1. Kapitel- Hallo neues Zuhause, gut, dass ich nach einem Jahr wieder weg bin

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Ich sehe der Landschaft beim Vorbeifliegen zu. Doch im Grunde genommen interessiere ich mich nicht dafür, es wird niemals mein Zuhause werden, dafür sorgt meine Mutter und die Erinnerung, zumindest die wenigen die nicht von anderen überschattet worden sind.

Vor zwei ein halb Stunden sind ich und meine Mutter in Seattle gelandet. Schon im Flieger habe ich mein Skizzenbuch vollgemalt und danach angefangen laut Musik zu hören. Leider kam ich vor der Abreise in Florenz nicht mehr dazu mir ein neues zu besorgen, ich bin was malen angeht sehr wählerisch, nicht jeder Bleistift eignet sich für meine Landschaftszeichnungen und nicht jedes Papier ist gut genug, aber das interessiert euch sicher nicht. Schweigend bin ich meiner Mutter aus dem Gate gefolgt. Sofort haben wir das neue Auto abgeholt, fragt mich nicht welches, ich habe keine Ahnung davon und im Prinzip ist es egal Hauptsache es fährt.

Bevor meine Mutter etwas sagen konnte, habe ich mich nach Hinten gesetzt.

So ist es leichter einer Konversation zu entfliehen, ich will nicht mit ihr reden. Jeder Umzug reißt alte Narben auf und ich muss mich zusammenreißen ihr nicht Vorwürfe zu machen, es gibt Dinge die ich bis heute nicht verstehe, die aber zu lange her sind um meiner Mutter darüber noch Vorwürfe zu machen. Ich war noch zu klein um alles mitzubekommen und selbst, wenn man diese Dinge außer Acht lässt gibt es genug Dinge, die nicht so gelaufen sind, wie sie hätten laufen sollen.

Es ist jetzt schon sechs Jahre her, sechs Jahre mit immer neuen Wohnungen auf anderen Erdteilen. Ich erinnere mich sehr gut an diesen Tag, den 12.07.2012, ich habe ihn abgespeichert als den Tag des Abschieds und dem Ende des schönen Teils meines Lebens. Es regnete und ich weinte. Ich war erst zehn, meine Eltern haben sich schon Monate lang gestritten, obwohl sie es vorher nie taten. Letztendlich entschieden sie sich dazu das Haus zu verkaufen und sich zu trennen. Mein geliebtes Zuhause, ich kannte jeden kleinen Winkel. Ich wusste wo meine Mutter die Süßigkeiten vor meinen Bruder, meinem Vater und mir versteckte. Ich erinnere mich an die Tür, mit der mein Bruder mir den ersten und alle darauffolgenden Milchzähne gezogen hat. Ich liebe das typische schwedische Haus. Es war meine Heimat und an diesem Tag musste ich sie verlassen. Damals ging mein Bruder mit meinem Vater und ich mit meiner Mutter, sie meinten es wäre gerecht uns aufzuteilen, jedes Elternteil bekommt ein Kind, als wären wir Gegenstände.

Zunächst zogen wir alle nach England mein Vater in seine Heimat Southport und ich mit meiner Mutter nach Liverpool, so konnten wir uns theoretisch besuchen, was allerdings nie geschah, na ja vielleicht nicht nie, aber nur einmal an Weihnachten zählt nicht wirklich. So fand es meine Mutter auch nicht schlimm umzuziehen, als ihr Chef es anderthalb Jahre nach dem Umzug von ihr verlangte. Wir zogen erst nach Australien, wir blieben aber nirgends länger als ein Jahr. Nach Australien kam Tokyo, dort blieben wir nur ein halbes Jahr, danach kam Paris dann Florenz und jetzt schließlich dieser komische Forks in den USA. Hier soll es kalt sein, was mir etwas Sorgen bereitet, da ich mich gerade erst an das warme Klima von Florenz gewöhnt habe.

Mit der Zahl der Umzüge schrumpfte auch die Anzahl meiner Freunde, bis es schließlich keine mehr waren. Ich schaffte es nicht mal den Kontakt zu den alten zu erhalten, zu groß war die Veränderung.

Ich hasse meine Mutter dafür, sie nahm keine Rücksicht darauf was ich empfand, ich weiß nicht ob es ihr egal ist oder sie es nicht wahrnimmt. Mittlerweile habe ich aufgegeben soziale Kontakte zu pflegen, zu schmerzlich war jedes Mal der Abschied. Es ist als hätte es Dad und Henry nie gegeben nur gelegentlich Karten zu Weihnachten oder Ostern zeigen das ich noch mehr Familie habe. Ich drehe Linkin Park lauter ich bin genervt, genervt von dem ganzen Mist, ich will einfach nicht mehr.

Ich denke wieder an meinen Dad und an Henry, einfach an Zuhause, doch meine Mutter unterbricht mich in meinen Gedanken:

„Filicia! Nimm endlich die Kopfhörer aus den Ohren, wir sind gleich da. Es wird dir gefallen, das Haus ist so ähnlich wie das in Schweden... und schon eingerichtet."

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