22.

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In einer überaus geräumigen Küche angekommen, blieb Parker ruckartig stehen. „Oh nein!" Ich konnte gerade noch verhindern in ihn reinzulaufen und sah ihn nun verwirrt an. Was war bitte gerade passiert? Hatte er etwas gesehen oder wieso diese plötzliche Reaktion? „Ähm...alles in Ordnung?", fragte ich zögerlich und musterte sein entsetztes Gesicht von der Seite. „Nichts ist in Ordnung!", wetterte er bloß und drehte sich schwungvoll zu mir. Aufgeregt packte er mich an den Schultern und sah mich eindringlich an. So langsam wurde es echt gruselig, was hatte er denn? Oder war mir ein Fehler unterlaufen, welchen ich nicht mal bemerkt hatte. „Mister Reed, Sie machen mir Angst.", versuchte ich so ruhig wie möglich zu sagen, dabei mein wild pochendes Herz ignorierend. Schnell ließ er mich wieder los, als hätte er erst jetzt bemerkt was er da tat und griff sich verlegen in den Nacken. „Also zum einen, wir sind doch nicht uralt, Püppchen. Duzen ist hier Pflicht! Und zum anderen, bin ich ein miserabler Gastgeber! Du bist schon seit Stunden hier und ich habe dir noch nichts zum Trinken angeboten!" Mit weit aufgerissenen Augen sah er mich an und auch wenn ich eigentlich wegen des dummen Kosenamens etwas sagen sollte und diese Situation gerade mehr als merkwürdig war, konnte ich nicht anders, als laut loszulachen. Wegen solch einer Kleinigkeit regte er sich so auf? Und ich hatte schon die schlimmsten Befürchtungen.

Verwirrt und trotzdem mit einem Schmunzeln, beobachtete er mich, bis er sich schließlich auch nicht weiter zurückhalten konnte und in mein Lachen einstimmte. Äußerst merkwürdige Situation! Trotzdem liefen mir bereits vereinzelt Tränen über die Wangen und mein Bauch tat langsam weh.

„Was um alles in der Welt treibt ihr hier?", knurrte jemand plötzlich hinter mir. Schlagartig wurde es still und ich brauchte mich nicht mal umzudrehen, um zu wissen mit wem wir das Vergnügen hatten. „Parker wollte mir soeben ein Getränk anbieten, Mister Watt. Benötigen Sie auch etwas?", mich überraschte es selbst, mit welch kühler Stimme ich sprechen konnte und drehte mich nun doch betont lässig zu ihm um. Sofort schlug mein Herz wieder etwas schneller und plötzlich doch nervös fuhr ich mir mit der Zunge über die Lippen. Hunters Blick klebte wie magnetisch an meinem Mund und sein Kiefer spannte sich an. Dann funkelte er mir grimmig entgegen. „Vorsichtig, Kätzchen, du verbrennst dir noch die Pfoten!"
Ich wollte gerade einen leicht bissigen Kommentar ablassen, als mir Parker zuvor kam: "Benimm dich, Hunter." Leicht zuckten meine Mundwinkel, doch ich unterdrückte meine Freude über diese kleine Zurechtweisung, bedachteden Mann vor mir noch mit einem verachtenden Blick und drehte mich wieder zu dem Gastgeber. "Was können Sie...kannst du mir empfehlen?" Einen kurzen Moment sah Parker mich nur verwirrt an, dann schien er sich zu erinnern, lief zu dem Kühlschrank zu seiner Linken und begann mit der Aufzählung: "Die Jungs nehmen alle meist ein Bier, aber für dich hätte ich noch Saft, Wasser, Milch, Limo oder auch Wein und Champagner." Fragend schaute er zu mir und ich musste nicht lange überlegen: "Wasser, bitte."
Ein verächtliches Schnauben hinter mir ertönte und dann die tiefe Stimme des Mannes, den ich am liebsten allein mit Blicken töten würde. "Wasser? Was hat Ricky uns da nur ins Haus geholt?" "Im Gegensatz zu Ihnen, Mister Watt, bin ich rein geschäftlich hier und benötige weder Alkohol, noch Ihre unnötigen Kommentare." Ohne mich zu ihm umgedreht zu haben, nahm ich nun dankend eine Flasche Wasser entgegen, die mir Parker reichte und bemerkte, wie dessen Mundwinkel verräterisch zuckten. Doch statt etwas dazu zu sagen, trat dieser neben mich und führte mich mit den Worten "Na das kann ja noch lustig werden mit dir!" aus der Küche zurück zu den anderen ins Wohnzimmer.
"Was hat denn da so lange gedauert? Spaß zu dritt?", stichelte einer der Bradys, als wir den Raum betraten. "Nein, Hunter durfte nicht mitspielen, wenn man das Gesicht von unserem Drummer-Boy so sieht!", lachte sofprt der andere. Und bevor irgendjemand etwas sagen konnte donnerte es schon von hinter mir: "Ich zeig dir gleich mal, was ich mit deinem Gesicht alles machen kann!" "Versuchs nur, Sweetheart! Aber pass auf, dass du dir dabei keinen..." "Jungs, es reicht! Wo sind wir denn hier?", unterbrach mein Bruder sie genervt und sah mich entschuldigend an. Ihm leicht zulächelnd lief ich wieder rüber zu der Couch und setzte mich. Diese Männer waren verrückter, als alles was ich bisher kennengelernt hatte, meine Kollegen inbegriffen. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen?

~*~

Einige Stunden später schloss ich endlich die Tür zu meinem Appartement auf und streifte seufzend meine Schuhe ab. Dieser Abend war eindeutig anders abgelaufen, als anfangs vermutet. Neben einigen wichtigen Terminen und Informationen, die ich wissen musste, habe ich einige neue Beleidigungen gelernt und das primitive Verhalten von Kindsköpfen in Männerkörpern verfolgen können. Natürlich war es teilweise echt amüsant gewesen, trotzdem war ich mir mehr als unsicher, ob ich damit auf dauer umgehen könnte.
Müde tauschte ich meine Kleidung gegen eine gemütliche Jogginghose und einen übergroßen Kapuzenpulli, schnappte mir mein Handy und ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte mich auf den Balkon. Ich musste unbedingt Ella von diesem Tag berichten, öffnete also die Flasche und begann nach dem ersten Schluck eine Nachricht an sie zu tippen.
Einige Zeit und unzählige Nachrichten später erklang das Geräusch der sich öffnenden Balkontür von nebenan. Mein Nachbar war scheinbar also auch noch wach. Gerade als ich ihn grüßen wollte, erklangen unterdrückte Flüche, sowie das Geräusch als würde gegen irgendwas getreten werden. Den sollte ich heute besser in Ruhe lassen!
Also stand ich nach kurzem Überlegen leise auf und verschwand so unauffällig wie möglich ins Innere des Appartements.

Kiss me, Drummer-BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt