"Skylar, du wirst nicht mitkommen! Du bleibst in deiner Wohnung und wirst gefälligst deinen Fuß schonen." Mit angespanntem Kiefer starrte Hendrick mich nieder... oder zumindest versuchte er es. Denn es müsste schon mehr passieren, als ein verstauchter Knöchel und ein wütender Bruder, damit ich mein erstes Konzert der Band verpasste und somit auch den Inhalt des ersten Artikels über sie.
Nicht weniger finster erwiderte ich seinen Blick, hielt dabei jedoch nicht in meiner Bewegung inne und legte mir weiter die verhasste Schiene an. Zum Glück hatte ich mir nichts gebrochen, was jedoch nicht bedeutete, dass ich mit der Stauchung momentan unbeschwert durchs Leben hüpfte.
"Hendrick.", knurrte ich extra seinen vollen Namen, damit er merkte, dass ich sauer war. "Ich bin kein kleines Kind mehr!" "Ach wirklich? Denn genau so verhältst du dich im Moment. Was ist bitte so schlimm daran dich noch etwas auszuruhen?" Ich konnte nicht anders, als stöhnend mit den Augen zu rollen. Natürlich meinte er es nur gut und als ich ihn ansah, konnte ich die Sorge in dein Gesicht geschrieben sehen. Mein Herz zog sich etwas zusammen und so schnell es mir möglich war, stand ich auf und humpelte zu ihm. Bevor er etwas tun oder sagen konnte, schlang ich meine Arme um ihn und presste mein Gesicht an seine Brust. Sofort umhüllte mich sein Geruch, der einfach Heimat und Geborgenheit für mich bedeutete.
"Henni, ich habe mich die ganzen letzten Tage ausgeruht und schon genug verpasst." Meine Stimme wurde durch seinen Pullover gedämpft. "Ich passe schon auf mich auf, aber bitte lass mich einfach meinen Job machen. Ich hab dich lieb."
Ich wusste, dass ich gewonnen hatte, als er sich merklich entspannte und seufzend meinen Namen murmelte. Zum Glück fing er nicht erneut an zu diskutieren, denn noch ein doofes Argument von ihm und ich wäre laut geworden.
~*~
Hektisches Treiben um mich herum. Überall rannten Crew-Mitglieder rum, was ich jedoch nur an ihren schwarzen Shirts mit der fetten, weißen Aufschrift "Crew" erkannte. Sie sprachen in ihre Headsets, kritzelten auf diversen Klemmbrettern rum und versuchten sich nicht gegenseitig über den Haufen zu rennen. mal ganz ehrlich, in weniger als zwei Stunden sollte das Knzert beginnen, sollte da nicht alles soweit vorbereitet und bereit sein? Meiner Meinung nach, führten sich hier einiger wichtiger auf, als sie es wirklich waren.
Eingeschüchtert und überwältigt zugleich stad ich mit dem Rücken an eine Wand gelehnt und umklammerte mein kleines Notizheft, als wäre es eine Art Schutzschild. Natürlich könnte ich es auch wie die ganzen anderen Journalisten auf Arbeit machen und meine Notizen auf digitalem Wege sammeln oder sogar Audios aufzunehmen, aber ich stand einfach auf die altmodische Technik. So konnte kein abstürzendes Programm oder ein Hacker meine Arbeit gefährden.
Die Band sollte in den nächsten Minuten eintreffen, wenn ich den einen jungen Mann gerade richtig verstanden hatte, der eilig an mir vorbei gerannt war und diese Worte hecktisch atmend in ein kleines Mikro an seinem Kragen gerufen hatte. Wie schon gesagt, alles natürlich äußerst wichtige Menschen hier.
Unsicher schaute ich mich erneut um. Was um alles in der Welt sollte ich bin zum Beginn der Show hier hinten tun, außer aufzupassen nicht überrant und zertrampelt zu werden? Und wo bitte war mein Bruder? Wir waren zusammen hergekommen, damit er mir noch alles zeigen und meinen Platz für später zuweisen konnte, denn zu meinem Erstaunen musste ich während des Auftritts nicht ins Publikum, sondern sollte das Ganze versteckt neben der Bühne beobachten können. Doch fast in der Sekunde, in der wir den Backstage-Bereich betraten, waren die schwarzen Shirts wie die Motten auf uns geflogen und hatten Henni wegen wichtiger Angelegenheiten und Fragen von mir weggeschliffen.
Also stand ich nun hier, wie bestellt und nicht abgeholt, hatte keine Ahnung wann ich wo sein sollte oder konnte und versuchte so gut es ging meinen Fuß zu entlasten, welcher schon seit einiger Zeit begonnen hatte dumpf zu puckern. Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung zu meiner Rechten wahr, beachtete sie jedoch nicht weiter, da sich hier irgendwie alles und jeder bewegen zu schien.
"Eine kurze Durchsage: Das kleine Kätzchen möchte aus dem Kinderparadies abgeholt werden.", ertönte plötzlich eine raue Stimme viel zu dicht an meinem rechten Ohr.Unweigerlich zuckte ich zusammen, konnte jedoch nicht verhindern, dass mich augenblicklich eine leichte Gänsehaut überzog. Wie hatte er es bitte geschafft sich unbemerkt zu mir zu stellen? Zumindest eines dieser wusenlden Kaninchen hier hätte ihn doch bemerken müssen, oder?
Mit einem mehr als genervten Blick schaute ich zu Hunter, welcher lässig neben mir an der Wand lehnte, die Hände in den Taschen seiner tief sitzenden Jeans. Ein Bein angeweinkelt, mit dem Fuß an der Wand und die Augen glitzernd auf mich gerichtet. "Falls Sie die Absicht hatten witzig zu sein, muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie versagt haben, Mister Watt." Wie nicht anders zu erwarten, hatte mein bissiger Ton nicht den gewünschten Effekt. Denn statt ihn zu vertreiben, zogen sich seine Mundwinkel noch weiter in die Höhe und seine Augen funkelten herausfordernd. "Miau." "Werd erwachsen.", knurrte ich nur, musste mich jedoch stark zusammenreißen nicht selbst zu grinsen. So sehr mich dieser Mann auch auf die Palme brachte, musste ich zugeben, dass er verdammt schlagfertig war... falls man seine kindischen Tiergeräusche überhaupt als solches gelten lassen konnte.
"Was wollen Sie von mir?", fragte ich nicht weniger abweisend, als zuvor, sprach jedoch schnell weiter, als seine Augen erneut funkelten: "Ich meine, müssen Sie nicht irgendwo sein, sich die Nase pudern lassen oder von kleinen, naiven Fangirls belagert werden?" "Kätzchen, wenn mich jemand belagern soll, dann bist du es." Während er sprach zwinkerte er mir zu und ließ keinen Zweifel an der Zweideutigkeit seiner Aussage.
"Wow. Einfach nur wow! hat diese Antwort schon jemals bei irgendeiner gezogen?" Ich konnte nicht anders und meine Stimmte triefte nur so vor Sarkasmus. "Ich mag es, wenn du mir deine Krallen zeigst. Und glaube mir, du wirst mir schon bald selber sagen können, wie gut dieser Spruch zieht!" Er rutschte etwas näher, wodurch sich unsere Schultern leicht berührten und mich einen kurzen Moment aus dem Konzept brachte. "Hat es dir die Sprache verschlagen, Tiger?"
Ich schnappte nach Luft und rückte ein Stück von ihm ab. Doch statt auf sein Geplänkel weiter einzugehen, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das Treiben vor mir und weg von den funkelnden Augen des Teufels. "Wie bereits gefragt, was wollen Sie von mir?"
Ein leises Lachen erklang, ehe Hunter sich räusperte. "Was ich von dir will, werde ich dir eines schönen Abends ausführlich erzählen und zeigen, glaub mir. Aber jetzt wirst du dich damit begnügen müssen, dass ich dich etwas herumführe und alles zeige." Mein Kopf wirbelte wie automatisch zu ihm und ich versuchte ihn allein mit meinem Blick zu erdolchen. Was bildete sich dieser Pimpf bitte ein? Sprach er immer so mit Frauen und vor allem: Hatte er normalerweise Erfolg mit der Masche? Ich hatte es satt, hatte ihn satt. Also stieß ich mich von der Wand ab und wollte davon humpeln, als er mich zurück hielt und mit seinen großen Händen wieder zu sich drehte. "Auch wenn es dir nicht gefällt, was ich eindeutig bezweifle, so sehr wie du aufpassen musst bei meinem Anblick nicht zu sabbern, aber Hendrick hat mich damit beauftragt. Er meinte, dass ers nicht selber schafft und deshalb", plötzlich einen Gentleman mimend hielt er mir elegant seinen Arm hin, "deshalb werde ich dich jetzt persönlich in den heiligen Hallen herumführen."
Skeptisch betrachtete ich erst seinen dargebotenen Arm und dann sein Gesicht, zuckte schließlich jedoch seufzend mit den Schultern und humpelte -seinen Arm absichtlich ignorierend- an ihm vorbei und in die Richtung, die er andeutete. "Wenns nicht anders geht, dann fangen Sie mal an."
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Kiss me, Drummer-Boy
RomanceSie ist jung, frisch mit dem Studium zur Journalistin fertig und bereit die ersten Schritte in die Welt zu wagen. Da kommt die Zusage der New York Times gerade recht und ehe sie sich versieht wird das Mauerblümchen der Kleinstadt zur Frau einer Welt...