12. Kapitel

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Keep going. Just because it's stormy now doesn't mean it will be rainy forever. 

12. Kapitel

"Harry?" Sein Blick wandert zu mir, ein einziges Fragezeichen steht in seinem Gesicht geschrieben. "Setz dich bitte." Ich will nicht, dass er mitten im Gespräch einfach abhaut, außerdem möchte ich mit ihm auf Augenhöhe sein. Ohne irgendwas zu hinterfragen, setzt er sich neben mich. "Also", fange ich an, doch werde schnell von ihm unterbrochen. 

"Du willst über die Sache von gestern reden", stellt er fest und ich schließe meine Lippen. Also hat er sich auch Gedanken darüber gemacht. "Also wegen gestern", wieder unterbricht er mir. "Es ist ok, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist." Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll. "Es tut mir leid und es tut mir leid, dass ich mich seitdem so komisch benommen habe", erzählt er weiter und ich bin erstaunt darüber wie geschmeidig das Gespräch weitergeht. 

"Ich habe dir damit unrecht getan, ich denke, dass wir beide in dem Moment emotional etwas aufgewühlt haben. Können wir so tun, als ob nichts von alldem passiert ist?" Währenddessen gestikuliert er wild mit seinen Händen herum, um seine Worte deutlicher zu unterstreichen. Ich nicke langsam - ja, ich denke, dass es so am besten ist. "Ja, ich denke auch!", stimme ich ihm zu und erhebe mich. Ich muss die Tiere füttern gehen.

Die nächsten Tage verfliegen - ich freunde mich langsam, aber immerhin mit den Hühnern an - wenn ich sie füttere, warten sie geduldig, bis ich ihnen das Essen hingestellt habe, das Heben der Heugabel fällt mir mit jedem Tag leichter und auch das frühe Aufstehen pendelt sich in meinen Tagesablauf ein. Harry ist nicht mehr so kalt zu mir, aber auch nicht mehr so warm, wie er es ganz am Anfang war. Es ist wie diese Beziehung in Schulen, wo man der Person, mit der man einmal gut war, heute nur noch mehr ein Hallo übrig hat.

Er gibt mir auch Nachhilfe in Mathe, doch er verhält sich wirklich professionell - als ob er mein Lehrer wär und nicht ein Kumpel. 

Wieder einmal gehe ich zur Scheune hinüber, um die Tiere zu füttern, doch mich verfolgt die ganze Zeit ein komisches Gefühl. Der Himmel ist grau, ich hoffe bloß nicht, dass es zum Gewittern anfängt. Dieser Gedanke treibt mich dazu an, die Tiere schneller zu füttern. Ich schmeiße ihnen das Essen noch rascher hin als sonst. Plötzlich höre ich ein lautes Gröllen, sodass mir die Heugabel aus der Hand gleitet - auf den Boden. Ich hasse Gewitter. Verdammt, ich sollte jetzt lieber ins Haus, es ist nicht gut, wenn ich in der Scheune bei einem Gewitter alleine ausharren muss.

Ich räume die Gabel weg und will gerade aus der Scheune heraustreten, als ich gegen  Harry knalle. "Ich sollte dich reinholen, es zieht bald ein Gewitter auf!" Seine Stimme ist ruhig und leise. Ich nicke und will gerade das Tor aufmachen, als es wieder laut kracht und ich schreiend zusammenzucke. Ein lautes Aufprallen ist zu hören - ich weiß nicht, was um mich herum geschieht. "Verdammt, was war das?" Harry geht auf das Tor zu, versucht es zu öffnen, doch passiert nichts.

"Wieso geht das Tor nicht auf?" Er drückt sein ganzes Körpergewicht dagegen, doch das robuste Teil bewegt sich keinen Zentimeter. "Das darf doch nicht wahr sein", stöhnt er und klettert auf einen Traktoranhänger, um durch ein kleines Fenster durchzulinsen. 

"Verdammt, ein Baum ist umgestürzt und blockiert das Tor." Er springt wieder hinunter, wo ich ihn mit einem geschockten Gesicht erwarte. "Wie ein Baum blockiert das Tor?"

"Wahrscheinlich hat ein Blitz den Baum getroffen und er ist umgefallen - zu unserem Pech direkt vors Tor. Oder Glück, immerhin hätte der Baum auf die Scheune fallen können." Er verschränkt seine Arme vor der Brust. 

"Und was machen wir jetzt?", frage ich angespannt und voller Panik. Ich gehe hin und her - bin kaum zu bremsen. "Ich fürchte, wir müssen warten bis Mum oder Robin wieder zurück sind und uns hier rausholen." Beide sind auf der Arbeit - beide haben gemeint, dass sie heute später kommen würden - sollen wir so lange warten?

Life |H.S|Where stories live. Discover now