"Hallo?" fragte ich leise in den Hörer, da die Sitzung im Nebenzimmer noch fortgeführt wurde, trotz des urkomischen Verhaltens meines Bruders.
"Hey, Harriet! Ich bin's Terry. Du hast nicht angerufen" Gedanklich schlug ich mir gegen die Stirn.
"Oh, Ja" presste ich hervor.
"Stimmt etwas nicht?" erkundigte er sich besorgt und ich schloss seufzend die Augen, wie gut er mich nur kannte."Hach, Caleb geht es nicht gut"
"Was hat er denn?"
Ich warf Einen Blick in Richtung Wohnzimmer.
"Unsere Eltern, das übliche eben" antwortete ich knapp und am anderen Ende war einige Sekunden lang nichts zu hören.
"Willst du vorbei kommen?" hörte ich dann meinen Freund erwartungsvoll fragen und ich legte meinen Kopf schief."Ich weiß nicht..."
"Komm schon" verlangte er nachdrücklich.
"Ich würde es für eine gute Idee halten, wenn du heute zu uns kommst und ein paar Worte mit Caleb wechselst" "Wieso das?" fragte er daraufhin unzufrieden.
"Tu mir einfach den Gefallen""Harriet, er hasst mich"
"Ja und warum eigentlich?" entfuhr es mir und im nächsten Moment unterdrückte ich ein Fluchen.
"Schön, ich komme gleich vorbei" knurrte er ins Telefon."Terry..." Er hatte einfach aufgelegt!
Entsetzt starrte ich unser Haustelefon an und schüttelte den Kopf.
Wenn Jungs wollten, konnten sie größere Zicken als Mädchen sein, das stand fest.Nach gut 30 Minuten hatte Dr. Cooper unser Wohnzimmer wieder geräumt und Terry erschien kurz nachdem unsere Seelsorgerin ihren Wagen aus der Einfahrt gelenkt hatte.
Geduckt hüpfte er unserer Haustür entgegen, die ich bereits für ihn offen hielt und ihm ein breites Grinsen dabei schenkte.
"Hey" stieß er trocken hervor und hielt inne, als er mich erreicht hatte.
Er trug das selbe Shirt von gestern und sah müde aus, wie immer.
"Komm rein" bat ich und trat beiseite, um Terry Platz zu schaffen.Zögerlich betrat er unser Haus und atmete tief ein. Sein Seitenprofil sah wirklich gut aus und ich wollte ihm gerade einen Kuss auf die Wange hauchen, als Caleb auftauchte.
"Was macht der hier?" fragte er hysterisch an mich gewandt.
"Er ist gekommen, um mit dir zu reden" entgegnete ich ihm ruhig und schob Terry auf Caleb zu.
"Er soll verschwinden""Er bleibt" stellte ich klar und warf meinem Bruder einen scharfen Blick zu. "Ich kann auch wieder geh-"
"Du bleibst" wiederholte ich und sah Terry ebenfalls warnend an.Mein Bruder starrte uns dessinteressiett entgegen und blieb am anderen Ende des Raums stehen.
Währenddessen versuchte ich Terry dazu zu bringen das Gespräch anzufangen, indem ich ihm einen Seitenhieb verpasste."Also..." keuchte er im Anschluss daran und ging einige Schritte auf Caleb zu.
Ich hielt mich ruhig im Hintergrund und hoffte inständig auf ein normales Gespräch zwischen den Beiden, obwohl der Gedanke daran schon unwirklich klang."Warum hassen wir uns eigentlich?"
Caleb quitterte mit einem Schulterzucken.
"Ich will nur, dass wir uns einigermaßen verstehen" erklärte mein Freund mit fester Stimme und ich war stolz auf ihn, Dass er das für mich tat.
"Ihr Zwei versteht aber nicht, dass ich das nicht will" erwiderte er schroff und ich signalisierte Caleb mit meinen Blicken, dass ich ihm den Kopf abhackte, wenn er nicht sofort freundlich wurde.Das ging ihm wohl am A**** vorbei.
"Hau einfach ab"
Terry drehte sich unsicher zu mir um und blickte mich fragend an.
Ich deutete ihm, weiterzumachen wie bisher, woraufhin er widerwillig seine Augen verdrehte."Wir können uns doch aussprechen" bot Terry meinem Bruder offen an, dieser verschränkte lustlos seine Arme und formte Seine Lippen zu einem deutlichen :"Nein!"
Jetzt musste ich etwas sagen.
Wie kindisch und sturr war er denn bitte?"Jetzt stell dich nicht so an!" verlangte ich genervt. "Ich hab keine Lust auf ihn" sagte Caleb beleidigt und ich war kurz vor einem Ausbruch.
"Caleb" sang ich mit hoher Stimme.
"Nein, okay?" rief er verägert. "Du hörst mir nicht zu, dann hör ich ihm auch nicht zu" "Ich hör dir schon zu!" widersprach ich ihm."Du hälst mich für durchgeknallt.
Erst die Anderen, jetzt du auch noch" meinte mein Bruder vorwurfsvoll und sah verletzt zur Seite.
"Nein, Ich..." Sprachlos suchte ich Terry's Blick, der mir wieder Halt verleihte. "Ich tu das nicht"
"Und jetzt lügst du mich auch noch an"Was sollte ich denn jetzt noch sagen?
Egal was ich sagte, er verwand es gegen mich und ich sah keinen Sinn mehr in dem Ganzen."Du sprichst in Rästeln, wie soll ich dich verstehen?"
"Leckt mich doch" murmelte Caleb und verschwand durch die Tür.
Entnervt warf ich Terry einen Blick zu, der schulterzuckend auf mich zu kam.Während er mir beruhigend auf die Schulter klopfte, entschied ich mich Caleb nicht hinterher zu rennen.
Sollte er doch schmollen, er würde mich sowieso nur abweisen."Ich hab's geahnt" meinte mein Freund und zuckte nochmal mit den Schultern.
Ich wich zurück, da ich gerade wirklich keinen Körperkontakt haben wollte und legte meinen Kopf schief.
Was sollte ich nur mit meinem Bruder machen?Ein Hoffnungsloser Fall.
Sag das nicht!
hörte ich meine innere Stimme rufen und versuchte sie durch ein Kopfschütteln loszuwerden.Er ist nicht verrückt.
"Was soll's" stieß ich hervor und seufzte anschließend.
"Soll ich ihm vielleicht nachgehen?" wollte Terry wissen und ich verneinte bestimmt. "Er ist ein...-" "Er scheint wirklich durch den Wind zu sein" beendete er meinen Satz und diesesmal nickte ich leicht.Wenig Schritte trennten uns noch und dennoch meinte ich etwas an meinem Arm zu spüren, komisch.
"Komm mit zu mir" bat mein Gegenüber und lächelte mich flehend an. "Ich weiß nicht..." druckste ich und dachte an Marie, die mit mir Vorbereitungen zur Beerdigung erledigen wollte und Schularbeiten musste ich auch noch machen.
"Ich gehe morgen wieder zur Schule und danach..." "Warum denn jetzt nicht?" "Weil ich noch was zu tun habe" erklärte ich ihm mit hitzigem Unterton. "Verstehe" murmelte er.
Und er war beleidigt, toll.
"Hast du etwa vor dich mit Peter zu treffen?" fragte er traurig.
"Wie kommst du auf das?" verlangte ich zu wissen und er spitzte seine Lippen. "Ich hab ihn gestern gesehen, als er aus deinem Haus ist"
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Betrayal
Mystery / Thriller"Der Mensch ist kein Mensch, wenn er aufgibt zu kämpfen." Harriet Thompson, erst siebzehn und schon ist ein Typ hinter ihr her, der alles für sie tun würde und dem sie blind vertraut. Nach dem Tod ihrer Eltern sind ihr Bruder und sie auf sich allein...