TEN

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Eigentlich wollte ich erst morgen updaten, aber ich bin ein hoffnungslos ungeduldiger Mensch und schon total auf eure Kommentare gespannt. :) Viel Spaß beim Lesen!

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Ich stürmte zur Bar und riss dem erst besten Typen sein Glas aus der Hand. Sein protestierendes „Hey...!" verstummte als er mir in die Augen sah. Er drehte sich schnell um und bestellte sich einen neuen Drink. Ich kippte den billigen Fussel hinunter und verzog das Gesicht. Ich wusste nicht einmal, dass sie so schlechten Alkohol hier ausschenkten. Grausam. Achtlos ließ ich das Glas auf der Theke stehen und wandte mich suchend um. Ich musste mich ablenken bevor ich noch eine Dummheit baute. Wie ein Leuchtfeuer sah ich ihre schöne Mähne quer über die Tanzfläche. Sie stand noch genau an der gleichen Stelle, an der ich sie zurückgelassen hatte und blickte zu mir rüber. Trotz der Nebelschwaden meinte ich Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen, doch ich war mir nicht sicher. Sicher war es nur eine Einbildung, redete ich mir ein.

Ich wollte zu ihr zurück, aber ich durfte nicht. Ruckartig wandte ich mich ab. Die Frau hatte mich verflucht, so unbeherrscht war ich doch sonst nicht. Mein Blick glitt über die Tanzenden. Wie jeden Abend waren mehr als genug schöne Frauen dabei. Doch ich hatte mich schon die letzten Nächte schwer getan eine von ihnen auszuwählen, da meine Gedanken immer wieder zu dem rothaarigen Engel gewandert waren. Heute schien es durch ihre bloße Anwesenheit und diesem einem unglaublichen Kuss unmöglich. Allein der Gedanke, jetzt, mit einer anderen raus zugehen, ihr Blut zu trinken und vielleicht sogar mehr zu tun, kam mir vor wie Betrug. Trotzdem war es genau das, was ich jetzt brauchte. Ich brauchte Blut damit ich nicht ihres nehmen würde und ich brauchte Sex damit ich sie vergessen konnte. Fast hätte ich geschnaubt. Die letzen Male hatte es ja auch so gut geholfen, dachte ich sarkastisch. Meine Gedanken waren trotz allem bei ihr gewesen. Hinterher hatte ich mich dreckig gefühlt, als hätte ich sie betrogen. Gottverdammt. Die Frau raubte mir wirklich das letzte bisschen Verstand.

„Hey!" sprach mich eine klare forsche Stimme an, die nicht annähernd betrunken klang. Ich sah auf und sah einen Zwerg. Nein, aber mal ernsthaft. Die Frau vor mir war vielleicht gerade mal eins fünfzig groß. Aber es war eindeutig eine Frau wie ihre Kurven in den kurzen Minirock und dem einfachen Spitzentop verrieten. Ihre Haut hatte einen milchkaffeebraunen Ton, die Augen waren schokoladenbraun und mandelförmig, das Haar ebenfalls braun und schulterlang. Sie war das komplette Gegenteil von Corinne. Wahrscheinlich hätten andere Männer sie als exotische Schönheit bezeichnet, doch im Vergleich zu Corinne schien sie mir fast farblos. „Du siehst aus als könntest du Ablenkung brauchen!" Aber sie schien mir genau das zu bieten, was ich jetzt unbedingt brauchte.

„Und du denkst, du kannst mir diese Ablenkung bieten?" ging ich auf ihre Aussage ein.
„Ich bin mir sogar ziemlich sicher." Verriet sie mit einem Lächeln, welches ihre Augen nicht erreichte. Sie suchte genauso wie ich Ablenkung, begriff ich. Auch wenn ich es eigentlich nicht wollte, folgte ich ihr. Ich tat es für sie und es zerriss mich innerlich.

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Was für ein gottverdammter Idiot! Dachte ich wütend als ich schon wieder seine Rückansicht hinterher blickte, weil er mich erneut zurückgewiesen hatte. Dieses Mal verstand ich sogar warum. Es war nicht so, dass der Vampir mich nicht wollte. Ganz und gar nicht. Ich hatte es in seinen Augen gesehen, in seinen Worten gehört, in seinen Berührungen gespürt und in seinem Kuss geschmeckt. Er wollte mich genauso sehr wie ich ihn. Aber anscheinend hatte ich den einzigen selbstlosen Vampir erwischt, den es gab. Er wollte mich vor sich selbst beschützen, weil er Angst hatte mich zu verletzten. Arghh!! Als ob ich Schutz bräuchte. Ich schnaubte aufgebracht und fuhr mir durch die Haare. Warum zum Teufel, dachte jedes männliche Wesen, dass es mich vor irgendetwas beschützen musste? Ich war ja nun wahrlich kein kleines zerbrechliches Püppchen. Ich war eine ausgewachsene, fast vierhundert Jahre alte Lykae und wurde trotzdem noch von jedem Mann ‚zu meinem Schutz' bevormundet. Und dass, obwohl ich sogar die Prinzessin der Lykae war. Das zählte in diesen Momenten scheinbar genauso wenig, wie der Fakt, dass ich in der Lage war den Schattenwolf zu rufen oder das ich seit über zweihundert Jahren wöchentlich Kampfsportarten trainierte. Meinem Bruder konnte ich es noch verzeihen. Er war immerhin mein Bruder. Es war quasi seine Pflicht sich um mich zu sorgen. Bei Zarek war es das gleiche. Er bekam sogar Geld dafür, dass er sich um meine Sicherheit kümmerte und hatte erst meinen Vater und dann Logan, dass Versprechen gegeben, mein Leben vor das seine zu stellen. Immer. Aber bei dem Rest fehlte mir jegliches Verständnis.

[03] Wildes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt