27. Kapitel- Abflug

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Der Druck steigt und steigt und ich weiß, dass Oliver bald nicht mehr alles zurückhalten kann und ich kann auch bald nicht mehr begründen warum ich den ganzen Tag hier bleibe und mit niemandem zu kommuniziere... das wird einfach nicht mehr tragbar für niemanden, insbesondere für Oliver, auch für meine Mutter, aber das ist eher sekundär. Allerdings habe ich bereits einen Plan; diesen Plan, den ich jetzt gefasst habe halte ich stur im Auge und er ist auch der Grund weshalb ich das erste Mal seit gefühlten Jahren unter der rauschenden Dusche stehe, das Wasser prasselt meinen Körper nur so  herunter und verscheucht für einen Moment sämtliche Gedanken, die sich nicht auf das wesentliche richten- Dad und Henry besuchen und eventuell sogar ohne die Absicht jemals wieder in die USA zurückzukehren, zu den Schrecken und ungelösten Konflikten, die auf mich zu warten scheinen sobald ich die Tür öffne. Dennoch suche ich in Großbritannien vor allem eins- Antworten, die ich hier niemals finden werde, die ich hier auch nicht finden kann....

 Oliver wird in einer halben Stunde ungefähr zu mir kommen, um nach mir zu sehen, wie in letzter Zeit immer, dann kommt er nämlich in den letzten Tagen immer von der Arbeit wieder. Er wird mich fragen, ob ich etwas mit ihm essen möchte und dieses Mal werde ich ja sagen, obwohl mir der Gedanke immer noch nicht wirklich behagt, außerdem weiß ich nicht, ob er es nachvollziehen wird, dass ich nach England möchte und das für ihn ohne wirklich nachvollziehbaren Grund... Das ist das einzige was mich etwas stutzen lässt und mich seit zwei Tagen davon abhält ihn zu fragen, nichtsdestotrotz, dadurch, dass er jeden Tag wieder an meine Zimmertür klopft habe ich Hoffnung. Aber heute habe ich es geschafft das Gefühl der Angst und Leere zu überwinden, um mein Zimmer für mehr als einen Toilettenbesuch zu verlassen, heute wird daher auch der Tag sein, an dem ich es schaffe zu fragen, es wird mich all meinen Mut kosten, aber ich werde es schaffen. 

Ich drehe das Wasser ab und steige aus der Dusche ich wickle mich in ein flauschiges Handtuch und kämme meine Haare, ohne wirklich in den Spiegel zu schauen, es fühlt sich beinahe normal an. Gerade im Moment habe ich keinen Fieberschub- bedeutet, keine Tierstimmen, als wäre ich ein einfacher Mensch kein anim.. Dingsda, das was Jake... ich meine Jacob mir erzählt hat. Und da ganz offensichtlich nur mein Vater mir Antworten geben kann, denn meine Mutter ist definitiv nicht diejenige, die mir dieses etwas vermacht hat. Geistesabwesend föhne ich mir die Haare und ziehe mir das schöne Winterkleid an, dass ich in Florenz viel zu selten tragen konnte, es soll mir ein gutes Gefühl geben ich möchte mich gewappnet fühle, zu allem bereit. Langsam verschwindet das Gefühl des Nebels aus meinem Kopf, das sich seit diesem einem Nachmittag nicht loswerden konnte, mein Kopf fühlt sich jetzt seltsam neu an und auch verletzlicher. Jetzt sehe ich in den Spiegel und was ich sehe ist Gott sei Dank nicht so schlimm, wie das was ich vor einer Woche noch da gesehen habe, ich ziehe mir die Strumpfhose an, die ich mir zur Seite gelegt habe und räume das Bad auf. Das tut gut. Der Tatendrang besiegt langsam die Regungslosigkeit, die Energie, die mir lange gefehlt hat scheint mich langsam wieder zu beleben und ich fühle mich beinahe euphorisiert. Danach räume ich mein Zimmer auf ziehe das Bett ab und fege, anschließend lege ich den Koffer raus und beginne einige Dinge zusammen zu packen, nur das nötigste. Ich komme nicht weit da höre ich ein leises Klopfen an der Tür, das mir mittlerweile sehr vertraut vorkommt.

 „Ja Oliver komm bitte rein.", sage ich mit nervöser Stimme, das Klopfen hat meinen Herzschlag in die Höhe getrieben. Ich stehe jetzt also hier reibe mir nervös die Hände, was wenn er nein sagt? Egal zu spät. Nun tritt er ein er sieht zögerlich aus und unsicher. 

Er mustert mich als wäre ich zerbrechlich wie Glas und ich weiß nicht was ich sagen soll, wie ich anfangen soll. Also stehen wir uns gegenüber und betrachten uns eine Weile gegenseitig bis das Schweigen anschwillt und drückender wird. Er sieht besorgt aus, doch nach dem er sich umsieht erscheint auf seinem Gesicht ein überraschter Ausdruck. „Es geht dir besser.", stellt er sehr ruhig fest, er lächelt sogar und dann sagt er ganz ruhig: 

Snowflakes And ForestdreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt