Kapitel 36 | Eklige Gedanken

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Hinter mir fiel unsere Haustür knarrend ins Schloss und die Erste, die mir unter die Augen trat, war Tante Marie.

Meine Augen tendierten dazu sich jetzt zu verdrehen, doch ich wandte schlagartig meinen Blick von Marie ab. "Hallo, Harriet!" begrüßte sie mich lächelnd und legte ihre Hände ungeduldig auf ihre Oberschenkel.
"Wo steckt denn Caleb?" "Bestimmt in seinem Zimmer" gab ich kühl zurück.
"Nein, er ist noch nicht da gewesen" beharrte Tante Marie mit schiefem Kopf.

"Keine Ahnung. Er war nach dem Polizeistation Mist echt aufgewühlt, wahrscheinlich ist er nur bei Peter"
"Da hab ich schon angerufen"
Jetzt musste ich aber meine Augen verdrehen, wie fürsorglich war sie denn bitte neuerdings?
"Ach, wirklich?" fragte ich gespielt überrascht, denn eigentlich sollte mich gerade bei Marie's Verhalten nichts mehr wundern.

Den Abend an dem meine Eltern gestorben waren, hatte sie nämlich Lust gehabt eine kleine Dinnerparty zu veranstalten auf die Kosten meiner Nerven, versteht sich.
Denn Tante Marie hatte sich noch nie vor etwas gescheut, also hatte sie auch meinen Ex Freund eingeladen, ganz ohne schlechtes Gewissen.

"Dann erzähl mal!" forderte sie plötzlich gespannt. "Ich kann nicht viel sagen, frag einfach Caleb"
"Wieso denn ihn?" lautete ihre nächste Frage, so viele Fragen.

"Weil ich Sie nicht sehen wollte" erklärte ich mit flauem Magen und stellte mich auf den Absatz der Treppe, um Marie zu signalisieren, dass ich jetzt lieber in mein Zimmer gehen wollte. "Verstehe" murmelte sie betroffen. "Wenn du irgendwas auf dem Herzen hast, dann rede mit mir, okay?" "Okay" druckste ich entnervt und drehte mich einfach von ihr weg.

"Ich mach jetzt Hausaufgaben!" log ich lautstark, während meine Füße die Holzstufen empor rannten.

Ich sah es schon vor mir, gerade saß Marie schmollend unten in der Küche und grübelte, warum ich so abweisend zu ihr war. Sollte sie mich fragen, würde ich es ihr gerade heraus ins Gesicht spucken : 'Du bist kein Ersatz!'

Ganz einfach, das war keiner und wer dachte, er wäre ein Ersatz, der wusste nichts von meiner und Caleb's Situation. Meiner misslichen Lage, in der ich mich befand. Alles schwirrte in meinem Dickschädel herum und krachte gelegentlich gegen meine Schädeldecke, was mir Kopfschmerzen bereitete.

Mit einem Bauchknurren stürzte ich in mein Zimmer, auf mein Bett und unter die Scharr meiner Kissen.
Ganz tief hinein, um mich vor der grausamen Welt zu verstecken.

Terry, Peter, Brooke, meine Eltern...vor allem Terry brachten mich an den Rande der Verzweiflung und manchmal konnte ich vor purer Wut eine Wand einschlagen.

Wo war Caleb?
Mich überkam ein furchtbarer Schauer, nachdem ich mir Brooke und meinen Bruder erneut küssend vorgestellt hatte. Das war so...so grausam gewesen.
Ob er jetzt bei ihr war?

Schnell verbannte ich diesen Gedanken aus meinem Kopf und konzentrierte mich auf das Algebra Buch, das bereits vor mir lag.
Meine Gedanken schweiften jedoch sekündlich wieder ab und schließlich gab ich den Schulkram auf.

BetrayalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt