Der Frühlingsball
Es war ein Dilemma mit mir selbst gewesen.
Terry hasste Peter, Peter hasste Terry.
Das passte wie die Faust auf's Auge.Terry hatte ich erzählt, dass ich krank im Beg lag und nicht auch nur einen Fuß aus meinem Zimmer setzten konnte.
Peter hatte ich stolz verkündet, dass Terry nicht auf den Frühlingsball gänge. Alles in einem, habe ich zwei Freunde auf eine dreiste Art belogen."Das Kleid steht dir wirklich" beteuerte meine Tante Marie jetzt zum dritten Mal und ich nickte zögerlich. Sie fuhr behutsam über den Reiverschluss hinten an dem Kleid und ich konnte ihr Grinsen sehen.
Ihr Spiegelbild lies Sie alt aussehen und ihre Gesichtszüge glichen meiner Mutter sehr.Wie gebannt starrte ich Tante Marie's Bild im Spiegel an und spürte die Trägheit, die sich langsam auf meine Schultern lag wie schweres Blei.
"Du siehst Mutter so...-"
Ich hielt inne und schüttelte verächtlich den Kopf, als könnte ich mir somit meine Gedanken aus dem Kopf scheuchen.
"Vergiss das für heute Abend, ja?" meinte Marie beschwinglich und klopfte mir jetzt auf die Schultern, um mich ein wenig aufzuwecken."Du fährst mit mir!" unterbrach uns die strenge Stimme meines Bruders, der gerade die Treppe hinunter stolperte und währendessen seine Knöpfe an den Ärmeln zuknöpfte.
Caleb hatte seine Haare mit Schwung nach oben gekämt.
Sie sahen aus, als wäre er gerade als lebendiger Sieger aus einem Kampf heraus gegangen."Habt Spaß und seid bitte nicht sehr laut, wenn ihr nachhaus kommt" rief Tante Marie noch mit zusammen gebissenen Zähnen, wahrscheinlich ahnte sie, dass diese Bitte sowieso nicht eingehalten werden würde.
Nachdem ich mir meine Eltern, und all die traurigen Erinnerungen an sie, weitgehend aus dem Kopf geschlagen hatte, hielten wir schon an dem Schulparkplatz.
Ein erwartungsvoller Blick seitens von Caleb und das vermeintliche Klimpern seiner Autoschlüssel.Das Gleiche Klimpern, das ich in der Nacht hörte, in der Peter von meinem Baum gesprungen war.
Caleb musste nach zwei Uhr morgens erst gekommen sein, denn bis dahin hatte ich kein Auge zu bekommen."Und du gehst mit wem?" erkundigte er sich noch bei mir, ehe er den Wagen verließ. "Mit Peter" gab ich kleinlaut von mir und wartete auf das Augenrollen meines Bruders, doch es blieb aus. "Fängst jetzt schon an Tante Marie anzulügen" stellte er belustigt fest und schwang sich von seinem Sitz auf den Asphalt.
Mein Blick galt kurz den verloren wirkenden Leuten vor dem Eingang, die lauthals ein Lied trällerten und ich mir ziemlich sicher war, dass das Kompanen der Basketballmannschaft waren. "Du bist heute echt wie eine Schlaftablette" beschwerte sich mein Bruder, als er mir die Tür geöffnet hatte. "Ich bin nur aufgeregt" korrigierte ich ihn und zerrte an dem Stoff des Kleides, damit es nicht über den verschmutzen Parkplatz glitt.
"Ich frag' mich wo Peter wartet"
"Bestimmt drinnen"
"Warum hast du Brooke nicht abgeholt?" fragte ich Caleb, während wir auf die singenden Menschen zuliefen. "Warum gehst du nicht mit Terry?" lautete seine Gegenfrage, woraufhin meine Mundwinkel zuckten. Es bahnte sich ein Streit zwischen uns an, das lag merklich in der Luft.Deshalb spielte ich die Kluge und löste mich von Caleb.
Sobald wir in dem erhellten Flur, eingekesselt von Spinden standen, floh ich sofort in den Ballsaal und hielt Ausschau nach meiner Begleitung.Wieso mussten denn nur alle Jungs schwarze Anzüge tragen?
Das machte Vieles schwerer, als es eigentlich war.Schon wieder wurde ein altes Lied aus den Neunzigern gespielt und alle Ältern schwangen gekonnt das Tanzbein auf einer gekennzeichneten Linie vor der Bühne.
Kleine Tische zierten den abgenutzen Turnhallenboden, auf dem die singenen Typen draußen, mindestens schon zehn Mal ihre Spucke und ihre Bremsspuren hinterlassen hatten mussten.
Auf jedem dieser Tischlein befand sich eine kleine Kerze und irgendwo mussten auch Getränke ausgeschenkt worden sein."Hey, Harriet" begrüßte mich plötzlich eine unbekannte Stimme, weswegen ich mich auch nur zögerlich umdrehte.
"Ich bin's Cherly, wir sind im gleichen Biokurs" Ohne eine Reaktion zu zeigen, stand ich vor ihr und beäugte sie immernoch. "Ich wollte dir nur mein großes Beleid ausprechen, was deinen Eltern passiert ist...-"
Mein Mund klappte unwillkürlich auf und eigentlich wollte ich sie davon abhalten weiterzureden, doch irgendetwas in mir sträubte sich dagegen."Das wünsche ich wirklich keinem"
"Ich auch nicht" brachte ich schließlich mit gebrochener Stimme von mir. "Danke"
Cherly tauchte in dem Gedrängel unter, das sich mittlerweile im Ballsaal aufgestaut hatte und ich seufzte leise und keiner vernahm meine innere Verzweiflung.Ich fühlte mich jetzt viel unsicherer.
Mir wurde klar, dass es alle wussten. Alle wussten, dass ich keine Eltern mehr hatte, ja und wirklich alle würden sich heute bei mir für das entschuldigen.Mein Hals trocknete wie auf Knopfdruck aus und ich legte meine Hände an die Kehle, als würde ich mich jeden Moment übergeben müssen. Leute in Anzügen tümmelten sich an dem Getränketisch, wie Bienen um ihren Stock.
Zielstrebig richtete ich meinen Blick auf ein volles Glas und beschloss den Inhalt in mich hineinzukippen, einfach um die trüben Gedanken zu vertreiben.Gesagt, getan oder wie sagte man immer? Leichter gesagt, als getan?
Naja, es war niemand Vernünftiger da, der mich hätte aufhalten können.
Schließlich schüttete ich die Flüssigkeit in meinen wüstentrockenen Hals und spürte binnen weniger Augenblicke das brennende Jucken in meiner Kehle.
Alkohol.Was sollte es? , fragte ich mich amüsiert und zuckte mit den Schultern. Heute konnte ich nur so Spaß haben, auch wenn ein Glas zwangsläufig nicht sofort bedeutete, dass ich nicht mehr nüchtern war.
Aber wer würde schon am Ende des Abends wissen, wie oft ich mir nachgeschenkt hatte?
Es war eine verdammte Highschool, vollgestopft von Teenagern mit rebellischen Gedanken. In diesem Haufen voller Betrunkene würde ich untergehen."Harriet!" rief Peter's Stimme plötzlich unmittelbar in mein Ohr und ich erschrack, weil ich erwischt worden war. "Hey!" antwortete ich laut, da die Musik auch ziemlich laut gedreht worden war.
Seine Haare und sein Gesicht hätte man glatt in einer Unterwäschen Zeitung drucken können und er wäre sicher unter all den anderen Models noch sichtbar."Tut Mir Leid, dass ich zu spät bin. Ich erkläre es dir sofort" meinte Peter entschuldigend. "Willst du was?"
Sein Finger deutete auf den Bereich, an dem es Getränke gab und ich nickte eifrig."Heute mal was Starkes" sagte ich lächelnd, woraufhin er ebenfalls zu grinsen begann.
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Betrayal
Mystery / Thriller"Der Mensch ist kein Mensch, wenn er aufgibt zu kämpfen." Harriet Thompson, erst siebzehn und schon ist ein Typ hinter ihr her, der alles für sie tun würde und dem sie blind vertraut. Nach dem Tod ihrer Eltern sind ihr Bruder und sie auf sich allein...