Ein übergroßes Zubat

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Ich wachte auf. Vorsichtig probierte ich, mich aufzusetzen. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen atmete ich bereits ziemlich schwer. Gold hatte Recht gehabt, dieser plötzliche Energiedrop war extrem. Ich erkannte, dass ich im Center von Laubwechselfeld lag und bekam sofort ein schlechtes Gewissen, da ich Schwester Joy noch mehr Arbeit aufbürdete. Wie aufs Stichwort trat sie mit Mirai und Through in den Raum. Sie sah viel besser aus. Die Augenringe waren zwar nicht verschwunden, aber deutlich weniger markant, und sie bestand auch nicht mehr nur aus Haut und Knochen. Mirais Hilfe war anscheinend eine riesige Erleichterung für sie. Through hingegen sah schlimmer aus als vorher. Er stützte sich auf Krücken und lächelte sehr gezwungen. Und Mirai ging es auch nicht besser, aber das kam wohl dadurch, dass sie Schwester Joy geholfen hatte. Als die drei mich sahen, hellten sich ihre Gesichter auf. "Endlich bist du wach. Du warst zwei Tage vollkommen weg...", sagte Through. Ich schluckte. "Und Gold?", fragte ich krächzend. "Der ist auch wach, aber er liegt komplett kraftlos in seinem Bett", erklärte Mirai. "Aber dir geht's kräftemäßig auch nicht besser, oder?" Ich schaute an mir herunter. Ich war irgendwie noch dünner geworden, was echt kein leichte Übung war. Ich schaute auf und schüttelte den Kopf. "Dann ruh dich aus, du hast es verdient. Drake will dich bestimmt auch nochmal kurz sehen", meinte Schwester Joy. Sie verließen den Raum und dafür kam Drake rein. Er setzte sich neben mich und sah mich etwas traurig an, aber auch erfreut, dass ich wieder wach war. Ich musste lächeln und streichelte ihn etwas. "Danke für die Rettung", brachte ich heraus. Er schaute mich mit Stolz in den Augen an. Ich lachte, was mir direkt einen Hustenanfall einbrachte. Drake lächelte, ging kurz weg und kam dann mit einem Ball wieder. Ich schaute ihn dankbar an und ließ Glurak erscheinen. Besagtes Pokémon strahlte, als es mich sah. Es beugte sich zu mir und genoss ein paar Streicheleinheiten. Dann runzelte ich die Stirn. "Wo ist eigentlich Luxtra?" Direkt darauf hörte ich sie fluchen. "Geh von mir runter!" Ein Getöse entstand. "Drake, kannst du vielleicht...?" Er hatte verstanden und flitzte auf die Lärmquelle zu. Ich hörte seinen Ruf und dann war alles still. Kurz danach kam er mit einen Haufen Metall im Maul wieder und ließ den Haufen neben mir fallen. Ich betrachtete ihn verwirrt. Nun kam auch Luxtra herein. "Glückwunsch zu deinem neuen Teammitglied. Es ist aus dem Ei geschlüpft." Sie schnaubte und schüttelte sich. "Es ist eine riesige Nervensäge." Ich schaute wieder den Metallhaufen an. "Was soll das für ein Pokémon sein? Das sind nur jede Menge Metallstücke."-"Das ist das Problem. Da es aus vielen Stücken besteht, kann es sich selbst verformen und auf andere Dinge drauf setzen. Und das Metall ist so hart, dass es damit sogar zum Beispiel eingeschlossene Körper nach seinem Willen lenken kann, ohne dass es sich verletzt." Ich hustete. "Das ist doch verrückt..." Luxtra nickte. "Das ist es." Damit verließ sie den Raum. Ich verzog das Gesicht. Irgendwie hatte ich jetzt etwas Angst vor dem Haufen, der neben mir lag. Ich hob langsam den Arm und schob das Metall etwas weiter weg. Drake grinste etwas. Dann nahm er das Ding wieder ins Maul und kuschelte sich nochmal mit Glurak an mich, bevor sie den Raum verließen. Ich seufzte und entspannte mich. Es dauerte nicht lange, bis ich wieder am Schlafen war.

Ich wachte auf. Es war stockdunkel. Mir war klar, dass ich nicht direkt wieder schlafen konnte, so sehr ich das auch wollte. Also stand ich langsam auf, was mir leichter fiel als erwartet. Wahrscheinlich hatte ich wieder ewig geschlafen. Ich taumelte dahin, wo ich den Lichtschalter vermutete und setzte meinen Augen so brutalster Helligkeit aus. Nach ein paar leisen Flüchen und kurzer Zeit sah ich mich genauer in den Zimmer um, da ich davor eher auf meine Freunde geachtet hatte. Es war aber nur das zu erwartende Pokémon-Center-Zimmer. Ich fand meine Sachen relativ schnell, zog mich um, nahm mir die Taschenlampe, die auf einer Kommode neben der Tür lag, öffnete die Tür vorsichtig und schlich mich langsam und leise raus.
Die Luft war erfrischend kühl. Ich atmete direkt vor der Tür erst einmal tief durch, bevor ich meinen Nachtspaziergang fortsetzte. Ich schlenderte durch die leere Straße Laubwechselfelds und machte mich schließlich zu den Meteorfällen auf, weg vom Vulkan. Ich beobachtete einige Wasserpokémon, wie sie im Mondschein Kunststückchen aufführten und musste lächeln. Wie friedlich diese Welt doch sein konnte... Ich gab mir einen Ruck und setzte mich wieder in Bewegung. Langsam stieg ich durch die bergige Landschaft und ließ mich schließlich auf einem Felsen am Wegrand nieder. Ich legte mich lang und starrte in den klaren hellen Himmel. Es war eine wunderschöne Nacht. Wie konnte ich so etwas nie zu schätzen wissen? Ich wünschte mir, es wär alles wieder so ruhig wie früher. So lag ich eine Weile philosophierend herum, bis mir auffiel, dass etwas aus dem Mond zu kommen schien. Ich kniff die Augen zusammen und konnte langsam ein großes Wesen erkennen. Ich dachte erst, es wäre nur ein Zubat, aber es war wesentlich größer. Ich wich unterbewusst etwas zurück, da es direkt auf mich zusteuerte. Schließlich war es nah genug, um mehr als den Umriss zu erkennen. Mir schoss ein Bild in den Kopf, ein Bild aus einem alten Bilderbuch. Der Name des Bildes fiel mir kurz darauf auch ein. "Lunala", hauchte ich. Langsam landete es vor mir. In diesem Moment kam ich mir sehr klein vor. Es strahlte eine Aura aus, durch die ich mich nur noch verneigen wollte. Ich erkannte eine gewisse Ähnlichkeit zu der des Kindes von Xerneas und Yveltal, aber Lunalas war freundlicher und stärker. Da ich bei Drake nie so etwas gespürt hatte, nahm ich an, dass die Stärke mit den Generationen abnahm. Ich betrachtete Lunala ehrfürchtig und legte dann den Kopf schief. Eine uralte Stimme bohrte sich direkt in mein Hirn. "Du bist Silber, nicht wahr?" Ich war leicht weggetreten und konnte mich nicht konzentrieren, also reagierte ich etwas spät. "Äh, ja. Ja, bin ich." Lunala nickte leicht. "Gut. Ich habe eine Bitte."

Pokémon: Das Kind von Leben und Tod (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt