Ich habe bei Dylen geschlafen. Im selben Bett. Ich wollte nicht mitten in der Nacht nach Hause gehen und er meinte, dass ich hier bleiben könnte. Er wollte zwar wieder auf der Couch schlafen, ich habe ihn aber bei mir behalten. Zwar haben wir mit einigem Abstand nebeneinander gelegen, aber immerhin.
Das Bild von der Frau, welches an seiner Wand hängt, soll seine Mutter darstellen. Er meinte gestern noch, dass sie nicht ganz getroffen wurde, dennoch gefällt mir das Bild.
Dylen hat mir gestern noch einiges aus seiner Vergangenheit und Familie erzählt. Sein Vater hatte seine Mutter oft betrogen und sie schließlich verlassen, weil er mit Dylen nicht zufrieden war. Er wollte einen starken Sohn, Dylen war damals krank und konnte diesen Wunsch nicht erfüllen.
Von der Trauer übermannt, suchte seine Mutter immer wieder die neue Liebe, wurde jedoch immer wieder ausgenutzt. Als Dylen achtzehn wurde, hat ihm seine Mutter von seiner Inkubenherkunft erzählt. Im selben Jahr wurde er zum Vampir gemacht, tötete seinen Vater und wurde dafür des Vatermordes und des Hochverrates angeklagt und gemeinsam mit seiner Mutter verbannt.
Etwa ein halbes Jahrhundert später, hatte er Manuel kennen gelernt. Dylens Mutter kam als Sukkubus in die Hölle, als sie an Altersschwäche starb. Sie war ungefähr neunzig – Dylen wusste es gestern nicht genau.
Plötzlich spüre ich, wie sich ein Arm auf mich legt und ruckartig werde ich an einen eiskalten Körper gezogen. „Nicht denken, Jamie.", murmelt Dylen verschlafen und legt seinen Kopf in meine Halsbeuge. „Wie kommst du drauf, dass ich denke?" – „Du starrst auf deine Füße. Kein Mensch starrt minutenlang auf seine Füße."
„Mhm.", mache ich und seufze, ehe ich mich halb auf seine Brust lege und merke, wie Dylen mir durch die weißen Haare streicht. „Das ist schön.", murmle ich leise. „Dylen!", brüllt Manuels Stimme plötzlich und die Tür wird aufgerissen.
Als wäre seine Wut vollkommen verflogen, steht er jedoch einfach nur da und starrt uns an. „W-was macht Jamie hier?", fragt er zögernd und sieht mich kritisch an. Plötzlich werde ich von ihm gepackt und auf die Beine gezogen. Misstrauisch schaut der Engel mir in die Augen und begutachtet dann meinen Hals. „Ich habe die Finger von ihm gelassen. Er ist sogar angezogen, Manu."
Mir fällt eine große Narbe an Manuels Oberarm auf, da er ein Tanktop trägt. „Kein Sex, kein Blut? Gar nichts?" – „Gar nichts. Würdest du ihn jetzt bitte los lassen?", das klingt zwar nicht, wie eine Frage, aber dennoch lässt Manuel mich nur widerwillig los und ich stolpere einige Schritte zurück zum Bett, wo Dylen mich auffangen kann, bevor ich ausrutschen konnte.
„Wieso bist du überhaupt schon wach?", fragt der Schwarzhaarige seinen älteren Bruder und zieht mich vorsichtig auf seinen Schoß, was ich einfach mit mir machen lasse. Ist gar nicht so übel jemanden zu haben, der sich um mich kümmert. Sei es durch solche Kleinigkeiten.
„Schon? Es ist gleich Mittag." Sofort reiße ich meine Augen auf, springe von Dylen runter und sprinte quasi in den Flur, wo ich mir meine Schuhe anziehe.
„Ich muss los! Ruf mich an!", rufe ich noch, ehe ich schnell die Wohnung verlasse und die Tür hinter mir zu ziehe. Mama wird mich umbringen.
Gerade erreiche ich die Tür des Treppenhauses, da steht Dylen plötzlich vor mir, weshalb ich mich so sehr erschrecke, dass ich auf der letzten Treppenstufe ausrutsche und leicht nach hinten taumle. Wieder fängt Dylen mich auf, bevor ich mich hätte verletzen können. „Du solltest besser aufpassen."
„Und du solltest nicht einfach vor mir auftauchen! Wie hast du das gemacht? Könnt ihr wirklich so schnell rennen, wie bei Twilight?" – „Nein, wir teleportieren uns. Glaube am besten nichts, was du aus Twilight kennst, außer das mit dem Blut trinken. Jedoch auch aus anderen Gründen. Wir trinken nicht, weil wir Hunger haben, wir verspüren kein Hungergefühl. Wir trinken, weil unsere Körper größtenteils tot sind und nicht genug Blut generieren können, müssen wir gelegentlich aufstocken. Alle drei Tage lasse ich mich ausbluten.", erklärt er mir und ich nicke nur.
„Das ist eklig."
„Ich habe keine andere Wahl, Jamie. Sonst sterbe ich."
Erneut nicke ich und will dann das Haus verlassen, doch Dylen hält mich fest. „Ich fahre dich, dann kommst du nicht noch später." Schnell bedanke ich mich, ehe wir zu Manuels Auto gehen und Dylen los fährt.
Es dauert nicht lange und wir kommen bei mir Zuhause an. Gerade will ich aussteigen, da spüre ich, wie Dylens kalte Hand auf meine legt. „Darf ich dich küssen, Jamie? Und zwar so, dass du es nicht vergisst?"
Ich drehe mich wieder zu ihm und lächle schwach, ehe ich den kurzen Abstand zwischen uns überwinde und meine Lippen auf seine lege, leichten Druck ausübe und sie gegen die seinen bewege.
Wie kann sich das so schön anfühlen?
Ich habe das Gefühl, als würde mein Kopf gleich explodieren, mein Bauch würde – dank der tobenden Schmetterlinge – sicherlich schnell folgen. Als Dylen sanft über meine Unterlippe leckt, öffne ich meinen Mund einen Spalt und rutsche noch näher an ihn heran, ehe er mich plötzlich über die Handbremse hebt und mich auf seinen Schoß setzt. Ich schlinge meine Arme um ihn und gebe mich ihm voll und ganz hin.
Doch, als ich irgendwann keine Luft mehr bekomme, löse ich mich keuchend von Dylen, welcher mich anlächelt.
„Danke.", haucht er leise und wuschelt durch meine Haare. „Ich mag das, wenn die so durcheinander sind.", sagt er dazu nur und hebt mich vorsichtig wieder auf den Beifahrersitz, von welchem ich schnell meinen Weg nach draußen finde und die Tür zuschlage.
Ich hole erstmal tief Luft und gehe mit zittrigen Knien in das Haus.
Ich schließe unsere Tür auf und ziehe leise meine Schuhe aus, ehe ich versuche unbemerkt in mein Zimmer zu gelangen. „Wo willst du hin, junger Mann?", zischt Mama und ich drehe mich vorsichtig um. „Schlafen?"
„Scheinst letzte Nacht auch nicht wirklich dazu gekommen zu sein. War es denn wenigstens gut?", grinst sie und ich lege meinen Kopf schief. Sie seufzt belustigt auf. „Ich bitte dich, Jamie. Ich weiß, wie man aussieht, wenn man nach dem Sex dringend nach Hause muss." – „Mama! Wir hatten keinen Sex!"
Sie lacht nur leise auf und hebt dann die Augenbrauen. „Sicher? Es sieht sehr stark danach aus. Verstrubbelte Haare, rote Wangen, du zitterst beim gehen, hast seine Klamotten an und von deinen Lippen will ich mal gar nicht reden."
Plötzlich spüre ich eine Hand an meinem Hintern, weshalb ich stark zusammen zucke und mich zu meiner kleinen Schwester umdrehe. „Siehst ein bisschen aus, wie ein billiger Abklatsch von Kylie."
„Lasst mich doch alle in Ruhe!", zische ich gereizt und verschwinde in mein Zimmer, bei welchem ich demonstrativ laut die Tür zuschlage und mich an jener herunter rutschen lasse.
Ich bin verliebt. Ich bin in einen Typen verliebt, der 813 Jahre alt ist. Ich bin in jemanden verliebt, der aus dem Mittelalter kommt.
Ich bin in einen Prinzen verliebt. Ich bin in einen Prinzen verliebt, der seinen Vater getötet hat. Aber ich bin in ihn verliebt. Ich bin in ihn verliebt, obwohl er bestimmt schon unzählige Menschenleben auf dem Gewissen hat. Ich bin in ihn verliebt.
Und jetzt?
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Endless Life // [ BoyxBoy] \\ ABGEBROCHEN
Про вампировDer siebzehn Jährige Jamie ist von sich und seinem Leben relativ gelangweilt. Seine Mutter schickt ihn stetig zu neuen Selbsthilfegruppen, da sie der Meinung ist, dass Jamie über den angeblichen Tierangriff, der für seinen Vater tödlich endete, noch...