7. Nachts

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PoV Manu

"Manu? Ich habe mich heute mit meiner Mutter in der Stadt verabredet. Wir wollen heute ein Brautkleid kaufen. Da kannst du echt nicht mit", informierte Christina mich beim Frühstück. Erleichtert atmete ich aus. Das hätte ich eh nicht gewollt. "Viel Spaß euch. Ich treffe mich vielleicht mal wieder mit Claus"

Gesagt, getan, inzwischen saßen Claus und ich in unserer Stammkneipe. Es war schon Abend, den ganzen Tag hatte ich nichts getan und war faul gewesen. "Wie läuft die Planung so?", Claus nahm einen großen Schluck Bier. Ich lächelte zufrieden. "Pat ist echt eine große Hilfe. Er macht sich echt Gedanken und hat viele gute Ideen. Die Location hat mich heute echt umgehauen. Es ist der Waldsee", erklärte ich begeistert. "Der hängt sich anscheinend ganz schön da rein. Fast so, als wäre es seine eigene Hochzeit", stellte Claus belustigt fest und ich nickte zustimmend. Schon irgendwie süß von ihm. Oder er erledigte seinen Job einfach immer so gewissenhaft. Aber dann hätte er mir seinen geheimen Ort doch nicht gezeigt. Oder?

Doch ich vertrieb diese Gedanken aus meinem Hirn, und trank mit Claus noch ein Bier.





 

PoV Claus

Es ist schon nach zwei Uhr morgens, als wir die Kneipe hackedicht verlassen. Ich hatte zwar nicht viel getrunken, aber Manu hatte es mal wieder maßlos übertrieben. Zu seinen geplanten Bier kamen dann noch, ohne auf mich zuhören, zwei Schnaps und einige Cocktails. Manu wankte fröhlich lachend vor mir her, auch ich hatte schon einige Gleichgewichtsprobleme. Wir liefen lachend nebeneinander weiter zur Bahn-Haltestelle. Plötzlich fing Manu an, zu würgen und ich hielt ihn sofort fest. Er röchelte etwas und hustete weiter. "Scheiße", murmelte ich und zog Manu an die Straßenecke. Kaum waren wir dort angekommen, leerte Manu etwas von seinem Mageninhalt gegen die Laterne. Ich seufzte, während ich ihm über den Rücken strich. Es war eine dumme Angewohnheit von ihm, noch am selben Tag alles wieder auszukotzen. Und deswegen ging ich davon aus, dass Manu es nicht 'unfallfrei' nach Hause schaffen würde. Auf die Schnelle kam mir nur eine Idee. Hoffentlich war er nicht böse, es war ja schon zwei Uhr. "Manu, kannst du mir mal dein Handy geben?". Manu, der schon ganz grün geworden war, stützte sich mit einer Hand an der Hauswand ab und nickte mit abwesendem Blick. Er würgte noch immer ab und zu. Mit zitternden Fingern zog er sein Handy heraus und hielt es mir hin. Immerhin ist er noch ansprechbar, dachte ich, während ich seine Kontaktliste durchscrollte. Bei Pat blieb ich hängen und drückte nach kurzem Überlegen auf den grünen Hörer. Es tutete lange, bis es knackste. "Manu?", Patrick klang verschlafen, verständlich. "Nein, hier ist Claus. Aber Manu steht neben mir uns kotzt sich die Seele aus dem Leib. Könntest du uns abholen?", meldete ich mich. Kurz schien er zu überlegen, dann bejahte er. "Okey. Wo seid ihr denn, dann bin ich gleich da". "Ecke Schillerstraße und der Kneipe". Patrick lachte. "Ich wohne nur zwei Straße weiter. Apfelstraße 11. Glaubst du, ihr schafft es, oder soll ich kommen?". Mit einem kurzen, prüfenden Blick zu Manu, der inzwischen die Augen geschlossen hatte und eine Hand auf seinen Magen gepresst hatte, bejahte ich. Manu würde es schon schaffen. "Wir gehen jetzt zu Patrick, in Ordnung? Da kannst du schlafen, also los.", mit diesen Worten steckte ich Manus Handy ein und griff seinen Arm.

Irgendwann standen wir vor Patricks Haus. Inzwischen war ich froh dass Patrick uns nicht abgeholt hat, denn auf dem zehnminütigen Weg hatte Manu sich noch zwei Mal übergeben.
Patrick öffnete die Tür und fuhr sich erstmal durch die Haare, als er Manu erblickte. Würde ich Manu nicht schon so lang kennen, wäre ich auch erschrocken. Im Suff sah er nämlich meistens aus wie eine Leiche. "Wollt ihr hier schlafen?", begrüßte er uns und ich führte Manu in den Flur. "Das wäre echt super. Aber nur, wenn es keine Umstände macht, Patrick", lächelte ich. "Kein Problem, mach ich gern-", er wurde unterbrochen von Manu, der auf einmal wieder anfing, zu würgen. Alarmiert zog er Manu im Arm zu einer Tür und öffnete sie schnell. Es war die Toilette. Nach einer Weile kam ein gestresster Patrick heraus. "Er lernt es nie", beantwortete ich seine stumme Frage und er nickte verstehend. "Ich habe für dich das Sofa fertig gemacht. Erste Tür links", er deutete auf besagte Tür, "ich hab auch Wechselklamotten hingelegt, wenn du sie brauchst", erklärte er. "Ich kümmer mich schon um Manu. Geh schon schlafen, du siehst auch nicht gerade fit aus", riet er mir. "Danke, Patrick,  das ist echt nett von dir", sagte ich ehrlich, ehe ich im Wohnzimmer verschwand. Bevor ich mich schlafen legte, schrieb ich noch schnell Chrissie.

Hey, Claus hier. Manu ist mal wieder hackedicht, wir übernachten bei Patrick.




PoV Patrick

Schnell ging ich zu Manu zurück, der noch immer über der Kloschüssel hing. Ich strich ihm über den Rücken und hielt ihm eine Wasserflasche hin, die er dankend annahm. Nachdem er sich halbwegs beruhigt hat, brachte ich ihn in mein Bett. Einen Eimer hatte ich zur Sicherheit schon daneben gestellt. Ich setzte mich ans Bett und betrachtete den hübschen jungen Mann, der inzwischen nicht mehr grün, sondern weiß im Gesicht war und die Augen erschöpft geschlossen hatte. "Was machst du nur für Sachen, Kleiner?", murmelte ich und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Die ganze Nacht wachte ich an seinem Bett.

Ich wachte von einer Berührung an meiner Stirn auf. Ich war im Schlaf auf die Bettdecke gesunken.
Ich erhob mich und wollte aufstehen, doch eine kalte Hand an meinem Arm hielt mich fest. "Bleib hier", nuschelte Manu. Ich musste lächeln. Mit meiner freien Hand strich ich Manu über die Wange, zu süß sah er gerade aus. "Ich hole mir nur einen Stuhl, Manu, ich bin gleich wieder da", flüsterte ich und zog meinen Arm aus Manus schwachem Griff.







PoV Manu

"Komm doch ins Bett", bot ich an, doch Pat war wohl schon weg. Ich bekam kaum noch mit, wie er einen Stuhl neben sein Bett schob und sich darauf setzte, dann war ich schon eingeschlafen.

Der nächste Morgen war schrecklich. Mein Kopf dröhnte und fühlte mich, als müsste ich mich wieder übergeben. Mein müder, verschwommener Blick fiel auf Patrick, der zusammengekauert auf einem Plastikstuhl saß und dessen Haltung alles andere als gesund aussah. Wieso schlief er auf dem Stuhl? Nur verschwommen konnte ich mich daran erinnern, wie er mir immer wieder geholfen hatte, als ich mich übergeben musste. Wie süß von ihm, dass er mir sein Bett überlassen hatte.
Plötzlich kam wieder alles in mir hoch und ich suchte total geistesgegenwärtig nach einem Mülleimer oder so, denn bevor ich in Pats Bett brechen musste, lieber in den Müll. Ich fand einen leeren Eimer neben dem Bett stehen und mein Kopf verschwand tief darin, als ich versuchte, möglichst leise zu kotzen, um Pat nicht aufzuwecken, denn so wie ich mich und Claus kannte, ist es gestern wohl ziemlich spät geworden. Das kann ich ihn ja später fragen, beschloss ich und hielt mir leise stöhnend den Kopf. Scheiße, hatte ich Kopfschmerzen. Warum muss ich nur immer so übertreiben?

KürbisTumor - Wedding PlannerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt