Kapitel 14: Unterrichtstage
James saß an seinem Platz im Klassenraum für Zaubertränke und wartete darauf, dass Slughorn mit dem Unterricht begann. Dieser jedoch ließ sich damit Zeit – nicht, dass das James stören würde, er mochte es, wenn er ein paar Minuten mehr Freizeit ergattern konnte. Was ihn jedoch störte, war der Grund für Slughorns weniger als geringe Aufmerksamkeit seiner Klasse gegenüber: die Neuen.
James hatte ja schon lange gewusst, dass Slughorn es mochte, Schüler zu analysieren und manche von ihnen dann zu bevorzugen, in der Hoffnung, dass sie es ihm eines Tages zurückzahlen würden. Doch nun stand er schon mehr als zwanzig Minuten der ersten Zaubertrankstunde am Tisch der Neuen und diskutierte mit ihnen! Über was genau, das wusste er nicht, dafür redeten sie zu leise und die unbeaufsichtigte Klasse machte zu viel Lärm. Doch seit den ersten paar Minuten hatte er die Gestik des Professors, sowie die der Neuen beobachtet und versuchte, so viel wie möglich daraus zu lesen. Und was er daraus schloss gefiel ihm nicht. Es gefiel ihm keineswegs.
Am Anfang der Stunde war Slughorn noch ganz normal in den Klassenraum gekommen und hatte sie begrüßt, also alles wie immer. Und dann hatte er gemeint, er wolle mal ein paar Minuten mit den Neuen sprechen, um ihren Wissensstand zu überprüfen. In den ersten fünf Minuten schien er das auch getan zu haben, doch dann hatten immer mehr nur noch er und dieses braunhaarig Mädchen mit dem Lockenkopf gesprochen und Slughorn entspannte sich immer mehr. James kam er vor wie in einem der Treffen mit seinen Schönlingen. Er war selbst erst einmal dort gewesen, weil er hatte wissen wollen, was genau dort eigentlich vor sich ging, und hatte sich dafür nach Möglichkeiten bei dem Hauslehrer von Slytherin eingeschleimt, so dass er eine Einladung erhalten hatte. Einmal war er dann also gekommen und das auch nur für zehn Minuten. Doch diese zehn Minuten hatten ihn so sehr angeekelt, dass er nachher niemals wieder dorthin gegangen war. Allerdings hatte er dort genug mitbekommen um zu sagen, dass Slughorn dort ungefähr genauso mit seinen Schülern sprach, wie er es nun mit den Neuen, oder vor allem der Braunhaarigen, tat. Die Neuen schienen sich also schon bei ihm beliebt gemacht zu haben.
James runzelte verärgert die Stirn und blickte zur Seite um zu sehen, was Tatze und Moony gerade taten. Vor ein paar Minuten hatten sie noch miteinander Zauberschnippschnapp gespielt, doch nun war Sirius bereits dazu übergegangen, mit Hana Fate, der blonden Gryffindorschülerin, zu flirten und Moony malte gelangweilt irgendwelche Zeichen auf ein vor kurzem noch leeres Blatt Pergament, welches er sich eigentlich mitgenommen hatte, um im Unterricht mitschreiben zu können. Peter, der am weitesten von ihm entfernt saß, schrieb gerade an irgendetwas. Was es war konnte James nicht genau erkennen, doch es schien so etwas wie ein Aufsatz (was James ausschloss, da sie gerade erst den ersten Schultag hatten), oder ein Brief zu sein. Weshalb Peter bereits einen Brief schreiben würde, obwohl er sich seit noch nicht einmal 48 Stunden in Hogwarts befand, war James ein Rätsel, doch es interessierte ihn nicht genug, um seinen Freund deswegen zu fragen. Müde gähnte er und legte seinen Kopf auf den Tisch. Erste Schultage waren immer so anstrengend ...
„Also, beginnen wir mit dem Unterricht!", rief Slughorn gegen Ende der ersten Stunde (wie James mit einem Blick auf die goldene Uhr, die er zu seinem 17. Geburtstag von seinen Eltern erhalten hatte, feststellte). Die ganze Klasse, Slytherins und Gryffindors, stöhnte auf. Er hatte die beiden verfeindeten Häuser noch nie so einstimmig erlebt.
„Aber, aber. Nein, wir haben schon eine Stunde vergeudet", sagte Slughorn in einem Tonfall, der besagte, dass er dafür der Klasse die Schuld gab und nicht seinem fröhlich plaudernden Mund. „Wir beginnen heute mit einem Trank namens Antiinsaluber. Wir haben ihn in der fünften Klasse bereits durchgenommen, doch eine kleine Wiederholung des alten Stoffes kann ja nie schaden. Kann mir vielleicht jemand die Wirkung dieses Trankes nennen? Vielleicht einer unserer neuen Schüler?" Er blickte auffordernd zu der Gruppe in der ersten Reihe und auch James blickte sie an, jedoch um einiges unfreundlicher. Mit diesen fünf stimmte etwas nicht, dessen war er sich sicher, doch niemand schien seine Bedenken zu teilen, noch nicht einmal Sirius, von dem er eigentlich dachte, dass er ihm vertrauen würde. Doch der hatte seine Meinung nur mit einem Schulterzucken abgetan. Nun, er war auch nicht dabei gewesen, wie diese Leute zum ersten Mal in Hogwarts aufgetaucht waren, nämlich in Dumbledores Büro und in einem halb bewusstlosen Zustand. Nein, er glaubte definitiv nicht, dass die Geschichte, die Dumbledore und die Neuen erzählte hatten, stimmte.
„Es ist ein Zaubertrank, von dem man lange Zeit annahm, dass er alle oder zumindest die meisten Krankheiten und Verletzungen heile", beantwortete das rothaarige Mädchen die Frage. „Allerdings stimmt diese Annahme gar nicht. Er heilt keine Krankheiten, im Gegensatzt. Die darin erhaltenen Wurzeln – und zwar alle, nicht nur eine Sorte oder zwei – regen den Blutfluss sogar noch mehr an, wenn sie in dieser Kombination miteinander stehen. Also ist dieser Trank keineswegs bei Verletzungen zu verwenden. Der einzige Grund, weshalb der Glauben, er heile alles, so weit verbreitet ist, ist dass die Mischung der Blätter Lunakar enthält, ein Kraut, das, zusammen mit dem Saft zerdrückter Bacabeeren, die Schmerzen verringert und Wunden schneller zuheilen lässt. Der Fehler wurde jedoch bereits erkannt und der Zaubertrank, soweit ich weiß, auch schon aus dem Lehrplan genommen, weshalb es mich verwirrt, dass wir ihn wiederholen sollten ..." Das Mädchen brach unter den fixierenden Blicken aller anwesenden Schülern, sowie dem Slughorns ab. „Oder stimmt das nicht?", fragte sie unsicher nach.
„Woher haben Sie diese Information, Miss Weatherby?", fragte Slughorn plötzlich ziemlich ernst.
„Ähm ... na ja, wir wurden ja Zuhause unterrichtet und da hat man uns das so beigebracht", meinte Ginny matt.
„Ich werde diese Informationen überprüfen", sagte Slughorn über das Getuschel der Klasse hinweg. „Jetzt bitte Ruhe und wir fangen mit dem Brauen des Trankes an. Er wird sich nicht ausgehen, dass wir ihn heute fertigstellen, doch ich will auch nur sichergehen, dass ihr die Grundlage des Zaubertrankbrauens nicht vergessen habt. Gebt mir am Ende der Stunde bitte eure Zwischenergebnisse ab. Und jetzt beginnt!"
James warf einen Blick zu Sirius hinüber, doch der hatte bereits angefangen, seinen Kessel aufzustellen und ignorierte ihn, als er seinen Namen flüsterte. Oder vielleicht hörte er James auch nicht, denn die Geräusche der Klasse übertönten das meiste nicht allzu laut Gesprochene und James wollte nicht, dass irgendjemand ihr Gespräch belauschte. So also konzentrierte er sich auf das Brauen seines eigenen Trankes, wie es mittlerweile die ganze Klasse tat. Während er grüne Wasserschnecken zu Brei zerstampfte, dachte er über das gerade gehörte nach. Es stimmte, die Heilfähigkeit des Antiinsalubers wurden angefochten, doch was die Neue da geredet hatte, war James und wohl auch der restlichen Klasse, wenn er von den Reaktionen seiner Mitschüler ausging, unbekannt gewesen. Sogar Lily hatte erstaunt ausgesehen, als die Neue berichtet hatte, welche Bestandteile des Trankes die Blutung erhöhen würden, obwohl sie eine der besten in diesem Unterrichtsfach war. Nur Snivellus, fiel James auf, hatte ausgesehen, als wäre ihm all das bereits bekannt und es würde ihn nur überraschen, dass auch jemand anders diese Information bereits kannte. James fragte sich, woher der schwarzhaarige Slytherin das eigentlich wusste ... und woher es die Neuen wussten. Das machte keinen Sinn ... Die Rothaarige hatte es mit einer solchen Sicherheit gesagt, als würde das genau so im Lehrbuch stehen, oder als hätte sie es selbst schon ausprobiert. Doch das machte keinen Sinn. Die hohen Tiere in der Wissenschaft der Zaubertränke stritten sich immer noch um dieses Thema, da konnte nicht eine Siebzehnjährige die Lösung dazu gefunden haben ...
Er blickte auf als er dem fertigen Brei Thymianblätter beimischte und sah, dass Lily sich einen Platz neben der anderen Rothaarigen geschnappt hatte und die beiden nun leise miteinander diskutierten. Was Lily nur von ihr wollte? Er traute den neuen Schülern nicht, egal was alle anderen dazu sagten, und er würde nicht zulassen, dass Lily unter ihren Einfluss geriet. Bis zum Ende der Stunde entschied er, dass er Lily so bald wie möglich warnen würde, bevor die Neuen sie genauso um den Finger wickelten, wie sie es vor ein paar Minuten mit Slughorn getan hatten. Lily war ein kluges Mädchen. Sie würde ihm zuhören, wenn er nur mit überzeugenden Argumenten kam ...
Die erste Woche verging geschwind, gefüllt mit Hausaufgaben, Verheimlichungen und dem Befreunden der Rumtreiber - nun, zumindest der Rumtreiber weniger James, welcher immer noch einen Groll gegen die Zeitreisenden zu hegen schien, und Peter, welcher zwar immer wieder mit Sirius und Remus mitkam, wenn sie etwas gemeinsam unternahmen, den Harry jedoch versuchte, so gut wie möglich zu ignorieren - und Harry war erstaunt, als er sich plötzlich beim Hausaufgabemachen im Gemeinschaftsraum der Gryffindors wiederfand und es tatsächlich schon der erste Freitag war.
„Was ist noch einmal die Beschwörung, um einen bestimmten Punkt am besten zu verhüllen, wenn ein großer Teil davon immer noch sichtbar sein soll?", fragte Ron in die Runde und Hermine antwortete ihm ohne zu zögern.
„Ich würde es mit illum abscondo versuchen ..."
Harry lächelte leicht als er sich an eine ähnliche Szene vor ungefähr zwei Jahren erinnerte ... Sie waren damals in der sechsten Klasse gewesen und hatten an einer Hausaufgabe von Verteidigung gegen die dunkeln Künste gesessen, doch Harry musste nichtsdestotrotz an diesen Moment vor so langer Zeit zurückdenken. Wenn er sich richtig erinnerte, waren sie damals sogar genauso gesessen ... Ginny und er auf einem Sofa für zwei und Ron am Boden, zu Hermines Füßen, die es sich in einen Polstersessel bequem gemacht hatte.
„Danke", antwortete Ron und fügte noch einen Absatz zu seinem Aufsatz hinzu, bevor er die Feder daneben auf den Boden fallen ließ und sich streckte. „So, ich bin fertig. Keine Hausaufgabe mehr fürs Wochenende. Wie steht es mit euch?"
„Einen Moment", murmelte Ginny. „Mir fehlt noch die letzte Frage – erläutere, weshalb der Zauber saxum levis nicht dafür geeignet ist, bei Holz verwendet zu werden."
„Saxum wird doch nur bei Gesteinen verwendet, nicht?", meinte Harry als er seinen Aufsatz nun ebenfalls beiseite schob. „Du kannst den letzten Punkt von mir abschreiben, wenn du willst."
Hermine runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts als Ginny sich das Pergament schnappte und begann, sich Harrys Antwort durchzulesen.
„Ich mache mir Sorgen", begann Ron auf einmal mitten in die Stille des Gemeinschaftsraums zu reden. Sie waren nicht die einzigen, weshalb er wohl auch versuchte, seine Stimme möglichst leise zu halten, doch die Gruppe jüngerer Schüler, die ebenfalls an ihren Aufgaben arbeiteten oder eine Runde Zauberschach spielten, saß am anderen Ende des Raumes und die vier befanden sich in einer ziemlich abgelegenen Ecke, aus der die Geräusche nicht sehr gut entkamen. „George hat seit heute Morgen kein einziges Wort mit mir geredet."
Hermine nickte zustimmend. „Ja, im Unterricht sagt er auch kaum etwas ... Er ist immer stiller geworden."
„Er schläft nicht gut", fügte Ginny hinzu. „Ich habe ihn in der Nacht immer wieder vor sich hin murmeln hören und einmal hat er sich so sehr herumgewälzt, dass ich stundenlang nicht einschlafen konnte. Ich habe ihn aber nicht aufgeweckt", meinte sie dann etwas entschuldigend. „Er braucht den Schlaf. In letzter Zeit hat er ziemlich wenig bekommen."
„Er trauert", sprach Harry das Offensichtliche aus.
„Aber wird er sich wieder erfangen?", fragte Ginny. „Ich meine, verdammt. Ich vermisse Fred doch auch, ich weine auch manchmal in der Nacht in mein Kissen. Aber ich ziehe mich nicht so sehr zurück, dass ich tagelang nicht mehr gesehen werde, außer während des Unterrichts und hin und wieder beim Essen! Er schottet sich ab."
Sie klang so verzweifelt, dass Harry sich zu ihr hinüberbeugte und sie in die Arme schloss. „Pssst", murmelte er und strich ihr sanft mit einer Hand über den Rücken. „Beruhige dich erst einmal."
Ginny klammerte sich an ihn. „Ich will doch nicht noch einen Bruder verlieren", sprach sie ihre Angst in seinen Pullover.
„Niemand wird George verlieren", sagte Harry entschlossen. „Das wird nicht geschehen."
„George ist stark", stimmte Hermine ihm zu. „Er kann schon auf sich selbst aufpassen."
Harry nickte. „Wir müssen ihm einfach zeigen, dass wir für ihn da sind, wenn er uns braucht. Es wird jedenfalls einige Zeit brauchen, bis er wieder der Alte ist, wenn er das jemals wieder wird, aber ... als Sirius starb ... da habe ich auch einiges an Zeit gebraucht bis es mir wieder gut ging. Ich kann mir vorstellen, dass es George gerade ähnlich geht."
„Aber wir müssen doch etwas tun können", meinte Ron.
Harry blickte ihn an. „George kommt sich vielleicht gerade ziemlich einsam vor", meinte er. „Wir alle haben einander, um uns über den Schmerz hinweg zu helfen. Und George, der ist alleine und hat noch dazu denjenigen verloren, der sonst immer mit ihm zusammen war und der ihm sonst immer in solchen Situationen beigestanden ist. Das ist schwer. Aber wir müssen geduldig bleiben und ihm zeigen, dass wir für ihn da sind, sollte er uns brauchen. Das ist das Wichtigste, dass er weiß, dass er vermisst wird."
„Das können wir schaffen", begann Ginny, wurde jedoch unterbrochen, als das Portraitloch sich öffnete und laute Stimmen ertönten.
„– keine Lust. Das ist doch Blödsinn."
„Aber Tatze, wir haben diese Jahr noch keinen einzigen Streich gespielt! Wir werden nachlässig."
„Ja, aber wenn wir das machen, dann verzeiht Lily mir niemals. Such dir gefälligst etwas Besseres, wenn du willst, dass ich mitmache!", rief ein aufgebrachter James und stürmte ohne sich umzusehen durch den Gemeinschaftsraum hinauf zu den Schlafsälen.
„Na, der hat aber eine Laune", sagte eine Stimme, die nach der von Sirius klang. „Dann soll er sich eben selbst einen Streich ausdenken. Pah ..."
Kurz darauf kamen auch schon Sirius und Remus in den Raum und wollten es sich gerade vor dem Kamin gemütlich machen, als sie die Zeitreisenden entdeckten, die fragend zu ihnen hinüberblickten.
„Schau, leisten wir unseren Neuen Gesellschaft", schlug Sirius vor und die beiden kamen zu ihnen herüber.
„Was war denn da gerade los?", wollte Harry wissen. Er hatte gedacht, dass sein Vater und Sirius beste Freunde waren. Dass er nun erlebt hatte, wie sie sich stritten, erstaunte ihn mehr als nur ein bisschen.
„Oh, Krone hat schlechte Laune", winkte Sirius ab und ließ sich auf der Armlehne Harrys Sofa nieder, während sich Remus einen großen Sessel herbeizog. „Das geht schon vorbei, keine Angst. Manchmal ist er nur einfach ein wenig trotzig. Er klingt sich schon wieder ein."
„Es ist wirklich alles in Ordnung. So etwas kommt zwischen diesen beiden immer wieder mal vor. Sie bleiben trotzdem Freunde", beruhigte Remus die Zeitreisenden.
„Ja, James ist einfach ein Idiot, damit muss man leben", bestätigte Sirius die Aussage seines anderen Freundes. „Aber er wird schon noch nachgeben. Er weiß, dass meine Idee super ist."
„Was für eine Idee denn?", wollte Ron wissen.
„Glaubst du, das sage ich dir?", meinte Sirius. „Dann würde es ja keine Überraschung sein und du wüsstest dich zu verteidigen."
„Aber ..."
„Nein, nein. Du wirst es schon noch erfahren – wenn es dann so weit ist."
„Oh, bitte."
„Egal. Wer ist bei einer Runde Snape explodiert dabei?"
„Ähm –", begann Ginny.
„Nein, ihr habt doch gerade eure Hausaufgaben beendet, oder? Wenn ihr Zeit für solch eine unnütze Sache habt, dann habt ihr auch Zeit für ein paar Partien Kartenspiel."
Die Zeitreisenden wechselten einen Blick miteinander. „Warum eigentlich nicht ..."
„Super!", rief Sirius aus. „Ich hole schnell die Karten, wartet hier!" Er sprang auf und lief zu den Schlafsälen.
„Eine gute Entscheidung", sagte Remus sobald Sirius verschwunden war. „Ihr hättet ihn nicht umstimmen können. Wenn er sich was in den Kopf gesetzt hat, dann ..." Er schüttelte seinen eigenen. „Nur James hat es bisher geschafft, ihn umzustimmen, wenn er entschlossen war, etwas zu tun."
Sie saßen kurz schweigend da, dann kam Sirius wieder zurück in den Gemeinschaftsraum. „So ... die Karten sind da!", rief er aus und begann sogleich, auf dem Tisch zwischen ihnen ebendiese Karten aufzulegen. „Ich erkläre euch einfach mal das Spiel! Moony, spielst du auch mit?"
„Ja." Remus nickte. „Klar."
„Gut. Möchtest du das Spiel erklären, oder ich?"
„Du kannst das gerne übernehmen", meinte Remus. „So toll ist das nicht, dass ich nicht darauf verzichten könnte."
„Also gut. Dann erkläre ich es euch einfach mal. Ich denke nämlich nicht, dass ihr dieses Spiel in der Provinz, aus der ihr kommt, kennt."
„Wieso sollten wir es nicht kennen?", fragte Harry. „Das Spiel ist doch ganz bekannt."
„Weil es erst vor kurzem in Hogwarts erfunden wurde – vielleicht kennt ihr also das Originalspiel, doch mit den zusätzlichen Regeln, die es zu Snape explodiert gemacht haben, kennt ihr es sicherlich noch nicht. Also ... es ist grundsätzlich so, wie das Spiel Explodiere!, nur dass ..."
Sirius begann ihnen die Spielregeln zu erklären, die die Zeitreisenden schon längst kannten. Allerdings fand Harry es interessant zu erfahren, wie sich das Spiel über die Zeit verändert hatte. Es gab ein paar Regeln, die das Spiel etwas verwirrender machten, die zu ihrer Zeit gar nicht mehr bekannt waren, während einige Regeln, die Harry zu ihrer Zeit als selbstverständlich erachtet hatte, hier noch gar nicht beachtet wurden.
Als Sirius zu Ende erklärt hatte, betrat James mit schnellen Schritten den Gemeinschaftsraum. Sirius entdeckte ihn auch sogleich und winkte ihn zu sich. „Hey, Krone! Willst du mitmachen? Ich bringe den Neuen gerade Snape explodiert bei!"
Doch James warf seinem Freund nur einen kurzen, genervten Blick zu und setzte dann seinen Weg zum Portraitloch fort. „Nein danke, ich habe noch was zu tun. Ich ... ähm, muss ein wenig für die Kräuterkunde Hausaufgabe recherchieren. Wenn du was brauchst, ich bin in der Bibliothek. Aber ich wäre dir dankbar, wenn du mich nicht stören würdest, ich werde schon rechtzeitig kommen." Dann trat er hinaus auf den Gang und das Portrait schwang hinter ihm wieder zu.
Sirius runzelte die Stirn. „Was redet der denn da?", fragte er mehr sich selbst als die anderen. „Er hat die Kräuterkunde Aufgabe doch schon längst erledigt, er hat mich vor ein paar Tagen abschreiben lassen ... Und seit wann geht er denn bitte freiwillig in die Bibliothek?" Er blickte ihm verwirrt nach. „Ach, egal, lasst uns jetzt spielen, ja?", fragte er in die Runde.
Die anderen nickten. Das Spiel würde eine schöne Ablenkung sein.
Vier Tage waren vergangen, seit James sich vorgenommen hatte, Lily vor den Neuen zu warnen, doch in diesen vier Tagen hatte er nie die Chance bekommen, sie alleine abzufangen. Entweder waren die Rumtreiber mit ihm unterwegs oder Lily war gerade mit anderen Schülern zusammen gewesen – manchmal auch mit den Neuen, was James ziemlich wütend gemacht hatte. Sie verbrachte mehr Zeit mit denen, die überhaupt nicht vertrauenswürdig waren, als mit ihm! Zu sagen, dass er ein wenig eifersüchtig geworden war, war ziemlich untertrieben. Auch machte ihn die Sorge um Lily krank – was wenn diese fünf mit Voldemort zusammenarbeiteten? Vielleicht hatte dieser sie ja als Spione eingesetzt, mit dem Ziel, Hogwarts zu infiltrieren. Andererseits ... hätte er sie dann nicht über alle Häuser aufgeteilt? Warum sollten sie nur nach Gryffindor kommen? James wusste es ehrlich gesagt nicht, doch sein Gefühl sagte ihm, dass diese Neuen etwas verbargen; etwas großes und gefährliches.
Er erreichte die Bibliothek und trat ein. Dahinter empfing ihm die Ruhe, die immer in diesem Raum herrschte seit Irma Pince Bibliothekarin geworden war und vielleicht auch schon länger. James wusste er nicht, er davor noch nicht in Hogwarts gewesen, doch er hatte vor ein paar Jahren ältere Schüler darüber diskutieren gehört, wie die Regeln in der Bibliothek nun so streng geworden waren. Zuvor hatte man zwar nicht laut reden dürfen, doch man hatte ein paar Regeln, wie zum Beispiel die des Essenverbotes, manchmal einfach ignorieren können. Wenn man sich benahm und die Bücher mit genügend Vorsicht behandelte, hatte der alte Bibliothekar, Mr. Fineman, nichts gesagt. Das hatten dann vor allem die Schüler genossen, die die Nachmittage dort verbrachten um zu lernen und nicht immer, wenn sie Hunger oder Durst hatten, hinab zur Küche gehen wollten – wenn sie überhaupt wussten, wo sich die Küche befand. Er bezweifelte stark, dass das überhaupt so viele taten.
Mrs. Pince nickte ihm zu. „Mr. Potter", sagte sie und sprach den Namen ein wenig angeekelt aus. James vermutete, dass er keinen guten Eindruck bei ihr hinterlassen hatte, als er sich mit Sirius, Remus und Peter einmal in die verbotene Abteilung geschlichen hatte. Doch das war schon Jahre her und das Bibliotheksverbot war ihnen mittlerweile erlassen worden. Er war vollkommen im Recht, hier zu sein.
Er erwiderte den Gruß und verschwand dann hinter den Regalreihen. Er war nicht auf der Suche nach Information über seinen Kräuterkunde Aufsatz hier her gekommen, wie er Sirius gesagt hatte, sondern weil er gehört hatte, wie Lily am Vormittag ein paar Drittklässlern angeboten hatte, in Zaubertränke zu helfen. Das hier war nun die ideale Gelegenheit, mit Lily zu sprechen, ohne dass ihn irgendjemand dabei stören würde. Sirius würde nicht in die Bibliothek kommen, dessen war er sich sicher. Sirius verabscheute die Bibliothek, genauso wie er alles verabscheute, das mit der Schule zu tun hatte, oder so sagte zumindest sein Ruf. James wusste, dass das so nicht stimmte. Sirius hatte nichts gegen die Schule, im Gegensatz, früher hatte er sich sogar immer darauf gefreut, wenn auch nur, um seiner schrecklichen Familie für ein paar weitere Monate zu entkommen. Er war einfach nur gut in der Schule und hatte es nicht nötig, viel zu lernen. Auch gab es Sachen, die Sirius wichtiger waren als gute Noten, wie etwa seine Freunde und die Freude am Leben. Doch Sirius war auch eine Person, der sein Ruf ziemlich wichtig war und als er den Ruf der Schule ablehnenden Tunichtguts angenommen hatte, hatte er sich selbst zumindest nach außen hin so angepasst, dass er auch da genau so hineinpasste.
James schlenderte durch die Buchreihen, auf der Suche nach Lily. Als er dann Stimmen hörte, folgte er ihnen bis zu einem langen Tisch an einem hellen Fenster. Doch auch dort war Lily nicht. Ein paar Slytherin Siebtklässler saßen dort und arbeiteten gerade an etwas, das James nicht gut sehen konnte. Allerdings war er sich sicher, dass es sich um keine Hausaufgaben handelte. Er trat wieder zurück in die Schatten der Bücherregale bevor die Jungen und Mädchen ihn noch bemerkten. Auch wenn er früher oft einem Streit nicht aus dem Weg gegangen war, so hieß das noch lange nicht, dass er nach einem suchte. Vor allem nicht, wenn er gerade etwas anderes vor hatte, wie zum Beispiel Lily zu suchen und sollte sie ihn dabei entdecken, dass er sich mit Slytherins stritt, so konnte er die Liste voller Argumente gegen die Neuen, die er in seiner Tasche mit sich herum führte, gleich zerreißen und in den nächsten Mistkübel werfen, denn Lily würde ihn nicht einmal eines Blickes mehr würdigen, geschweige denn seinen Worten zuhören und auch noch darüber nachdenken.
Er gab zu, er hatte schon viele Chancen mit der Rothaarigen verpatzt indem er sich einfach so mal mit den Slytherins duellierte. Doch damals war er ein verwöhnter kleiner Junge gewesen, der von seinen Eltern alles nur Erdenkliche bekommen hatte und hatte jede Gelegenheit genutzt, sich in seinem Kampfkönnen bei seinem Vater, dem tollen Auror, und bei seiner Mutter, die in der magischen Strafverfolgung arbeitete, zu beweisen. Seine Eltern waren auch stolz gewesen, als er ihnen in den Ferien vorgeführt hatte, welche Zauber er schon alles beherrschte, auch wenn es gegen das Gesetz verstieß. Dass jemand Kampfzauber so sehr verabscheuen konnte, wie Lily das tat, hätte er nie gedacht, denn bei seinen Eltern war so etwas ja nun mal alltäglicher Stoff. Doch Lily verabscheute auch jegliche Form von Gewalt, selbst wenn sie zur Selbstverteidigung eingesetzt wurde ... James hatte einige Zeit gebraucht, bis er verstand, warum Lily das so sah.
Wieder in sicherer Distanz zu den Slytherins ging James weiter durch die Buchreihen. Als er bei den Büchern über Zaubertränke angekommen war, schien er schließlich Glück mit seiner Suche zu haben.
„... und das bewirkt dann, dass sich der Trank zu den verändert, den man in jeder Apotheke kaufen kann. Versteht ihr das?", hörte James Lily sagen.
„Ja! Vielen Dank, Frau Schulsprecherin!", antwortete ein Mädchen.
„Was habe ich denn gesagt? Nennt mich einfach Lily. Und ich habe das gerne gemacht, wenn ihr noch einmal Probleme haben solltet, dann fragt mich einfach. Ich bin jederzeit bereit, zu helfen."
„Danke sehr, Lily", meinte nun ein Junge und James ging auf die Stimmen zu, um etwas sehen zu können.
Als er das Ende der Reihe aus Bücherregalen erreichte und um die Ecke spähte, sah er Lily sofort: sie saß in einem großen Polstersessel, umringt von etwa zehn Kindern, aus allen verschiedenen Häusern. Alle Kinder hatten ihre Schülbücher aufgeschlagen vor auf ihrem Schoß liegen und Lily bückte sich gerade, um ein Pergament, welches sie wegen des Fehlen eines Tisches notgedrungen auf den Boden gelegt hatte, aufzuheben.
„Und sollte noch eine Frage auftauchen, während ihr den Aufsatz schreibt, könnt ihr natürlich auch zu mir kommen. Oder ihr geht zu den Vertrauensschülern eures Hauses, oder auch zu denen eines anderen Hauses, und fragt die. Auch sie werden euch sicher helfen können."
Die Kinder nickten eifrig.
„Nun, dann denke ich, ist dieses Treffen beendet." Lily klatschte in ihre Hände und wie auf Kommando begannen die Drittklässler ihre Sachen einzupacken. Als sie sich dann auf den Weg aus der Bibliothek machten, verschwand James wieder hinter einigen Regalen. Er wollte ja nicht, dass die ganze Schule wusste, dass er sich hier aufgehalten und Lily beobachtet hatte.
Fünf Minuten musste er warten, bis alle verschwunden waren und nur noch Lily da war und ihre Sachen zusammensuchte. Dann stand sie auf und ging an den Regalreihen vorbei, mitten auf James zu. Dieser trat in eine der aus Regalen gebildeten Ecken und wartete, bis Lily fast bei ihm war, bis er ebenfalls auf den Gang trat.
Lily schrie leise erschrocken auf. „Verdammt, Potter! Was machst du denn hier? Das hier ist eine Bibliothek, falls du das nicht bemerkt haben solltest."
„Glaube mir, das habe ich bemerkt", antwortete James. „Ich muss mit dir reden."
Lily seufzte auf. „Muss das ausgerechnet jetzt sein, Potter? Ich wollte heute eigentlich noch meine Verwandlungshausaufgabe beenden."
„Ja", antwortete James stur. „Bitte?"
Lily zog eine Augenbraue in die Höhe. „Seit wann sagt der ach-so-tolle Potter denn bitte?"
„Haha. Lily, ich mein's ernst."
Lily schien zu verstehen, dass James wirklich sehr dringend mit ihr reden wollte, denn sie nickte und folgte ihm in eine Leseecke.
„Also", begann sie als sie sich auf einen der Hocker niedergelassen hatte. „Was willst du von mir?"
Jetzt oder nie hieß es nun für James. Er atmete einmal tief durch, ließ sich Lily gegenüber auf einen weiteren Hocker fallen und überlegte, was er als erstes sagen sollte.
„Ich will mit dir reden", begann er und Lily blickte ihn nur aufmerksam an. „Über die Neuen."
Er sah, wie Lily sich leicht anspannte, ein wenig die Stirn runzelte. „Ich weiß, dass du mit ihnen befreundet bist", sagte er schnell. „Aber ... meinst du nicht, dass sie etwas ... komisch sind?"
Glücklicherweise sprang Lily nicht sofort in die Verteidigung sondern beschloss, sich zuerst James Meinung anzuhören. „Komisch? Inwiefern?"
„Als ob sie etwas verstecken würden ... ein Geheimnis hätten. Irgendsowas. Denkst du nicht?"
„Vielleicht ..." Lily gab es nicht zu. Doch er war sich sicher, dass sie es auch bemerkt hatte – sie musste es doch bemerkt haben.
„Ich habe ein paar Gründe aufgeschrieben, was an ihnen seltsam ist", meinte er und fischte den Zettel, an dem er die letzten drei Tage lang gearbeitet hatte, aus seiner Tasche. Er hielt ihn ihr hin.
„Beginnen wir am ersten Tag: Sie sind in Dumbledores Büro aufgetaucht, ohne dass dieser etwas davon wusste – du hast es gesehen, wir waren beide dabei. Der Zustand in dem sie waren war auch etwas fragwürdig, sie waren ja nicht einmal bei Bewusstsein. Wer reist ohne bei Bewusstsein zu sein? Und überhaupt, wie konnten sie so plötzlich in Hogwarts auftauchen? Es gilt als bewiesen, dass man da nicht einfach so rein kommt. Nicht per Portschlüssel, nicht durch Apparieren, gar nicht. Wie aber haben sie das geschafft?"
Lily nickte langsam. „Du hast schon recht, das ist nicht ganz normal, aber ..."
„Lass mich erst fertig reden, ja?", fragte James. „Es sind hier noch andere Punkte vorhanden." Er deutete mit seiner freien Hand auf die Liste, die er immer noch Lily hinhielt.
„Als sie in Dumbledores Büro auftauchten, dachten sie zuerst, dass Dumbledore nicht er selbst war und nannten eine Hand als Grund – was?! Mehr fällt mir dazu nicht ein. Was um alles in der Welt sollte das für eine Argumentation sein? Und weshalb sollte jemand so tun, als wäre er Dumbledore? Sie wissen irgendetwas, was sonst niemand weiß. Weshalb? Und weshalb hat Dumbledore ihnen erst nicht vertraut und nachdem er uns rausgeschickt hat und mit ihnen geredet hat, vertraut er ihnen auf einmal so sehr, sie in der Schule aufzunehmen? Das macht keinen Sinn – es sei denn sie haben Dumbledore etwas erzählt, das ihn überzeugt hat. Nur was das sein könnte weiß ich nicht."
Lily blickte ihn nachdenklich an. „Na ja ... er könnte sie auch in Hogwarts behalten, damit er sie beobachten kann ..."
James Augen weiteten sich. „Ja! Du hast recht! Die Idee ist mir noch gar nicht gekommen. Vielleicht sind sie gefährlich und Dumbledore will nicht, dass sie sich Voldemort anschließen!"
„Nein." Lily schüttelte ihren Kopf. „Das ist jetzt aber wirklich Blödsinn. Ich glaube nicht, dass sie böse sind. Sie waren die ganze Zeit über nett zu mir – einer Muggelstämmigen – und waren total freundlich, überhaupt zu allen. Ich denke nicht, dass sie sich mit so einem Verhalten Voldemort anschließen würden."
„Trotzdem kannst du nicht leugnen, dass da etwas nicht stimmt."
„Ja", gab Lily zu. „Du hast recht, irgendetwas ist da."
„Und dann habe ich noch ein paar Punkte, die ich etwas später erst bemerkt habe", meinte James. „Sie gehen ganz selbstbewusst durch das Schloss, als ob sie schon Jahre lang hier gewesen wären. Ich habe sie noch nie in einer der Stufen stecken bleiben sehen und auch nichts in der Art gehört. Am Mittwoch hat Peeves sich einen Spaß daraus gemacht, die Erstklässler zu erschrecken, ich habe gesehen, wie er immer wieder aus einer Wand hervor gestürzt kam und die Kleinen erschrocken weggelaufen sind. Die Neuen sind daran vorbei gegangen und als Peeves aus der Wand geflogen kam, haben sie ihn begrüßt! Sonst nichts! Sie scheinen alles hier schon zu kennen, Lily, ich sage es dir. Sie sehen sich kaum die Portraits an, vor denen ich als Neuling stundenlang gestanden habe und sie studierte. Und heute haben sie von ganz alleine pünktlich in jeden Unterricht gefunden! Obwohl Freitag ist und sich jeden Freitag die Treppen verändern! Ich habe ein halbes Jahr gebraucht, um damit zurechtzukommen ..."
„Ich sage es nicht gerne, aber du hast recht, Potter ... Die Geschichte, die sie uns erzählt haben, kann nicht ganz wahr sein. Auch wissen sie sehr viel ... sie kannten zum Beispiel den Namen Rumtreiber obwohl ich weiß, dass ihr den nicht jedem verratet. Trotzdem denke ich nicht, dass sie einen Plot gegen uns oder Hogwarts schmieden. Weshalb sollten sie?"
James zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich doch nicht. Ich weiß ja auch nicht, weshalb sich Leute Voldemort anschließen. Es ist einfach so. Vielleicht gehört ihre Familie ja zu Anhängern von diesem Typen. Das würde zumindest erklären, weshalb sie nicht gerne über ihre Vergangenheit sprechen. Und auch, weshalb sie einen toten Bruder haben."
„Sie haben was?"
„Einen toten Bruder", wiederholte James. „Sie haben behauptet, sie wären in ihrem Dorf von Todesser angegriffen worden. Aber was sollten Todesser in einem Dorf wollen, in dem fast nur Muggel leben? Vielleicht hat der Bruder sie ja irgendwie verraten und wurde dafür getötet. Und diese fünf haben sich dann entschieden, in seinem Gedenken seine Arbeit zu vollenden."
„Jetzt wirst du aber schon ein wenig abstrakt", warf Lily ein. „Solche Geschichten von Verrat und Gefahr und Tod und Liebe ... die gibt es doch nur in Büchern!"
James schüttelte den Kopf. „Warum, es könnte doch sein. Das würde auch erklären, weshalb sie einen Groll gegen das Ministerium haben: sie wurden so erzogen zu glauben, dass das Ministerium nichts Gescheites macht."
Lily lachte. „Du solltest Autor von Abenteuergeschichten werden, James. Deine Bücher würden Bestseller werden."
James schnaubte beleidigt. „Ich versuche doch nur, ihrem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Es interessiert mich einfach, okay?!" Dann fügte er noch etwas leiser und um einiges ernster hinzu: „Und egal was zu sagst, ich vertraue ihnen einfach nicht. Dass dieser Harry so aussieht wie ich, das kann kein Zufall sein. Ich weiß nicht weshalb, aber Lily, ich weiß einfach, dass da mehr dahinter ist. Und ich will nicht, dass irgendjemand von meinen Freunden verletzt wird. Nicht Sirius, nicht Remus, nicht Peter. Und auch nicht du. Also gehe ich lieber auf Nummer sicher und werde dafür ausgelacht, als dass ich es nachher bereue. Und nun bitte ich dich, Lily, bleib von den Neuen fern. Zumindest bis ich weiß, was es mit ihnen auf sich hat und weiß, dass sie nicht jeden Moment zu Voldemort rennen werden und uns an ihn ausliefern. Versprichst du mir das? Ja?"
Lily war während seiner Rede ernst geworden. „Potter ... nein, James", sagte sie so freundlich, wie James sie noch nie mit ihm hatte reden hören. „Ich finde es wirklich lieb, dass du dir solche Sorgen um deine Freunde und auch mich machst. Aber denkst du, dass ich einfach daneben stehen und nichts tun werde? Nein, du hast recht. Du hast mich überzeugt. Ich habe auch Leute, die ich nicht verlieren will. Auch ich gehe lieber auf Nummer sicher, als meine Liebsten zu verlieren. Und deshalb, James Potter, werde ich dir dabei helfen, das Geheimnis der Neuen herauszufinden!" Sie war aufgestanden und stützte nun ihre Hände auf den Tisch. In ihren Augen brannte ein Feuer, das James Inneres verrücktspielen ließ. Das hier war der Grund, aus dem er sie liebte. Nicht, weil sie so schön war, ja, das auch, nicht, weil sie so klug war, auch wenn das natürlich auch sehr attraktiv war, und nicht, weil sie so liebenswürdig und freundlich zu jedem war, auch wenn auch das ein Grund war, aus dem er sich in sie verliebt hatte. Nein, er liebte sie, weil sie so eine Person war, wie auch er es war. Weil sie seine Seelenverwandte war. Weil sie stark und entschlossen war und für manche Menschen durch die Hölle gehen würde, um diese zu beschützen. Weil sie Lily war.
Er nickte. „Okay. Dann bist du jetzt wohl meine neue Verbündete."
Lily lächelte. „Abgemacht." Sie streckte ihm ihre Hand entgegen und er schüttelte sie.
In der Mitte der fünften Partie Snape Explodiert wurden sie durch einen Viertklässler unterbrochen, der sich ihnen schüchtern näherte. „Entschuldigung", begann er und spielte mit einem Brief in seinen Händen herum. „Ich ... ich solle euch das hier von Professor Dumbledore geben", sagte der Junge und hielt Harry, der sich im am nächsten befand, den Brief hin.
„Danke sehr", antwortete Harry und nickte dem Schüler zu, der ihn kurz anstarrte und dann schnell wieder verschwand.
„Was will Dumbledore denn von euch?", fragte Sirius.
„Weiß ich noch nicht", antwortete Harry schulterzuckend. „Ich habe es noch nicht gelesen." Er zog einen Zettel aus dem Umschlag und faltete ihn auseinander.
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En Temps Opportun
FanfictionEine Zeitreise? Ja, Zeitumkehrer sind der magischen Welt bekannt. Doch mehr als 20 Jahre in die Vergangenheit? Nein, so etwas wird selbst in der Zauberwelt nicht für möglich gehalten. Kein Wunder, dass da Harry und seinen Freunden gerade das passier...