Kapitel 25

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Tja, und heute ist Weihnachten. Toll! Yey! Wie schön! Merry Christmas! Mal wieder Ironie. Ich mag Ironie. Sehr gerne. Irgendwie. "Andreas?", reißt mich Chris aus meinen Gedanken. Wir sitzen zu viert am Esstisch und warten auf die Kleinen. Darauf, dass sie runter kommen und mit uns frühstücken wollen. Wie eigentlich jedes Weihnachten. Aber dieses ist anders. Ganz anders. Weihnachten ist anders! Haha, was für ein Witz! Was haben wir gelacht, Andreas! Schon wieder Ironie. Lustig. "Andreas?", wiederholt Chris jetzt. Oh, ich habe ja gar nichts gesagt. Sorry. "Hm?" "Gehen wir in den Gottesdienst wie eigentlich immer oder bleiben wir heute hier?", fragt Chris. "Wie die Kids wollen. Wenn sie keine Lust haben gehen wir nicht! Ich möchte sie nicht noch zu irgendetwas zwingen!", antworte ich, was dann eigentlich "Nein!" heißt, da die Kids niemals freiwillig in den Gottesdienst gehen würden. Chris nickt verständnisvoll. "Okay!" Dann kommen die Kids. Erst Moritz mit Lotta, dann Michel. Kleiner Trödler. Und wir frühstücken. Eigentlich leckere Sachen, aber mir schmeckt nichts so richtig. Weder der Weihnachtsstollen, noch irgendwelche Plätzchen, noch irgendwelche Brötchen. Nichts. Und den anderen scheint es nicht anders zu gehen. Wir essen erst, dann machen wir einen langen Schneespaziergang, essen zu Mittag, danach packen die Kinder ihre Geschenke aus. Und freuen sich mehr oder weniger. Na doch, Michel freut sich wirklich bei manchen Dingen und Moritz versucht, auch so zu tun. Aber ganz gelingt es ihm nicht. Das darf man natürlich auch nicht erwarten! Und dann gucken wir noch alle zusammen den Film "Der kleine Lord". Tradition bei uns. Eigentlich auch den ganzen Film, aber an dem Abend brechen wir schon nach der Hälfte ab. Moritz hat sich bereits nach dem Geschenkeauspacken in seinem Zimmer verkrochen, Michel spielt müde ein paar Runden von dem Spiel, was er geschenkt bekommen hat, und Lotta ist eh eingeschlafen. Dabei haben wir erst sieben! Da kann doch kein normaler Mensch müde sein! Na gut, Chris und ich schon, weil wir die halbe Nacht wach waren, aber die Kids? Noch so erschöpft? Wahrscheinlich einfach zu viel Aufregung in den letzten Tagen. Ich habe mich auch dazu entschlossen, ihnen lieber viel Ruhe und mehr für sich zu lassen. Außer Lotta natürlich. Um die Kleine kümmere ich mich die ganze Zeit. Aber sie ist abends immer früh müde. Schön, was? Sylvia, Mama, Chris und ich reden dann auch lieber noch ein bisschen, bis wir uns in die Betten legen. Was sollen wir auch machen? Irgendeinem anderen kitschigen Weihnachtsfilm anschauen? Nein Danke! Da sind wir ja nicht in der richtigen Stimmung für! Echt nicht.
Ich weiß, ich habe den Tag nicht sehr genau beschrieben. Aber es gab nicht wirklich etwas erstaunliches. Uns war allen etwas langweilig und wir hatten alle miese Laune. "Das Fest der Liebe"...Das ich nicht lache! Tolles Fest der Liebe. Vor allem für mich. Daran habe ich oft gedacht an dem Tag...Auch, als ich dann irgendwann eingeschlafen bin. War wohl doch etwas zu lang in der letzten Nacht.

Am nächsten Morgen werde ich davon wach, dass jemand an meiner Schulter rüttelt und immer wieder "Andreas!", sagt. Verschlafen öffne ich ein Auge.  Chris sitzt an meiner Bettkante. "Andreas! Du musst aufstehen! Sofort!", ruft er fast. "Was? Aber warum denn?", gähne ich und öffne genervt das zweite Auge. "Andreas, Saskia ist da. Unten. Und sie will mit dir reden!" Was? Was macht die denn hier? Einen Tag nach Weihnachten! Sofort bin ich hellwach. "Okay!", gebe ich schließlich einfach zurück und rolle mich mal wieder müde aus dem Bett. "Ich bin in zwei Minuten unten!", meine ich noch und tappe dann ins Bad. Boa, das geht grad alles schnell! Ein Blick in den Spiegel reicht, um mir klar werden zu lassen, dass ich das mit den zwei Minuten sogleich knicken kann. Schrecklich sehe ich aus! Tiefe, dunkle Augenringe und leichenblass. Warum bin ich denn so blass? Sonst war meine Haut nie so weiß. Naja, Chris hat da doch sicher irgendein Puder, das ich mir ganz kurz ausleihen darf! Chris hat immer Puder dabei...Manchmal nervig, aber gerade vielleicht hilfreich. Mit einem jetzt schon schlechten Gewissen greife ich zu Chris' Waschtasche, die er auf einer Ablage platziert hat. Ich bin eigentlich nicht so ein Aufstyle-Typ, aber in dem Zustand kann ich meiner Feindin nicht gegenüber treten. Nein, dann würde sie sehen, wie scheiße es mir geht, und das wäre mein Untergang. Verblüfft dadrüber, was ich alles in Chris Tasche antreffe, durchwühle ich diese. Haarspray (in fünffacher Ausführung), Duschgel, Handcreme,...Ach, Chris, komm schon! Da reist du auf Tour immer mit deinem halben Badezimmer an und jetzt finde ich nicht mal eine einfache Grundlage? Nicht dein Ernst... Ah, was ist denn das? "Puder", kann ich auf der Verpackung lesen. Ah, Puder! Ma endlich! Puder macht doch alles besser, oder? Also gleich mal ordentlich davon und Gesicht geklatscht. Okay, das sieht wirklich noch blöder aus als vorher! Das war viel zu viel Puder! Shit! Ich habe das ja auch noch nie selber gemacht. Verzweifelt wische ich noch irgendwie in meinem Gesicht herum. Noch während ich erbittert mit dem Puder kämpfe, klopft es an der Tür. Oh je, wer auch immer es ist, er darf mich so nicht sehen! Hilfesuchend blicke ich mich im Bad um. "Andreas? Ich muss mit dir reden!", dringt eine kalte, laute Stimme an mein Ohr. Saskia! Ganz klar. Was fällt der ein, hier einfach hoch zu kommen? "Bin gleich fertig!", erwidere ich möglichst ruhig und gelassen. Aber meine Stimme zittert doch ein wenig. Auch, wenn ich es mir nicht eingestehen will, ich habe Angst vor Saskia. Vor ihrem Charakter. Ihrem kalten, erbarmungslosen Charakter. Einfach Angst. Mit kaltem Wasser versuche ich, das Puder aus meinem Gesicht zu spülen. Aber mein Gesicht bleibt braun/ weiß gefleckt. Oh, Mann! Ich greife nach der Puderschachtel, um  nach zu lesen, wie man das ganze wieder abkriegt, als ich noch auf der Vorderseite die fett gedruckten Worte "Wasserfest für Sport und andere Aktivitäten" lese. "Och, ne!", grummle ich und lege die Packung wieder beiseite. Noch ein letztes Mal schrubbe ich mit einem Schwamm in meinem Gesicht herum, dann gebe ich auf. Ich glaube, ich sah noch nie so dämlich aus. Mein Gesicht ist weiß/braun/rot gefärbt und die Augenringe sind noch genau so sichtbar wie vor der Puderaktion. Na super! Toll gemacht! "Andreas! Komm jetzt bitte da raus!", höre ich Saskia vor der Tür drängeln. "Ja, ja! Gleich!", rufe ich zurück und drehe mich zu der Bank um, auf die ich immer meine Anziehsachen für den nächsten Tag bereitlege. Aber zu meinem Entsetzen finde ich dort nur Chris' rote Lederjacke und meine Jogginghose. Na, toll! Ich hab wohl gestern Abend vergessen, etwas für morgen bereitzulegen. Und vor der Tür lauert Saskia. Was jetzt? Es bleibt mir eigentlich gar nicht viel übrig. Also streife ich mir schweres Herzens meinen Schlafanzug über den Kopf und stattdessen die Lederjacke und die Jogginghose über. Okay, jetzt sehe ich wirklich aus wie ein total Irrer. Ich denke, es ist die größte Demütigung meines Lebens, als ich nun als eine Art Vogelscheuche aus dem  Bad trete und direkt vor Saskia zum Stehen komme. Diese blickt allerdings gar nicht überrascht oder irritiert drein, sonder eher, als hätte sie schon geahnt, dass ich so nach ca. eine Viertelstunde aus dem Bad komme. "Also mir ist es zwar ein echtes Rätsel, wie Steffanie dich jemand geliebt haben kann!", stichelt Saskia dann doch.  "Gleichfalls!", gebe ich nur böse zurück. Ja, das ist mir wirklich auch ein echtes Rätsel. Wie kann Steffi lebend bei ihrer Mutter aufgewachsen sein?

Die Magie des Kämpfens❤ (Ehrlich Brothers Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt