Kapitel 45

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Ich betrachtete den Attentäter. Er trug eine schwarze Kapuze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte, sie überschattete seine Augen - doch ich spürte trotzdem nur zu gut wie sie sich in meine bohrten - und ich konnte das kalte Lächeln auf seinem Gesicht sehen.

Obwohl der Bogen, mitsamt den Pfeilen, außer seiner Reichweite lag wusste ich, dass er mich getötet hätte, bevor ich mich auch nur ansatzweise hätte verteidigen können.

Ich saß in der Falle.

Langsam und nachgiebig ließ ich den Bogen sinken. "Was habt ihr von Chrysis vor?", fragte ich ihn argwöhnisch. "Und warum bist du hier?"

"Das ist vorerst einmal nebensächlich", antwortete der Attentäter schulterzuckend. "Ich bin hier, weil ich dir etwas anbieten kann."

Er lächelte kurz. "Einen Deal."

"Sprich", befahl ich darum bemüht, dass meine Stimme stark blieb und nicht nachgab. Während ich mich innerlich am liebsten in mein Bett verkrochen hätte, weil ich nichts Gutes ahnte.

"Du schließt dich Chrysis an und niemand der dir wichtig ist wird mehr verletzt", trug er mir sein Angebot vor.

Ich wartete ab. Auf irgendwas. Das nicht kam.

Meinte er das wirklich ernst?

Mein Vater war tot, mein Bruder war im Koma und noch nicht einmal mehr im Krankenhaus.

Er würde es noch sehr leugnen können, doch er hatte meinen Bruder verletzt und ich würde ihm das nicht so schnell vergeben. Erst Recht würde ich mich nicht Chrysis anschließen.

"Thy war er...", fing ich an.

"Er war einer von uns", antwortete der Attentäter. "Wir waren auch für die Entführung verantwortlich, aber für alles was Thy euch angetan hat, sind wir nicht verantwortlich." Sein Mund spannte sich an. "Hätte Blake ihn nicht umgebracht, hätte ich es letzlich getan."

Ich nickte. Dann waren Chrysis also auch noch dafür verantwortlich. Noch ein Grund weniger mich ihnen anzuschließen.

"Nein", antwortete ich entschlossen.

Der Attentäter beugte sich näher zu mir. "Dann sieh mit an wie alles um dich herum untergeht", hauchte er und streifte dabei meine Wange. Eine Berührung, die Eis durch meinen Körper trieb und mich meine Schultern straffen ließ. Ich würde vor ihm keine Schwäche zeigen.

"Das will ich sehen", flüsterte ich provozierend zurück.

Er grinste mich finster an, bevor er sich von mir umdrehte und aus der Trainingshalle ging. Ich sah ihm nach, mein ganzer Körper zitternd vor Angst.

Ich hatte mich stark gegeben, doch die Angst was er Blake, meinem Bruder und allen alle anderen antun würde, nahm mich vollkommen in ihren Besitz.
Was hatte ich getan? Warum brachte ich alle in Gefahr?

Der Bogen, den ich umklammerte hatte fiel zu Boden und erzeugte ein Geräusch, dass in der Stille viel zu laut war und mich zusammen zucken ließ.

Meinem Gefühl nach starrte ich stundenlang - in Wirklichkeit konnte es höchstens eine halbe Stunde gewesen sein - auf die Tür, bevor ich mich endlich fing und zurück in Blakes Zimmer ging.

•~~×~~•

Als Blake mich sanft mit einem Kuss weckte kam mir die nächtliche Begegnung vor, wie ein schlechter Traum.

Ich fühlte mich alles anderes als gut, doch vermutlich waren es einfach die neusten Ereignisse, die mich fertig machten.
Blake, der vermutlich sehr gut wusste wie ich mich fühlte, zog mich in seine Arme. Er küsste meine Schläfe.

"Hey, es ist alles gut, meine Prinzessin", flüsterte er beruhigend.

Doch ich wusste, dass das nicht so war.

"Wir sorgen dafür, dass dein Bruder wieder gesund wird und dass die Ruhe wieder einkehrt", versprach er mir und strich mir durch die Haare.

Ich nickte und stand schließlich auf. "Wir sollten beide Duschen", schlug ich vor.

Kurz und knapp gesagt, duschten Blake und ich kurz noch zusammen, bevor wir uns dann anzogen und uns auf den Weg machten zum Frühstück.

Auf halbem Weg kam uns Grigorios entgegen. Er sah gereizt und besorgt aus.
Das war bei ihm nie eine gute Kombination.
Irgendwas musste passiert sein.

"Was ist?", fragte Blake ihn.

"Jemand ist heute Nacht in der Schule gewesen", antwortete Grigorios. "Hat ein ganz schönes Chaos angerichtet."

"Zeig uns wo", befahl ich ihm besorgt.

Blake hielt meine Hand und wir folgten Grigorios.  Er brachte uns zum Speisesaal. Carmen, Derrick und ein paar Lehrer standen an der großen Tür. Der eine Lehrer versperrte uns die Tür.

"Ich habe heute morgen etwas auf meinem Schreibtisch gefunden", bemerkte Carmen als sie mich sah. Sie hielt mir ein Bild mit einer schwarzen Haarsträhne dran hin.

Ich nahm es langsam entgegen und sah es an. Das blasse Gesicht auf dem Bild erkannte ich sofort und in dem Moment bestanden keine Zweifel mehr.

Der Attentäter von Chrysis war heute Nacht wirklich da gewesen.




**Ich habe noch vier Kapitel für dieses Wochenende. Die werden auch noch kommen.

Denkt ihr Rokuro geht es gut?

Noch einen schönen Freitag und liebe Grüße,
Julia**

School of Warriors - Rising Flame (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt