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Müde stütze ich mich auf meinem Arm ab und gähne erneut, was Dylen amüsiert lachen lässt. Ich weiß nicht genau wie lange wir hier schon miteinander reden, es sind bestimmt einige Stunden. In dieser Zeit habe ich einiges über Dylens Leben erfahren dürfen.

Er ist adlig, möchte mir aber nicht sagen von welchem Adel. Seine Mutter ist wohl ziemlich nett und hübsch gewesen – Dylen meint, dass sie vor einigen Jahren gestorben ist. Seinen Vater hingegen konnte man scheinbar vollkommen in die Tonne treten. Er hatte sie wohl nur ständig betrogen und seinen Sohn vollkommen ignoriert.

„Bist du müde?", höre ich plötzlich und ich blinzle schwach. „Nein.", gähne ich und reibe mir meine Augen, ehe ich zu meinem vierten Energydrink greife und diesen bis zur Hälfte in nur einem Zug leere. „Das solltest du nicht tun." – „Was? Wachbleiben?"

„Exen.", erklärt Dylen nur stumpf und ich seufze. „Du bist wie meine Mutter.", knurre ich und grinse dann. „Oder vielleicht doch lieber wie ein Vater? Daddy?"

Sein daraufhin folgender Gesichtsausdruck ist wirklich unbezahlbar. Ich breche in schallendes Gelächter aus und halte mir den Bauch wegen den Krämpfen. „Babyboy, man spaßt nicht damit.", höre ich plötzlich und schaue Dylen wieder an. Sein Blick ist todernst und völlig verwirrt starre ich auf den Bildschirm.

Bestimmt ist er nur genauso müde, wie ich. Nun beginnt Dylen zu lachen und grinst mich an. „Dein Gesichtsausdruck ist ja zu geil.", lacht er und schaut mich dann lieb lächelnd an. „Stehst du auf sowas, Jamie?", fragt er dann einfach gerade heraus und ich schlucke.

„Weiß nicht.", murmle ich dann und verstecke mein rotes Gesicht hinter meinen Armen. „Du?" – „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich vollkommen abgeneigt wäre." Ich nicke nur und schaue aus dem Fenster. Täusche ich mich oder wird es schon wieder hell draußen?

„Sicher, dass du nicht müde bist?", höre ich und schaue wieder zu Dylen der mich verträumt anlächelt. Irgendwie mag ich, wenn er das macht. „Warum bist du nicht müde?" – „Ich bleibe öfter einige Nächte wach."

Hintereinander? Ich schaffe gerade mal eine Nacht. Wie soll man denn mehrere durchmachen? „Ist leichter als du denkst.", lacht er, als hätte er gehört, was ich gedacht habe und grinst dann. „Leb mit Manu zusammen und du hast immer irgendwas zu tun. Entweder du musst ihn nerven oder dir seine Geschichten anhören. Ein unbezahlter Job für die Ewigkeit."

Ich scheine irgendwann einfach eingeschlafen zu sein, denn als ich einen Stoß an meiner Hüfte spüre und deshalb auf den Boden falle, ist es taghell im Raum und das Skypegespräch scheinbar schon lange beendet. Sofort setze ich mich wieder auf und reibe mir den Kopf. „Das tat weh.", murre ich und kneife meine Augen zusammen. „Tut mir leid, Kleiner."

Sofort bin ich hellwach und starre Dylen an, der genau vor mir steht und mich schelmisch angrinst, ehe er mir seine Hand reicht und mich mit einem Ruck hochzieht. So viel Kraft hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Nicht, dass er aussehen würde, wie ein Lauch, ich hätte nur nicht gedacht, dass er mich so einfach hochziehen kann. „Siehst richtig süß aus, wenn du schläfst.", lacht er und ich boxe ihm spaßeshalber an die steinharte Brust.

„Was machst du hier?", frage ich dann und ignoriere, dass wir immer noch sehr nah beieinander stehen, da er immer noch mein Handgelenk hält. „Manu wollte zu Elisa. Ich muss doch auf ihn aufpassen. Und wie kann ich das besser, als wenn ich mich zu dem nicen Bruder seiner Freundin geselle. Da vergisst er das ein oder andere Vorhaben sehr schnell."

„Wo bin ich denn "Nice"?", frage ich und schaue zu ihm hoch, wobei meine weißen Haare ein wenig nach hinten fallen. „Ich wüsste nicht, was ich an dir auszusetzen haben könnte." War das ein Kompliment? Ja, oder?

„Und was wollen wir jetzt machen, solange wir Manu davon abhalten irgendwas zu tun, was er lieber lassen sollte?" – „Ich weiß nicht. Was haben wir denn letztes Mal gemacht, was ihn gestört hat?", fragt der Schwarzhaarige mich dreckig grinsend.

Plötzlich springt die Tür auf und ich habe das Gefühl noch näher an Dylen heran gezogen zu werden. „Ich habe dir doch gesagt, dass du das lassen sollst!", erklärt Manuel laut und will mich von seinem Bruder weg drücken, doch ich will das nicht und klammere mich an Dylen. Diese Geste verwundert scheinbar nicht nur mich. „Was hast du jetzt wieder gemacht?", knurrt der Ältere und packt Dylens Kinn. „Gar nichts, das macht er von alleine!"

„Du weißt ganz genau, dass ich merke, wenn du mich anlügst."

„Nun täuscht du dich aber. Schau! Jamie lass mich los." Ich schüttle nur den Kopf und drücke mich doch dichter an ihn. Wie kann ein Mensch so gut riechen?

„Ich weiß, dass du irgendwas mit ihm gemacht hast, Dylen!" – „Ich habe ihn nur dazu gebracht mich zu mögen, was ist denn so falsch daran?", Dylen begann mir durch die Haare zu streichen und ich lockerte meinen Griff um ihn ein bisschen.
Wieso mache ich das überhaupt? Ich habe irgendwie Angst, dass Manuel mir Dylen weg nimmt, wenn ich mich nicht anstrenge ihn bei mir zu behalten. Warum will ich ihn eigentlich so dringend bei mir haben? So hatte sich das letzte Mal jemand in meinem Umfeld verhalten, als ich 14 war. Das war meine erste und einzige Freundin. Sie hatte sie auch immer so an mich geklammert und dann immer gesagt, wie sehr sie mich doch lieben würde.

Habe ich mich in Dylen verliebt? Aber wie denn? Wir kennen uns nicht mal eine Woche. Sowas ist doch vollkommen unmöglich. Man kann sich doch nicht innerhalb weniger Tage in einem Menschen verlieben. Abgesehen davon hätte ich eh keine Chance bei ihm. Sein zukünftiger Freund ist ja noch da.

„Weil du das auf deine Weise getan hast! Und du weißt, dass das die falsche Weise ist." – „Ich darf mich also nicht wie ein normaler Mensch verhalten, wenn ich jemanden kennen lernen möchte? Das nennst du falsch?"

„Hör auf mich anzulügen, Dylen."

„Hör auf dich ständig in diese Sache einzumischen."

„Sag ihm doch einfach endlich die Wahrheit!", zischt Manuel und hat damit meine volle Aufmerksamkeit. „Raus hier.", knurre ich und löse mich von Dylen, ehe ich seinen Bruder aus meinem Zimmer schiebe und die Tür lautstark schließe.

„Jamie, ich--" Ich unterbreche ihn harsch. „Was meinte er mit "Wahrheit" Dylen? Was muss ich scheinbar wissen?"

Endless Life // [ BoyxBoy] \\ ABGEBROCHENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt