Kapitel 46

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Der Tag verlief noch ganz normal. Ganz ruhig. Ich habe ein ganz wenig gegessen, war joggen, um meine Kondition wieder aufzubauen und habe die Kids später auch wieder abgeholt. Wäre ja auch peinlich gewesen, wenn ich das vergessen hätte. Moritz war sehr, sehr erleichtert, da nur eher wenige Kinder ihn angesprochen haben. Ein paar wenige Fans und eben seine besten Freunde, die ihn und Steffi besser kannten. Aber er meinte, als ich ihn später wieder abholte, dass es besser gewesen wäre, als er erwartet hatte. Und auch der Rest der Woche lief so vor sich hin...Ist irgendwie völlig an mir vorbei gegangen. Die Jungs waren im Schulstress, Chris viel in der Firma und ich auch zweimal dort. Es hat mich einiges an Überwindung gekostet, aber ich habe mit unserer Crew geredet. Endlich mal. Ich weiß, das würde auch Zeit. Und sie waren alles so lieb. Sie haben mir versprochen, alles zu geben, dass die nächste Tour noch besser wird als die letzte und dass nie wieder etwas derartiges passieren wird. Dabei will ich ja eigentlich noch gar nicht wieder auf Tournee gehen. Aber sie waren alle so nett und motiviert, da bringt man es einfach nicht über's Herz, ihnen das zu sagen. Und sonst habe ich mich eben um meine Kids gekümmert. Sehr viel und intensiv. Wie ein normaler Vater eben. Mal zur Abwechslung. Ausnahmsweise. Aber könnte ich mir so ein Leben dauerhaft vorstellen? Das habe ich mich gestern oft gefragt. Und ich glaube inzwischen, dass ich es nicht könnte. Zu groß wäre mein Wunsch, wieder Magier zu sein. Zu groß die Sehnsucht, wieder auf der Bühne zu stehen. Zu groß. Da kommt das normale Familienleben irgendwann nicht mehr gegen an. Tut mir ja leid. Aber die Zauberei ist mein Leben. Das ist mir in der letzten Zeit sehr klar geworden. Wie sehr ich sie doch vermisse. Deshalb habe ich mir fest vorgenommen, auch wieder ganz regelmäßig in die Werkstatt zu gehen. Und zu meiner Crew. Wieder anzufangen, richtig zu arbeiten. Und da ist noch etwas, was ich mir ganz fest vorgenommen habe...Nie wieder so die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren! Nie wieder! Nie! Ich werde alles dafür tun, was ich kann. Alles, wirklich. Denn das war ehrlich eines der schrecklichsten Gefühle in meinem ganzen Leben. Ja, das will ich nicht noch einmal erleben.

Es ist heute der Samstag. Ja, der Samstag. Der Samstag mit unserem Auftritt bei Luke Mokridge. Unser erster Auftritt in der Öffentlichkeit nach dem Unfall. Hoffentlich kommen keine Fragen. Aber natürlich werden welche kommen. Unfall bei einer Show, um so etwas kümmern sich die Menschen. Leider. Na, jedenfalls wissen die ja nicht, dass Steffi meine Frau war. Also werden die mich schon nicht bemitleiden. Das wäre nämlich so ziemlich das schlimmste, was mir passieren könnte. Mitleid. Das bin ich nicht! Mir geht es wieder gut! Wie auch immer, heute ist jedenfalls diese Aufzeichnung. Ich gähne herzhaft. Noch liege ich zwar in meinem Bett, aber gleich muss ich raus. Leider. Ist schon fast neun. Und um zwei sollen wir im Studio in Köln sein. Und ich muss mich noch anziehen, die Kinder zu Mimi bringen, weil Chris und ich ja beide weg sind. "Mmmhhh!" Brummend rolle ich mich aus dem Bett. Jeden Morgen das gleiche...Jetzt stehe ich. Einmal strecken, dann ab ins Bad. Wie immer. Im Flur stoße ich allerdings fast mit Moritz zusammen, der gerade aus dem Badezimmer kommt. "Guten Morgen!", wünsche ich und wuschle ihm einmal durch seine braunen, kurzen Haare. "Morgen!", murmelt auch mein Sohn und möchte sich schon mit niedergeschlagener Miene an mir vorbei zur Treppe schieben, als ich ihn am Arm packe. "Hey, was ist denn jetzt wieder los? Schlecht geträumt?", frage ich. Also, ich kann ihn ja echt in vielen Sachen verstehen, aber langsam macht mich seine Traurigkeit echt fertig. Ich meine, mir selbst hängt alles, was passiert ist, auch nach, aber ich versuche eben, wieder in ein normales Leben einzusteigen. Was soll man auch sonst tun? Man hat gar keine andere Möglichkeit! "Ach, eigentlich ist alles gut!" Er zögert kurz, bevor er fortfährt. "Ich hoffe nur, dass du das alles hinkriegst!" Mir bleibt mein Mund offen stehen. Oh, diesen Satz hätte ich jetzt nicht erwartet! Echt nicht. Dann bin ich der Grund? Oh, wie süß von ihm, sich Sorgen zu. Aber wenn es nicht's weiter ist! Ich? Ich kriege das alles mit Sicherheit hin! Versprochen! Also um mich brauchst du dir echt keine Gedanken zu machen!", will ich ihn dann beruhigen. Er nickt. Schwach. Wohl nicht so ganz überzeugt... "Und im Notfall habe ich immer noch Chris, der bei mir ist! Auch, wenn der keine große Hilfe sein wird!", füge ich also noch grinsend hinzu. Da muss auch mein Sohn kurz grinsen. Hey! Ich habe es geschafft! Ein Lächeln ist schon ein Erfolg! "Na dann...Dann viel Glück für gleich!", wünscht er mir und umarmt mich. Einfach so. Ganz plötzlich. Das hat er früher auch nicht gemacht. Also, natürlich hat er mich auch umarmt, aber er ist anhänglicher geworden. Ist ja auch verständlich.
Aber ich werde das alles, glaube ich, wirklich hinkriegen...Bei dieser Show. Ich meine, ich habe doch so viel Bühnenerfahrung! Da wir das heute doch ich schief gehen...Was soll auch schon passieren? Wir müssen ja nicht einmal zaubern. Nur ein einfacher Besuch bei der Show eines Comedians. Ganz easy. Schaffe ich mit links. Hoffe ich zumindest...

Die Magie des Kämpfens❤ (Ehrlich Brothers Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt