Sobald ich einen Fuß in das Gebäude setzte, war mir klar, dass die Unruhe, die ich seit dem Flug verspürte nicht vom fliegen kam. Die Unruhe wurde um ein tausendfaches stärker und in mir breitete sich ein Kribbeln aus. Meine Nase erfasste einen wunderbaren Duft. Es kostete mich meine gesamte Selbstbeherrschung nicht die Treppen hoch zustürmen. Während Manuel fast schon im gemütlichen Tempo nach oben stapfte, griff Zarek nach meinem Handgelenk. Er kannte mich so gut, dass er die Veränderung in mir bemerkt hatte. Fragend sah er mich an. Ich schüttelte den Kopf, nicht bereit zu verraten, dass ich gleich auf meinem Gefährten treffen würde. Ich wollte den Moment für mich haben. Wollte ich überhaupt meinen Gefährten treffen? Früher auf jeden Fall, ja. Es war der Traum eines jeden Lykae. Manche warteten ihr gesamtes Leben und fanden ihn dennoch nicht. Ein Gefährte war etwas besonderes. Aber heute? Ich hatte mir schon lange keine Gedanken mehr darüber gemacht und seit Logan Sarah getroffen hatte, war ich mir nicht mehr so sicher ob ich das wollte. Würde es mir auch so ergehen? Ich unterdrückte ein Schnauben. Am liebsten würde ich Manuel in den Arsch treten damit er schneller lief. Ich war doch jetzt schon davon besessen meinen Gefährten zu begegnen. Es war wie ein Zwang. Als Manuel stehen blieb, wäre ich fast in ihn hinein gerannt. "Was?" Rutschte es mir patzig heraus. Aber Zarek und Manuel reagierten gar nicht auf meinen Tonfall, sie waren viel zu sehr abgelenkt.
"Vampir." Antwortet Manuel auf meine Frage. Diese Aussage lenkte meine Gedanken tatsächlich für ein paar Sekunden von der Tatsache ab, dass sich mein Gefährte in unmittelbarer Reichweite befand. Es war nicht so das wir Lykae uns im Krieg mit den Blutsaugern befanden, aber wir waren weit davon entfernt Freunde zu sein. Mein Vater und Kleopatra, die Königin der Vampire, hatten sich nach Jahrhunderte währenden Krieg auf einige gemeinsame Regeln geeinigt. Diese gelten bis heute noch. Sobald ein Vampir auf einen Lykae traf, versuchten sie so schnell wie möglich getrennte Wege zu gehen um Streitereien zu vermeiden. Sollte ein Vampir gegen die Regeln verstoßen und ein Lykae es bemerken, so musste er erst den Vampiren Bescheid geben. Erst wenn diese sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist um das Problem gekümmert hatten, durften die Lykae handeln. Andersrum genauso. Das sollte den Frieden zwischen uns wahren. Bis jetzt klappte es ganz gut. Es gab nur selten ein paar kleinere Differenzen. Trotzdem konnten wir uns gegenseitig kaum riechen. Den Lykae war das Blut trinken zu wieder und die Vampire hassten uns wegen unseres wilden Benehmens.
"Vampir?!" Hakte ich ungläubig nach. Was hatte ein Vampir in der Nacht, in einem Bürokomplex zu suchen. Normalerweise trieben sie sich jetzt auf den Straßen rum, in den Clubs oder wo auch immer. Vampire liebten das exklusive, extravagante Leben. Ich nahm einen tiefen Atemzug. Ich roch Menschen, zwei oder drei Hunde, Essen, Chemikalien, das üblich in so einem Haus. Und natürlich meinen Gefährten. "Ich rieche nichts." Stellte ich irritiert fest.
Zarek zog die Brauen zusammen. "Wirst du krank?" Fragte er besorgt. Ich warf ihm einen grimmigen Blick zu. Lykae wurden so gut wie nie krank und wenn dann war es lebensgefährlich. "Red keinen Schwachsinn."
Noch einmal konzentrierte ich mich auf die Gerüche. Dieses Mal suchte ich gezielt nach den Geruch und fand ihn. Ungläubig schnappte ich nach Luft. Das konnte nicht sein! Das war unmöglich!
"Lasst uns hochgehen." Forderte ich und bemühte mich mir die Betroffenheit nicht anmerken zu lassen.
"Hast du ihn gerochen?" Fragte Manuel und lief wachsam voraus. Dieses Mal störte es mich nicht, dass er sich nicht beeilte. Ich wusste gar nicht, ob ich den Raum betreten wollte. Ob ich meinen Gefährten treffen und den schrecklichen Verdacht bestätigt haben wollte.
"Ja." Antwortete ich schlicht. Ich hatte ihn schon viel ehr gerochen und die Tatsache, dass er ein Vampir war, verdrängt. Auch wenn ich es wusste so betete ich immer noch, dass mich meine Sinne täuschten.
Manuel und Zarek gingen voraus. Der Geruch meines Gefährten sowie der des Vampirs wurden stärker nahezu überwältigend. Wir kamen in einen kleinen Vorraum. Ein edler Schreibtisch, der jedoch unbesetzt war, fiel sofort ins Bild. Einige Stühle und ein kleiner Beistelltisch standen links davon, gemeinsam mit einigen Pflanzen vermittelte es eine angenehme, aber auch professionelle Atmosphäre. Eine Tür rechts hinter dem Schreibtisch stand leicht offen und ich hörte die kräftigen Stimmen von zwei Männern, deren Stimmen sich unheimlich ähnelten. Dennoch konnte ich eine davon meinem Gefährten zu ordnen."Ich gehe jetzt, Tony." hörte ich seine Stimme. "Deine Klienten sind da." fügte er an. Natürlich hatte er uns gehört. Grimmig presste ich die Lippen aufeinander.
"Meld dich morgen noch einmal." erwiderte scheinbar der Anwalt.
"Mache ich." dann ging dir Tür ganz auf. Zarek und Manuel spannten sich an und schirmten mich mit ihren Körpern ab. Leicht verlagerte ich mein Gewicht um zwischen den Schultern der beiden hindurch einen Blick auf meinen Gefährten zu erhaschen. Er war groß wie ich erfreut feststellte. Sicherlich größer als ich, was nicht sehr oft vorkam. Er trug eine verwaschene Jeans und ein schwarzes Shirt. Sein Oberkörper war durchtrainiert. Die Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem schwarzen Stoff ab, an den Oberarmen konnte ich ihr Spiel bei jeder Bewegung bewundern. Eine lange Narbe zog sich über seinen linken Oberarm. Seine Haut hat einen starken sonnengebräunten Schimmer. Das Kinn war breit und kantig, die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst, die Nase war sicherlich mehr als nur einmal gebrochen gewesen. Als meine Augen dann in das blau seiner Augen versanken, schien die Welt stehen zu bleiben. Sein Augen wirkten für einen Moment kalt und leblos, ehe ein wahrer Hurrikan durch zu fegen schien. Wie ein Strudel zogen die Gefühle mich hinab. Eine seltsame Verbundenheit zu ihm machte sich in meinem Herzen breit. Er war wirklich der Vampir. Mein Gefährte war ein Vampir. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr: Er war mein Gefährte. Als Mensch musste er viel trainiert haben und in der Sonne gewesen sein. Um sich als Vampir zu verändern dauerte es Jahrzehnte. Ebenso musste auch die Narbe aus seinem menschlichen Leben stammen. Als Vampir heilte nahezu jede Wunde vollkommen aus. Nur selten blieben Narben zurück. Er war nicht im klassischen Sinne attraktiv, dafür wirkte er zu Rau und furchteinflössend. Ich fand ihn unglaublich. Perfekt. Als ich einen Schritt nach vorn machte um zu ihm zu kommen, machte Zarek einen kleinen Schritt weiter nach links und unterbrach somit den Blickkontakt. Wütend wollte ich ihn anknurren. Er versperrte mir den Weg zu meinem Gefährten, doch dann besann ich mich eines Besseren. Er war ein Vampir, ich war eine Lykae. Es war verboten. Ich wusste auch gar nicht wie die beiden, Zarek und Manuel, reagieren würden. So etwas hatte es noch nie gegeben. So etwas war ein Ding der Unmöglichkeit.
Einen Moment noch blieb der Vampir stehen. Ich wusste instinktiv, dass er in meine Richtung starrte. Zarek und Manuel knurrten warnend. Der Vampir ging zur Tür, lief an uns vorbei. Zarek und Manuel bewegten sich, positionierten sich so das sie jederzeit zwischen mir und ihm standen. Trotzdem erhaschte ich noch einen kurzen Blick in seine blauen Augen, die mich intensiv anstarrten und bemerkte die kurzen blonden wüssten Locken als er durch die Tür verschwand. Alles in mir sträubte sich einfach hier zu bleiben, währen er nun wieder aus meinem Leben ging. Doch ich konnte es nicht riskieren, dass Zarek und Manuel mich in den nächsten Flieger zurück nach Australien verfrachten würden. Mittlerweile was ich mir sicher, dass sie genau das tun würden, wenn sie davon erfahren sollten. Ich hatte meine Sinne um ihn zu finden und ich könnte auch den Anwalt nach mehr Informationen fragen. Ich würde ihn wieder sehen. Sobald Zarek und Manuel abgelenkt waren, würde ich die Gelegenheit nutzen. Ich lächelte grimmig.
Als würde ich, Corinne Elizabeth McNaught, Prinzessin der Lykae, mich von irgendetwas abhalten lassen. Erst recht nicht von meinem Gefährten. Selbst wenn er ein vermaledeiter Vampir war und ich nicht wusste wie das mit uns funktionieren sollte. Ich bekam immer was ich wollte. Dieses Mal wollte ich ihn. Meinen Gefährten. Meinen Mann.
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#Euer erster Eindruck von Cori's Gefährten?Please vote and comment.
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[03] Wildes Blut
Werewolf-Unabhängig voneinander lesbar!- Als Cori nach Washington D.C. fliegt, will sie eigentlich nur ihrem Bruder helfen, seine Gefährtin zurück zu gewinnen. Dass sie dabei ihren eigenen Gefährten trifft, war nicht geplant. Als wäre es nicht schon schlimm...