Skylar.
Wie ich ihm am liebsten dieses selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht schlagen würde. Mit der Faust oder einem Stuhl. Ja, ein Stuhl wäre perfekt dafür! Nur wo sollte ich hier einen herbekommen? Ich saß mit der Band zusammen im Wagen auf dem Weg zu Parkers Villa und trug doch tatsächlich dieses bescheuerte, zerlumpte Shirt, welches Hunter mir so liebevoll ins Gesicht gepfeffert hatte. Und einzig Hayes strickte Weigerung mich in meiner klebrig versauten Bluse in den Wagen zu lassen, brachte mich dann doch dazu mir diesen nach Hunter stinkenden Lumpen anzuziehen. Ok, wenn ich ganz ehrlich war, dann roch der Drummer gar nicht so schlecht, aber es ging hier ums Prinzip. Und wenn er nicht sofort damit aufhörte mich vom Sitz mir gegenüber so dümmlich und überlegen anzugrinsen, dann würde ich wohl oder übel doch bald gewalttätig werden müssen.
„Hey Kätzchen, zieh die Krallen ein und entspann dich." „Schnauze, Watt. Oder willst du, dass sie dir sofort an die Gurgel geht?" „Sie soll sich mal nicht so haben, es ist eine Ehre meine Sachen tragen zu dürfen." „Hunter, das einzig ehrenhafte hier wäre, wenn dir mal jemand eine für deinen Hochmut verpasst!"
Gespannt verfolgte ich den Schlagabtausch zwischen Hunter und Ethan. Auch wenn es absoluter Schwachsinn war, so hatte es einen gewissen Unterhaltungswert und ließ mich fast die Wut auf diesen arroganten Pimpf vergessen. Fast.
~*~
Okay, es gab genau zwei Möglichkeiten, wie ich mit der Situation jetzt umgehen konnte. Ich stand in einem riesigen Badezimmer in der oberen Etage von Parkers Villa, in einen weißen Bademantel gewickelt und knabberte unschlüssig auf meiner Unterlippe rum. Möglichkeit eins, mein Blick schnellte zu dem armseligen Haufen klebriger Klamotten zu meiner Linken, war wieder in meine alten Sachen zu schlüpfen. Dann hätte ich mir jedoch die Dusche gerade sparen können. Oder, mein Blick glitt nach rechts, ich konnte die Sachen anziehen, welche mir der Gitarrist netterweise von sich gegeben hatte und in der viel zu großen Jeans sowie dem schwarzen Shirt als Lachnummer schlechthin vor die Band treten. Beides waren nicht gerade rosige Aussichten. Auch wenn ich Parker echt dankbar war, als er mir einfach die Sachen in die Hände drückte und somit Hunter im Keim erstickte, der doch tatsächlich dachte, dass es eine super Idee wäre, wenn ich in nichts außer seinem zerrissenen T-Shirt durchs Haus liefe.
Hin und her gerissen spielte ich an dem Gürtel des Bademantels rum und überlegte, wie ich mit dem kleinstmöglichen Schaden aus dem ganzen rauskommen könnte. Schließlich wollte ich nicht unbedingt gleich am Anfang den Respekt der Jungs verlieren, falls ich den überhaupt je hatte.
Allein in der Hose würde ich schon komplett untergehen, wenn ich so an die Größe von Parker dachte. Da würde einzig Abschneiden in Frage kommen. Und schon schlich sich eine Idee in meinen Kopf. Aber konnte ich das wirklich machen und einfach fremde Kleidung zerstören? Andererseits besaß Parker garantiert mehr als nur diese eine Hose und sollte er trotzdem sauer sein, so würde ich ihm einfach eine neue kaufen.
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, schnappte ich mir die Jeans und lief zu der einzigen Kommode in diesem Raum. Hier musste es doch irgendwo eine Schere geben. Doch bis auf einen Nagelknipser, ich verstand einfach nicht, wieso Männer nicht einfach wie ganz normale Menschen ihre Nägel mit dafür gedachte Scheren schneiden konnten, fand ich nichts. Naja, irgendwie musste das genügen.
Als die Hose nun ausgebreitet vor mir auf dem Boden lag, zögerte ich noch einmal kurz, zuckte dann jedoch mit den Schultern und murmelte, mich daneben kniend: „Tut mir leid, aber es muss sein."
Wie blöd war ich bitte, mich bei einem Stück Stoff zu entschuldigen, aber es hörte ja eh keiner. Also atmete ich tief durch und versuchte dann mehr schlecht, als recht mit diesem bescheuerten Knipser die Beine zu kürzen. Nach einigen Minuten stöhnte ich jedoch genervt auf und starrte wütend auf das kleine Loch, welches ich erst freigeknipst bekommen hatte. Ein neuer Plan musste her. Und wie hieß es doch so schön? Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann hilft Gewalt... oder so. Also packte ich mit beiden Händen zu und im nächsten Moment durchbrach das Reißen von Stoff die Stille. Na ging doch!
Etwas außer Atem aber trotzdem stolz auf meine Kraft, stand ich kurze Zeit später mit der nun sehr kurzen Hose an vor einem der Spiegel. Irgendwie hatte ich mir das etwas anders vorgestellt. Denn auch wenn die Jeans nun die Länge dieser neuerdings modernen Hotpants hatte, welche sich die Mädels immer bis über den Bauchnabel zogen, so passte ich noch immer gefühlt zweimal hinein. Der Gürtel des Bademantels! In Gedanken setzte ich auch ihn auf die Liste der Dinge, die ich ersetzen musste, fädelte ihn flink in die Ösen der Hose ein und zog ihn an meiner Taille fest. Gar nicht mal so übel.
Fehlte nur noch das T-Shirt. Da ich jedoch wenig Lust hatte auch dieses irgendwie mit den Nagelknipser zu bearbeiten, zog ich es mir einfach über und knotete es knapp unter der Brust zusammen. Fehlten nur noch diese super heißen und natürlich ebenfalls viel zu großen, weißen Tennissocken, welche ich mir einfach bis zur Mitte der Waden hochzog. Die Haare – zum Glück gab es hier einen Föhn und sie waren nun wieder trocken und gut duftend – noch schnell in einem unordentlichen Dutt aus dem Gesicht gebunden und schon war ich fertig. Zwar ungeschminkt, aber immerhin nicht mehr klebrig.
Ich würde so zwar eindeutig keinen Model-Vertrag bekommen, aber trotzdem war ich echt einigermaßen zufrieden mit dem Anblick. Es sollte sich bloß jemand trauen etwas Dummes zu sagen, dann würde ich ihm den Nagelknipser an den Kopf schmettern!
Die Überreste der Hose und meine versauten Klamotten schnell in einen Mülleimer unter dem Waschbecken stopfend, machte ich mich bereit wieder nach draußen und nach unten zu gehen. Griff mir noch Hunters T-Shirt und machte mich auf den Weg.
„Fresse, Watt! Und wenn du noch einmal etwas gegen meine Couch sagst, dann schmeiß ich dich hochkant raus.", hörte ich Parker knurren, kurz bevor ich in den Wohnbereich trat.
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Kiss me, Drummer-Boy
RomanceSie ist jung, frisch mit dem Studium zur Journalistin fertig und bereit die ersten Schritte in die Welt zu wagen. Da kommt die Zusage der New York Times gerade recht und ehe sie sich versieht wird das Mauerblümchen der Kleinstadt zur Frau einer Welt...