegen 4 Uhr haben die Meisten Leute die Party verlassen. Grace wollte mich schon vor zwei Stunden dazu überreden, Heim zu fahren, allerdings blieb ich stur und so fuhr nur sie zurück. "Möchtest du hier schlafen Süße?", raunt mir jemand ins Ohr und ich merke, dass der Alkohol nachlässt. "Ich denke ich gehe lieber!", versuche ich so deutlich es geht zu sprechen. "Sicher? Ich könnte dich morgen nach Hause fahren." "Nein danke!" "Ach komm schon, sei nicht so prüde und schlaf' bei mir, ist doch nichts dabei." Der Typ ist mir eindeutig zu aufdringlich. "Ich sagte nein!", zische ich ihn an und schiebe seine Hand von meiner Taille. "Du kannst nicht von mir erwarten, dass du so tanzst und ich dich dann einfach gehen lasse. Es ist ja nur eine Nacht, das muss ja niemand erfahren." Er fasst mir mit seinen Händen an den Hintern und das ist der Punkt wo meine Alarmglocken einschalten. Ich muss aber strategisch handeln. "Ich hole nur noch schnell meine Tasche." Dabei versuche ich meiner Stimme einen sexy Unterton zu verschaffen. Er grinst mich dreckig an und ich spüre wie meine Getränke wieder hochkommen wollen.

Zu meinem Glück ist die Garderobe gleich neben der Eingangstüre. Vorsichtig öffne ich sie und husche nach draußen in die Kälte, ich glaube ich erfriere jeden Moment. Als ich schließlich draußen bin gehe ich ein Stück vom Haus weg und realisiere dann, dass ich gar nicht weiß wie ich nach Hause kommen soll. Grace kann ich nicht anrufen, weil sie schon schläft und sicher nicht wieder herkommt wenn sie mir 10 Mal gesagt hat, ich solle mit ihr mitfahren. Da haben wir jetzt also den Salat.

Mir springt plötzlich Ryan in den Kopf, doch die Idee verwerfe ich sofort wieder. Ich werde ihn jetzt ganz sicher nicht anrufen und ihn anflehen mich abzuholen. Und in dem Moment taucht ein Gesicht vor meinem inneren Auge auf. Der unbekannte Kellner, der mir seine Nummer gegeben hat. Ich werde ihm dafür einfach 50'danke'sagen. Ich möchte einfach nur irgendwie heim kommen. Also wähle ich seine Nummer und drücke gespannt auf den grünen Hörer. Er muss einfach abheben, denn Geld für ein Taxi habe ich nicht und auf der Straße zu schlafen zählt nicht gerade zu den Sachen die ich immer schon mal machen wollte.

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