8. Kapitel

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Did I do something wrong to deserve this?

8. Kapitel

Der nächste Tag beginnt genau so wie der gestrige. Bis auf die Tatsache, dass Harry mich diesmal im Stich gelassen hat und ich diesmal auch die Hühner füttern musste - was so ziemlich eines der traumatischsten Dinge ist, die ich je erlebt habe. Harry lieben sie, mich hassen sie. Ich weiß nicht, wie man sich Hühner zu Feinden machen kann, jedoch habe ich eine besondere Gabe, das Unmögliche möglich zu machen. 

Auch wenn das Unmögliche noch so skurril ist. 

Ich weiß nicht, wieso ich mir das ganze eigentlich gebe. Ich könnte mich theoretisch einfach in den nächsten Flieger zurück nach London setzen, doch dann stehe ich wieder als totale Enttäuschung da. Ich werde meinen Eltern zeigen, dass ich zu etwas fähig bin. Und noch eine positive Sache von all dem? Ich muss mir die Leute in meiner Heimatstadt nicht geben. 

Ich werde es allen zeigen. 

Nachdem die Tiere versorgt wurden, spaziere ich wieder zurück ins Haus. Diesmal bin ich nicht müde - nein ich bin noch hellwach, sodass ich beinahe behaupten könnte, einen Marathon laufen zu können. Ich gehe mich duschen, ich rieche ziemlich stark nach Tierkot.

Harry ist auf der Arbeit. Ich habe letzten Abend erfahren, dass er als Krankenpfleger in einem Pflegeheim arbeitet, weswegen er in Schichten arbeitet. Nun stellt sich die Frage, was ich jetzt machen soll? Ich bin heute alleine in dem Haus. Alle sind arbeiten. Aus diesem Grund beschließe ich, mal wieder joggen zu gehen. Das Haus steht nur wenige Meter weiter entfernt von einer Klippe, wo man einen atemberaubenden Blick auf das Meer hat. Ich denke, dass man in so einer Kulisse motiviert durch die Gegend laufen kann. 

Ich atme die irische Luft tief ein. Frei von dem Geruch vom Stoßverkehr - einfach nur Luft mit dem Duft des Meeres gemischt. Ich beginne, meine Beine zu dehnen und springe auf der Stelle auf und ab. Es ist komplett ruhig hier. Keine Menschenseele, keine hupenden Autos -  nur das Rauschen des Meeres. Meine Musik habe ich diesmal nicht mit dabei. Es ist auch nicht nötig, die Geräusche, die entstehen, wenn die Wellen gegen riesige Wellen klatschen, sind tausendmal schöner als die harten Schlagzeugklänge, die ich mir sonst immer reinziehe. 

Erinnerungen an den Urlauben am Strand kommen in mir hoch und die Tatsache, dass ich mal wieder einen Strand zu Gesicht bekomme, zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Die blaue Farbe des Meeres hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Ich schlendere noch weiter hinaus, doch ich kehre schnell um, denn je weiter ich gehe, desto abgeschiedener wird die Ortschaft und das einzige, was mir gerade noch fehlt, ist, dass ich mich verlaufe. 

Im langsamen Tempo laufe ich zur gewohnten Landschaft zurück und ich kann von der Weite schon das Auto sehen, womit Harry zu seiner Schicht gefahren ist. Gerade steigt er aus und winkt mir zu, als er mich bemerkt. "Heute nicht eingeschlafen?", fragt er belustigt, als ich keuchend vor ihm stehen bleibe und all meine Kraft zusammenkratze, um ihm eine Antwort geben zu können. 

"Nein, ich war heute sehr produktiv!" Ich atme tief ein und aus. Ich bin die letzten Meter richtig gesprintet. "Hast du dich diesmal besser mit den Hühnern verstanden?" Er joggt um den Wagen und sperrt den Kofferraum auf, um eine kleine Tasche herauszuziehen. "Nein, habe ich nicht und ich würde dich diesbezüglich darum bitten, dass du dich um sie kümmerst. Ich werde nicht warm mit ihnen!" 

Er lacht herzhaft, als diese Worte meine Lippen verlassen. Tiefe Grübchen zeichnen sich in seine Wangen ab, was ich eigentlich ziemlich schnucklig finde. "Ich bitte dich, sie sind doch ganz zahm, du musst anders an die Sache herangehen." Er geht an mir vorbei ins Haus und ich folge ihm mit großen Schritten. Wenn man  so lange Beine wie er hat, ist es klar, dass er doppelt so schnell unterwegs ist wie ich. 

Life |H.S|Where stories live. Discover now