Kapitel 23

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Jan Pov:
Die nächste Woche verging relativ schnell. Es herrschte zwar immer noch eine bedrückte Stimmung in unserer WG, aber Andre und ich hatten uns soweit wieder vertragen, dass wir zusammen in einem Raum sein konnten.
Wir unternahmen nicht viel, unsere baldige Abreise war immer präsent und es mussten noch einige Vorbereitungen getroffen werden, doch zwei Sachen hatten alle Tage gemeinsam. Zum Einen fuhren Isi und ich jede Nacht zu der Bank im Park, unterhielten uns und sahen uns den Sonnenaufgang an. Zum anderen hatte ich jede Nacht, oder eher gesagt jeden Morgen, den Traum von unserem Tanz auf der Domplatte. Und jedes Mal erwacht ich an der selben Stelle.

Nach dem Lied ließ ich sie noch nicht los. Im Gegenteil: ich zog sie näher zu mir, denn ich hatte noch etwas anderes mit ihr vor.

Heute war es soweit. Wir würden unseren Tourauftakt auf den Videodays hier in Köln spielen. Weiter würde es dann Richtung Süddeutschland gehen, bis nach München, Isis Heimatstadt.
Schon wieder dachte ich an sie. Meine Gedanken schweiften zu meinem Traum ab und ich fragte mich wie jedes Mal, warum ich genau an dieser Stelle aufwachte. Vielleicht, weil ich nicht wusste, was danach passieren würde? Und noch immer war ich mir unsicher, wann ich es ihr sagen sollte. Vor der Tour? Hielt ich es bis nach der Tour aus? Hielt ich es so lange ohne sie aus?
Ein Klopfen an meiner Tür riss mich aus meinen Gedanken.
"Jay, bist du schon wach?"
Es war Isi.
Ich richtete mich auf und antwortete: "Ja bin ich. Soll ich dir beim Frühstück helfen?" Ich streckte mich und schwang meine Beine aus dem Bett.
"Wenn du schnell genug bist.", meinte sie und ich hörte das Grinsen aus ihrer Stimme.
Lächelnd stand ich auf und zog irgendein T-Shirt aus meinem Schrank. Später müsste ich mich sowieso wieder umziehen.

Nach einem gemeinsamen Frühstück machten wir uns auf den Weg Richtung Videodays. Es ging durch den Hintereingang in den Backstagebereich und wir begrüßten alle.
Relativ schnell ging es dann auch schon in die Vorbereitung. Es gab einen kurzen Soundcheck, dann ab in die Maske, umziehen und warten. Dazwischen schauten wir kurz nach, wie viele Leute schon da waren und der Lärm war unbeschreiblich. Manchmal fragte ich mich schon, warum unsere Zielgruppe gefühlt nur aus pubertierenden, kreischenden Mädchen besteht.

"Bitte macht nochmal so richtig Lärm. Denn jetzt kommt... APECRIME!" Mein Herz klopfte, obwohl man meinen sollte, ich wäre nicht mehr aufgeregt. Doch vor so vielen Leuten zu singen war für mich noch immer nicht ganz leicht. Ein letzter Blick zu unseren Freunden, wobei ich vor allem Isi ansah, die uns alle ermutigend anlächelten, dann stürmten wir unter ohrenbeteubenden Lärm auf die Bühne.

Isi Pov:
Zufälligerweise war ich als erstes wach, weshalb ich alle aufweckte. Angefangen bei Andre, der meiner Meinung nach am längsten brauchte, und zuletzt Jan.
"Bist du schon wach?", fragte ich ihn durch die Tür.
Ich hörte ein gähnen und dann antwortete er: "Ja bin ich. Soll ich dir beim Frühstück helfen?"
Ich grinste und meinte zu ihm, das könne er gerne machen, wenn er schnell genug wäre. Aber irgendwie wollte ich gar nicht alleine in der Küche stehen und alles herrichten, deswegen ließ ich mir Zeit und kochte ersteinmal Kaffee. Doch meine Sorgen waren unbegründet.

Keine Minute später kam Jan aus seinem Zimmer, nur mit einer Short und einem T-Shirt bekleidet. Unbewusst ließ ich meinen Blick an seinem Körper entlangwandern. Er war etwas dünner, als zu dem Zeitpunkt, an dem ich ihn kennengelernt hatte. Ganz leicht zeichneten sich seine Muskeln auf dem Shirt ab und...

"Gefällt dir was du siehst?", fragte mich Jan mit einem Lächeln, bei dem er nur einen Mundwinkel hochzog.
Ich wurde rot und wandte mich ab. Hatte ich ihn tatsächlich solange angestarrt? Ich hörte ihn hinter mir vorbeigehen, während ich meine ganze Konzentration brauchte, um den Kaffee in meine Tasse zu füllen.
Sein Atem berührte meinen Nacken, er war unbemerkt hinter mich getreten. "Das braucht dir nicht peinlich zu sein. Außerdem ist es echt süß, wenn du rot wirst."
Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Doch bevor ich darüber nachdenken konnte schrie er, um alle aufzuwecken, durch die Wohnung: "Aufstehen ihr faulen Säcke! Frühstück ist fertig!"

Nach diesem gemeinsamen Frühstück machten wir uns auch schon auf den Weg zu den Videodays. Dort wurde ich etlichen Leuten vorgestellt, die ich eigentlich gar nicht alle kennenlernen wollte. Die Jungs mussten dann auch schon zu den Vorbereitungen, also gammelte ich den halben Tag alleine irgendwo rum und bekam am Rande das Programm mit.
"Bitte macht nochmal so richtig Lärm. Denn jetzt kommt... APECRIME!", tönte es von draußen. Ich stand wieder im Backstagebereich und die Jungs hatten jetzt, wie man nicht überhören konnte, ihren Auftritt. Als Jan an mir vorbei ging, berührten seine Finger ganz kurz meinen Handrücken und er drehte seinen Kopf zu mir. Ein Lächeln, dann war der Moment vorbei.
"Viel Spaß!", dann stürmten die drei mit einem Grinsen auf dem Gesicht auf die Bühne.

"Vielen Dank Köln! Ihr wart wunderbar.", rief Cengiz in die Menge, wurde jedoch sofort von Jubel unterbrochen. Der Auftritt war vorbei und ich fand ihn super und hatte die ganze Zeit leise mitgesungen.
"Danke für diesen tollen Tourauftakt.", meinte nun auch Jan.
"Während der Tour warten ein paar tolle Videos auf euch.", kündigte Andre an, "Also schaltet gerne ein. Euch wünschen wir noch einen wunderbaren Tag."
Kurz standen sie da und winkten, dann sagten sie im Chor: "Gute Nacht!" und genau in diesem Moment gingen die Konfettikanonen hoch, was die Menge mit ohrenbetäubendem Applaus kommentierte. Unbemerkt, da keiner so richtig durch das Konfetti sehen konnte, gingen sie von der Bühne.
"Was für ein dramatischer Abgang.", meinte ich lachend, sobald sie in Sichtweite waren.
"Tja es hat funktioniert.", meinte Andre, der ebenfalls lachte.
Ich umarmte alle drei und während wir langsam Richtung Umkleide gingen kam uns Simon entgegen.
"Heute Abend machen wir Party! Ich zähl auf euch schließlich seit ihr morgen nicht mehr da!"
"Ja klar, wir schaun mal vorbei."

Und schon hatten wir heute Abend etwas vor.

ABGEBROCHEN - 4 Wörter, die die Welt verändern (Jan Meyer ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt