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Dylen:

Glücklich stehe ich nun hier im Wohnungsflur und seufze wohlig. Ich habe die Liebe noch nie verstanden. Nicht mal als Amor versucht hat sie mir zu erklären. Doch nun, wo ich Jamie kenne, so viel Zeit mit ihm verbracht habe und ihn am liebsten nicht mehr verlassen will, bin ich mir sicher, dass ich das als Liebe definieren kann.


Als es an meiner Tür klopft, ziehe ich mir schnell ein Shirt an und bitte Eva herein. Nur sie klopft. Manuel kommt einfach immer herein. Die gerade dunkelblonde Frau kommt herein und mustert mich mit ihren braunen Augen misstrauisch. „Dieser Junge von Sykpe ... ist das Jamie?", fragt sie und setzt sich neben mich auf das große Bett.

Ich nicke und mustere sie. Sie sieht aus, wie sie geboren wurde. Dunkelblonde Haare mit einigen hellen Aktzenten, große braune Augen, ein relativ rundes Gesicht, eine kleine Nase, gebräunte Haut und rosige Lippen. Sie ist wirklich wunderschön. Doch Jamie ist deutlich hübscher.

„Weißt du noch, dass ich ihn bei einer Therapie rausgeworfen habe?", fragt sie unsicher und kratzt sich am Hinterkopf. Ich mag Evas wahre Stimme. Sie ist tief. Nicht zu tief für eine Frau. Außerdem beruhigt mich ihre Stimme wirklich, wenn ich ihr beim Reden zuhöre. „Ja. Du wusstest nicht, dass er das ist?" Sie schüttelt den Kopf und seufzt dann in ihre Hände.

„Was muss er denn jetzt ein Bild von mir haben.", jammert sie und ich lache leicht. „Ich habe ihm schon erzählt, dass du eigentlich nicht so drauf bist.", grinse ich und sie atmet erleichtert auf. „Aber er war auch nicht sonderlich freundlich zu mir."

„Wer wäre das schon?", seufzend lasse ich mich nach hinten fallen und starre die weiße Decke an. „Wie geht's Kyle? Kommt er inzwischen besser klar?", frage ich nun und schließe meine blauen Augen. Kyle. Ich habe seinen Nachnamen noch nie gewusst, auch weiß ich nichts von seiner Herkunft oder seiner Familie, während Eva mir alles davon offenbart hat.

Ich wusste nur das von Kyle, was jeder von ihm wusste. Er hat schwarze Haare, weiße Augen, ist mit Eva irgendwie verbündet oder verbrüdert, genießt sein Dasein als moderner Zombie voll und ganz und ist etwa fünf Zentimeter größer als ich.

„Er ist sauer.", die Brünette seufzt und ich spüre, wie sie sich auf meine Brust legt. „Wie immer, eigentlich."

„Kann er es nicht endlich gut sein lassen? Niemand weiß, was sein Problem ist und dennoch zieht er alle mit hinein und schmiedet seine seltsamen Rachepläne."

Kyle wurde im Jahr 10 verwandelt. Seitdem will er sich an irgendwem rächen. Eigentlich ist es erstaunlich, dass er so nachtragend ist. Immerhin sind 2007 Jahre eine lange Zeit. Doch Eva meint immer nur, dass Kyle seine Gründe dafür hätte und sowas.

„Du solltest das nicht zu laut sagen.", verlegen beginnt Eva zu lachen und setzt sich auf, was ich ihr gleich tue. „Warum nicht? Weil der Zombie mich sonst kalt macht? Dafür müsste er erstmal aus seinem Keller heraus kommen."

„Ja ... weißt du--" Eva wird durch meine Tür, welche sich schwungvoll öffnet und an die Wand knallt, gestört. Na super. Ich hätte das wirklich nicht laut sagen sollen. Ehe ich mich versehen kann, werde ich von einer kräftigen Hand an der Kehle gepackt und gegen meine Zimmerwand gedrückt.

„Du weißt doch, dass ich keine Luft brauche.", krächze ich den Schwarzhaarigen an, da er meine Stimmenbänder zerdrückt. „Das nicht, aber du hasst es in der niederen Position zu sein.", die weißen Augen mustern mich krankhaft und langsam tritt Kyle näher an mich heran. „Schade, dass ich dich nicht beißen kann. Ich wüsste zu gerne, was passieren würde, wenn Zombie und Vampir ineinander aufeinander treffen."

„Kyle lass ihn runter, das bringt doch nichts.", ich sehe, wie sich Evas Hand auf die Schulter ihres Verbrüderten legt, doch der Zombie scheint davon weder angetan noch überzeugt.

„Kyle, hör auf damit.", fordert die Brünette wieder und wird harsch in ihrem Ton, doch auch das scheint den Älteren nicht zu interessieren. „Komm schon.", sie fährt ihm durch die schwarzen Locken und krault seinen Nacken, woraufhin der Zombie die Augen schließt und mich schließlich los lässt.

„Geht doch. Und jetzt lass ihn in Ruhe, er kann nichts für deine Launen."

Kyle dreht sich langsam zu Eva um und streichelt durch ihre Haare, ehe er seufzt und durch die hölzerne Tür verschwindet.

„Kann der seinen Rachefeldzug nicht endlich mal aufgeben? Die Person, gegen die er diesen Groll hegt, wird doch eh schon verstorben sein. Immerhin ist das 2007 Jahre her.", genervt lasse ich mich auf meinem Bett nieder und schaue zu Eva, die nur mit den Schultern zuckt und dann den Blick senkt.

Sie weiß genau, dass Kyle diesen Zorn nicht einfach runterschlucken kann. Sie weiß auch an wen dieser Zorn überhaupt gerichtet ist. Doch nichts geht über einen mit Blut besiegelten Pakt. Sie hat ihre Schweigepflicht vor Jahrhunderten mit ihrem Blut und dem eines Erstgeborenes besiegelt und damit kann dieser Schwur auch nicht gebrochen werden.

So ist das leider in der übernatürlichen Welt – Blut ist mehr als nur eine rote Flüssigkeit, die durch unsere Körper gepumpt wird.

Blut erhält Vampire und Ghoule am Leben. Ebenso wie Werwölfe und Wendigos. Sie alle ernähren sich davon.

Blut zu Blut ist wie ein Kleinerfingerschwur oder ein Inidanerehrenwort. Man hat diesen Verträgen und Versprechen Folge zu leisten, wenn sie mit Blut vereinbart wurden.


„Ich werde gehen. Sicher ist sicher, Dylen. Nicht, dass Kyle sich wieder mit Gabriel prügelt und dabei zerfetzt wird.", murmelt die Formwandlerin und umarmt mich fest, ehe sie aufsteht, ihre Barbie-Gestalt annimmt, woraufhin ein fleischiger Klumpen in meinem Zimmer liegen bleibt und dann mit blonden Haaren, stark geschminkten Augen und Siliconbrüsten aus meinem Zimmer marschiert.

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass sie eine billige Nutte wäre.

Endless Life // [ BoyxBoy] \\ ABGEBROCHENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt