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Was sollte ich nur tun? Schauer liefen mir den Rücken runter und eine Gänsehaut erfasste mich. Das einzig Richtige wäre doch die Polizei zu rufen, oder?
Mit zitternden Fingern holte ich mein Handy aus der Tasche und lief leise wieder runter. Draußen vorm Haus versuchte ich kurz meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen und entsperrte mühsam mein zerstötes Handy. Warum hatte ich mir nicht schon ein neues geholt? Der Ärger über mich selbst gab mir die Kraft meinen Finger über die unzähligen Risse um Display zu bewegen und den Hörer schließlich an mein Ohr zu halten.
Nach dem vierten Tuten wurde endlich abgenommen und sofort sprudelten abgefetzte Wortgruppen aus mir heraus: "Tür aufgebrochen...weiß nicht was ich tun soll...bitte komm..." Kurz war es still in der Leitung, dann hörte ich am Anderen Ende leise Flüche und die Anweisung zu bleiben wo ich war. Kurz darauf war die Leitung tot.

Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur vor der Haustür dtand, die Arme um meinen Oberkörper geschlungen und vor mich hin starrend. Plötzlich hörte ich das Quietschen von Reifen und das Zuschlagen einer Tür. Kurz darauf erschien Hendrick in meinem Sichtfeld und da brachen bei mir die Dämme. Ohne etwas dagegen tun zu können, warf ich mich in seine Arme und begann zu schluchzen.
"Schscht...ganz ruhig! Ist alles ok mit dir?", fragte er leise, doch ich konnte nicht antworten, weshalb ich nur an seiner Schulter nickte. Er murmelte noch ein paar beruhigende Worte und sagte dann irgendwas zu jemandem hinter mir. Ich war viel zu aufgewühlt, um es genau mitzubekommen und klammerte mich wie eine Ertrinkende an meinen Bruder.
Einige Zeit später löste ich mich wieder und sah ihn verheult an. Meine Stimme klang rau und brüchig, als ich schließlich anfing zu reden: "Was soll ich denn jetzt nur tun? Ich dachte hier würde sowas nicht passieren..." "Erstmal ist die Polizei jetzt oben, ich hab mir schon gedacht, dass du sie nicht rufst und hab es selbst gemacht. Wir werden sehen, was dort oben genau passiert ist und dann sehen wir weiter." Nickend suchte ich in meiner Tasche nach einem Taschentuch, putzte mir die Nase und wurde dann von Hendrick mit ins Haus gezogen.
"Mister Green?", kam uns ein Polizist an der Wohnungstür entgegen, "Es ist niemand in der Wohnung und es scheint auch nichts gedtphlen worden zu sein. Trotzdem sollten Sie es nochmal kontrollieren. Aber zuerst sollten Sie sich etwas ansehen." Schweigend folgten wir ihm durch meine vollkommen zertrümmerte Wohnung und am liebsten hätte ich sofort wieder angefangen zu weinen. Überall lagen Stofffetzen rum und kein Möbelstück schien mehr ganz zu sein. Wir liefen bis in mein Schlafzimmer und jeder Schritt, jedes Knacken von Möbelsplittern unter meinen Füßen tat mir im Herzen weh.
"Sehen Sie sich das an, Mister Green. Es wäre wohl sicherer nicht weiter in dieser Wohnung zu hausen. Es schien mir kein willkürlicher Einbruch gewesen zu sein." Auch wenn der Polizist nur meinen Bruder ansprach, folgte ich ebenfalls der Anweisung und schnappte im nächsten Moment nach Luft. Auch Hendrick versteifte sich merklich neben mir und beide starrten wir an die Wand und den darauf geschmierten Schriftzug an.

Finger weg von The Outdoors.
Oder du wirst es bereuen!

Was um alles in der Welt... "Skylar, pack alles ein, was noch ganz ist. Du kommst mit zu mir und dann reden wir darüber.", unterbrach Hendrick meine Gedanken. Sein Ton war kalt und ich konnte deitlich hören, wie sehr er versuchte die Kontrolle nicht zu verlieren. Langsam sah ich mich um. Alles lag in Trümmern. Wie sollte ich hier bitte etwas finden, was nicht kaputt war? Auch meinem Bruder schien das aufzufallen, denn er wechselte noch schnell ein paar Worte mit den Beamten vor Ort, nahm mich dann an der Hand und zog mich mit den Worten "Vergiss es. Wir besorgen dir alles neu." aus der Wohnung.

Die ganze Fahrt über sprachen wir kein Wort und ich starrte aus dem Fester. Betrachtet die vorbeifliegenden Lichter der Stadt, ohne sie wirklich richtig wahrzunehmen. Auch als wir knapp 20 Minuten später mit einem Kakao in der Hand auf seiner Couch saßen, räusperte er sich schließlich: "Sky, es tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, dass ich dich nicht einfach in diesen Job werfen und keine Sicherheitsvorkehrungen treffen kann." Was sollte das denn jetzt? Er konnte doch am wenigsten etwas für das Geschehene. Das wollte ich ihm auch gerade sagen, als er schon weitersprach: "Du wirst dich zurückziehen und nicht weiter mit der Band zu tun haben. Was habe ich mir nur dabei gedacht?" Wütend fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare, welche nun in alle Richtungen abstanden. Dann sickerten seine Worte in mein Bewusstsein. "Das kannst du nicht machen! Hendrck, es konnte doch niemand wissen, dass sowas passiert. Es drf bitte keinen Einfluss auf meine Arbeit haben! Ich werde dir beweisen, dass ich es kann. Bitte gib mir die Chance diesen Auftrag abzuschließen. Das könnte mich in meiner Karriere weit voran bringen." "Aber zu welchem Preis, Skylar?", verzweifelt sprang er auf, "Du hast noch nichtmaleinen Artikel veröffentlicht oder wurdest offiziell mit den Jungs gesehen und trotzdem wurde bereits bei dir eingebrochen. Deine Wohnung wurde zerstört, verdammt! Stell dir bur vor, was passiert wäre, wenn du da gewesen wärst?" "Ich war aber nicht dort!", rief ich nun auch verzweifelt und aufgebracht, "Ich werde einfach in Zukunft mehr aufpassen. Bitte! Sag mir was ich tun soll, aber zieh mich nicht von der Story ab!" Jetzt bettelte ich schon meinen eigenen Bruder an und als ich das kurze Aufblitzen in seinen Augen sah, hätte ich meine Worte am liebsten zurückgenommen.
"Ok, ich werde dich weiter mit uns zusammen arbeiten lassen...", meinte er schließlich und ein hoffnungsvolles Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Dies gefrohr mir jedoch im nächsten Moment, als er weitersprach. "Unter einer Bedingung! Du ziehst in das Appartemen, welches ich dir geschenkt habe." "Das ist nicht dein Ernst!" Ich konnte es nicht fassen, war es ihm wirklich so wichtig, dass ich in seiner Nähe wohnte? Und war mir dieser Job wichtig genug um einen Teil meiner Selbständigkeit aufzugeben und das Geschenk anzunehmen? Das mochte jetzt vielleicht übertrieben klingen, doch war ich mit dem Ziel nach New York gezogen, auf eigenen Beinen zu stehen. Da passte ein geschenktes Luxusappartement nich wirklich in das Bild.
"Sag mir morgen, wie du dich entschieden hast. Ich werde jetzt schlafen gehen. Gute Nacht, Nudel.", meinte Henni noch und verschwand schließlich aus dem Wohnzimmer. Nun saß ich hier also alleine auf seiner Couch, ein Kissen und eine Decke neben mir und musste mich entscheiden. Das könnte eine lange Nacht werden...

Kiss me, Drummer-BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt