Kapitel 87

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"Was? Wer? Und dieser fremden Frau haben sie einfach meine Tochter mitgegeben?", bin ich völlig entgeistert. Das kann doch wohl nicht wahr sein! "Nein, nein, nein, Sie verstehen nicht!" Am anderen Ende ist ein entnervtes Seufzen zu hören. Was? Was verstehe ich denn nicht? Diese komische Frau von dem Kindergarten hat mir gerade gesagt, dass sie Lotta einer Frau mitgegeben hat, die dort war! Was kann man daran nicht verstehen? Ich stampfe einmal auf. "Wir haben sie natürlich keiner fremden Frau mitgegeben! Das würden wir doch niemals machen!" Sie scheint ehrlich empört. Aha. Klang aber grad so! "Sie haben neulich ein paar neue Notfall-Nummern angegeben, erinnern Sie sich? Für genau den Fall, dass Sie mal nicht zum Abholen erscheinen! Und da haben wir eben angerufen!", erklärt die Frau und mir geht langsam ein Licht auf. Ja, daran erinnere ich mich jetzt wieder! Ich habe Mimi angegeben...Ach, Mimi hat Lotta abgeholt! Na dann. Dann bin ich ja beruhigt. Hätte ich mit eigentlich denken können. Ich atme aus und schließe für einen Moment die Augen. Sie ist bei Mimi. Alles gut. Ja, alles gut. Puh, hab ich mich schon erschreckt! "Brauchen Sie noch etwas?", erkundigt sich die Dame an Telefon nun immer noch genervt. "Nein, nein, vielen Dank!", sage ich zerknirscht und lege schnell auf, bevor ich noch eine neue Chance bekomme, mich zu blamieren. Boa, was für eine Ziege, diese Frau eben! "Und?" Chris steht vor mir und sieht mich erwartungsvoll an. "Sie ist bei Mimi!", antworte ich, "Komm, lass uns zu ihr fahren und sie abholen, dann können wir danach schnell zu den Jungs!" Chris nickt einverstanden. "Klar! Sorry, dass ich dich so abgelenkt habe!" Fast schon schuldbewusst heftetet seinen Blick auf den Boden. "Du bist nicht dafür verantwortlich, Chris! Ich alleine bin das!", widerspreche ich ihm und halte ihn kurz an deiner Schulter fest. "Ich hatte gerade echt einen richtig schönen Abend, ja? Und daran bist du nicht ganz unschuldig!", versuche ich ihn weiter aufzumuntern, als er nicht wirklich reagiert. Schweigend steigen wir dann in mein Auto und schnallen uns an. Auf zu Mimi! Und dann zu meiner Jungs. Wieder gut machen, was ich verbockt habe. Ja, alles wieder gut machen.

~eine Stunde später~

Regen. Passend zu meiner Stimmung. Die ist nämlich in den letzten Minuten komplett in den Keller gegangen. Wegen des ganzen Stresses und den ganzen Schuldgefühlen. Schnell den Scheibenwischer an. Inzwischen haben wir Lotta schon bei Mimi abgeholt und sind auf dem Weg in den Sonnenblumenweg. Mimi meinte, die Straße wäre bei ihr ganz in der Nähe. Jetzt ist nur noch die Frage, was Mimi unter "ganz in der Nähe" versteht, denn wir hocken nun schon fast zwanzig Minuten mit meiner kleinen Tochter im Auto und suchen diese blöde Straße. Ach, ihr fragt euch sicher, weshalb wir kein Navigationsgerät benutzen? Tja, hätten wir gerne, nur leider hat das Gerät soeben beim Einschalten seinen Geist aufgegeben. Super, oder? Warum nicht! Nie ist auf de Technik Verlass...
"Daaaaaa!", schreit Chris nun aufgeregt auf und deutet auf ein Straßenschild ein paar Meter entfernt. "Sonnenblumenweg" kann auch ich nun darauf lesen. Ja, Mann! Na endlich! Wurde aber auch Zeit! Sogleich gebe ich erneut Gas, um noch mal Zeit zu schinden. Ob sie wohl inzwischen doch böse auf mich sind, meine Jungs? Hoffentlich nicht...
Kaum habe ich mit quietschenden Reifen vor der Haustür Nummer elf gehalten, schnalle ich mich an, springe aus dem Wagen und eile durch den Regen zu der Haustür aus schwarzen Holz. Wo ist die Klingel denn? Suchend blicke ich mich um. Oh, Mann, nicht einmal das klappt gerade! Was kann denn noch schief laufen? Ach, komm, das wird mir grade ehrlich gesagt viel zu viel! Ich habe jetzt keine Lust mehr, noch ewig eine blöde Klingel zu suchen! Nein, gar kein Bock! Wütend klopfe ich einfach dreimal laut mit meiner Hand gegen das Holz. Okay, ja, ich hämmere mehr... Was ich allerdings im nächsten Augenblick schon wieder bereue. Die Eltern von Moritz' Freund hier müssen ja jetzt denken, ich wäre total bekloppt! Vergesse erst meine eigenen Kinder und komme dann so hier an! Wie peinlich! Jetzt schwingt auch schon die Tür auf und Michel schießt heraus. Wie ein Pfeil kommt er auf mich zu und fällt mir um den Hals. Wow, nicht so stürmisch, Kleiner! "Papa! Endlich bist du da! Ich habe mir so Sorgen gemacht, dass dir etwas passiert ist, als du nicht gekommen bist, um uns abzuholen! Wenn dir was passiert, dann sind wir alleine!", schluchzt er und vergräbt sein Gesicht in meinem Mantel. Oh, wie süß! Ich schmelze innerlich! Der Kleine hat sich um mich gesorgt...Was sagt man dazu? Am besten "Entschuldigung!", was? "Es tut mir echt so leid!", spreche ich meine Gedanken auch schon as und drücke ihn einen Kuss auf den Kopf. Da fällt ein Schatten auf mein Gesicht. Moritz steht vor mir. Mit seinem eigenen und dem Schulranzen seines Bruders. Lieb Und er mustert mich mit einem sonderbaren Gesichtsausdruck. Auf der einen Seite irgendwie erleichtert, auf der anderen tadelnd und ein bisschen abwertend. Naja, so würde ich wahrscheinlich auch an seiner Stelle gucken! "Es tut mir echt leid!", wiederhole ich schnell nochmal so laut, dass auch er es höre kann. Mein Großer lächelt und nickt nur vielsagend. "Schon verziehen!", sagt er sozusagen damit. Ach, das ist schön! Womit habe ich so tolle Söhne verdient, hm?

Die Magie des Kämpfens❤ (Ehrlich Brothers Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt