6. Am See

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PoV Manu

Ich stand jetzt schon seit fünf Minuten unten an der Straße und wartete auf Patrick. Ich sah auf die Uhr. 12:02 Uhr. Irgendwie freute ich mich auf den Tag mit Pat. Ich hoffte, ich konnte ihn auf andere Gedanken bringen. Gestern hat er völlig neben sich gewirkt, was mir echt Sorgen gemacht hatte. Doch er wollte nicht reden. Das mindeste, was ich jetzt tun konnte, ist ihn abzulenken. Und genau das versuchte ich heute. Dafür hatte ich mir etwas ausgedacht, weswegen ich einen großen Korb neben mir stehen hatte. Ich wollte heute mit Patrick entspannt picknicken am See, den er mir heute zeigen wollte. Heute sollten es immerhin bis zu 30 Grad werden. Christina fand die Idee großartig, denn auch sie war gestern ziemlich besorgt um Patrick gewesen. Sie selbst machte sich einen schönen Tag mit ihren Mädels. Es gab ja schließlich viel zu erzählen.

Ein Auto fuhr in die Straße und hielt direkt vor mir an. Darin saß Patrick mit einer Sonnenbrille, die ihm wirklich ausgesprochen gut stand. "Steig ein, Manu!", rief er mir zu und ich tat, wie mir geheißen. Patrick schien wieder gut drauf zu sein, sein Gesicht war nicht mehr so weiß wie gestern, und seine Augen hatten ihren Glanz wieder, als er seine Sonnenbrille hochschob um mich zu umarmen. "Was hast du denn dabei?", fragte er belustigt nach, als er meinen Picknickkorb bemerkte. "Ist eine Überraschung für dich."
"Für mich? Muss ich jetzt Angst haben? Aua!" Patrick sah mich gespielt böse an, als ich ihm mit meiner Faust in die Schulter boxte.

Der Rest der Fahrt verlief schweigend, denn Pat hatte bald aufgegeben, aus mir herauspressen zu wollen, was denn die Überraschung sei.

"Da sind wir. Wir müssen ein Stück laufen, Manu. Soll ich den Korb tragen?", bot Pat, ganz der Gentleman, an, als wir an einem Parkplatz hielten und ausstiegen. Ich schüttelte den Kopf. "Netter Versuch, Pat, aber danke, ich trage ihn lieber selbst. So schwer ist er nicht.". Patrick zuckte mit den Schultern. "Wie du willst. Dann komm mit". Er schlug einen Trampelpfad direkt in den Wald ein und ich beeilte mich, ihm zu folgen.

Unser Weg führte uns durch den dichtesten Wald, der angenehm kühl und still war. "Es ist wunderschön hier", wisperte ich. Ich sprach leise, um die Atmosphäre nicht zu stören, indem ich hier rumschrie. Pat nickte. "Wart ab, bis wir am See sind", entgegnete Patrick und lief zielstrebig weiter. Ich selbst hatte die Orientierung schon längst verloren, doch vertraute voll und ganz auf Patrick.

Irgendwann wurde der Wald wieder heller und lichter. Zwischen den immer weniger werden Bäumen konnte ich bereits das Wasser glitzern sehen. Und als wir den Wald endgültig hinter uns ließen, war ich bereits total verzaubert von diesem Ort. Wir standen vor einem riesigen See, um den herum sich nur Bäume, Gras und ähnliches befanden. Die Natur war hier so unberührt, und man konnte die Vögel klar zwitschern hören. Ich blieb stehen. Pat neben mir. "Und? Was meinst du?", fragte er mich leise. "Es ist perfekt", stieß ich hervor. Erst später ist mir klar geworden, dass er von der Hochzeit geredet hatte. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an dieser so unberührten Natur. "Hier wurden schon einige Hochzeiten gefeiert. Aber was die Leute nicht wussten, ist dass das hier noch lang nicht alles ist.", Patrick ging mir vorraus wieder auf eine Baumgruppe zu und als wir sie durchquert hatten, verschlug es mir den Atem.

Das vorhin war ja schon wunderschön, doch das hier war das Paradies. Wir standen in einer Lichtung, die voll mit Blumen gewachsen ist, und am anderen Ende der Lichtung stand eine kleine Hütte aus Holz. Ich stellte meinen Korb ab und ließ mich einfach ins Gras fallen. Sog den Geruch von Blumen, Gras und frischer Luft ein. Die Sonne spitzelte zwischen den Baumkronen hervor. Ich seufzte verträumt.

"Na, zufrieden?", Pat setzte sich neben mir ins Gras und lächelte. "Es ist wunderschön, Pat. Ich habe eine Kleinigkeit für uns dabei", ich zog den Korb zu mir heran und öffnete ihn.

"Ein Picknick?", wollte Pat überrascht wissen, als ich eine karierte Decke aus dem Korb zog. Teller, belegte Brote und Pappbecher folgten.
Schnell war alles aufgestellt und wir saßen uns im Scheidersitz gegenüber. "Guten Appetit, Manu. Das hättest du echt nicht tun müssen" Pat wurde ein wenig rot, als er das sagte und ich musste grinsen. "Wollte ich aber. Und jetzt widersprich nicht, sondern iss. Oder muss ich dich füttern?"

Eine Weile kauten wir unser Essen, bis ich die schöne Stille unterbrach.
"Wieso hast du mir diesen Ort gezeigt? Ich meine, es war doch irgendwie dein eigener persönlicher."

"Mein eigener? Das nicht, aber niemand außer mir kennt ihn. Und wieso? Weil ich möchte, dass deine Hochzeit etwas besonderes wird, Manu. Einzigartig. So wie du"

So wie du, wiederholte mein Gehirn diese Worte immer und immer wieder.

Ich lächelte verlegen und spürte, wie mir mein Blut in den Kopf schoss. Ich glich wahrscheinlich einer Tomate.

Auch Pat ist ziemlich rot geworden, warum, wusste ich nicht. Vielleicht hatte er es sonst nicht so mit Komplimenten. Still aßen wir einfach weiter. Nach dem Essen verstauten wir wieder alles im Korb und blieben noch der Decke sitzen.
Ich legte mich hin, streckte meinen Kopf zur Sonne und schloss genießerisch die Augen. "Hey, du hast meine Sonne geklaut", beschwerte sich Patrick auf einmal und ich öffnete meine Augen nochmal kurz. Er hatte recht, er saß komplett im Schatten, während an meinem Platz kein Baum die Sonne davon abhielt, mich zu wärmen. Ich grinste un schloss meine Augen wieder. Stumm klopfte ich neben mich, und konnte hören, wie Pat meiner stillen Aufforderung nachkam. Jetzt lag er neben mir. "Weißt du, Pat, ich bin froh, dass wir heute zusammen hier sind und du mir diesen Ort gezeigt hast. Danke, dass du mich hieran teilhaben lassen hast", murmelte ich nach einiger Zeit leise, doch ich erhielt nur ein leises Atmen als Antwort. Pat war eingeschlafen, wie mir ein Blick nach rechts zeigte. Grinsend schloss auch ich die Augen. Die Sonne und das Essen hatten mich so müde gemacht, dass es nicht lange dauerte, bis auch ich im Land der Träume war.

Irgendwann wachte ich von einer Bewegung auf meiner Brust auf. Verwirrt öffnete ich die Augen. Was ich dann sah, ließ mich lächeln. Pat lag mit dem Kopf auf meiner Brust, hatte die Augen geschlossen und lächelte selig. Offenbar schlief er noch. Er hat sich wohl im Schlaf halb auf mich gerollt. Ich genoss es, und fing an, unbewusst mit meiner Hand durch seine Haare zu streichen. Ich wusste nicht, wieso, aber es fühlte sich gerade einfach zu richtig an. Hier mit ihm zu liegen und einfach die Stille zu genießen. Pat regte sich wieder und blinzelte verschlafen. Ertappt zog ich meine Hand aus seinen Haaren und verschränkte sie über meinem Kopf, während ich ihn anlächelte. "Na, auch schon wach, Schlafmütze", sagte ich leise zu ihm. Er guckte mich von unten mit seinen braunen Augen so verschlafen und desorientiert an, dass ich lachen musste. Dann schloss er die Augen wieder und drehte sein Gesicht an meine Brust. Wie süß. "Patrick? Wir müssen aufstehen", flüsterte ich sanft, als er weiterhin keine Anstalten machte, aufzustehen. Bei seinem Namen hob er ruckartig den Kopf und nuschelte irgedwas, das die Worte "Sorry" und "ausversehen" enthielt. "Alles gut, Pat", beruhigte ich ihn, als ich mal wieder einen Rotschimmer auf seinen Wangen beobachten konnte. Er sah mir kurz dankbar in die Augen und begann dann, schnell die Decke zusammen zu falten, nachdem ich aufgestanden bin.

Jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend gingen wir stumm den Weg zurück. Ich verließ diesen fantastischen Platz nur ungern.







PoV Patrick

Ich fiel fix und fertig in mein Bett. Der Tag mit Manu war so unglaublich schön gewesen, doch meine Aktion im Schlaf hatte alles kaputt gemacht. Ich habe mich unbewusst im Schlaf halb auf ihn gelegt. Zum Glück wusste er nicht, dass ich auch noch von ihm geträumt hatte. Ich ärgerte mich selbst, dass ich mir, als er mich aufgeweckt hatte, eingebildet hatte, dass er mir durch die Haare gestrichen hat, und mich deswegen noch total schlaftrunken an ihn gekuschelt habe. Es war so ein schönes Gefühl gewesen, neben ihm aufzuwachen, und mein Herz hatte in diesem Augenblick so unfassbar schnell geschlagen und mein ganzes Gehirn hatte sich an den Gedanken festgeklammert, dass Manu mir tatsächlich durch die Haare gefahren war. Was für eine dämliche Hoffnung, natürlich hatte er das nicht getan, wieso sollte er auch. Noch immer wollte ich für meine Aktion am liebsten im Boden versinken, wenn ich daran dachte, wie verliebt ich ihn angestarrt haben muss. Ich war nur froh, dass Manu mir versichert hat, das er mir nicht böse war. Er muss sich schließlich bestimmt bedrängt gefühlt haben, als er mich schlafend auf seiner Brust vorgefunden hatte. Und dann kam die Erkenntnis ganz schnell. Ich war dabei, mich in Manu zu verlieben und es wurde mit jedem Tag schlimmer.

Mit diesen Gedanken schlief ich irgendwann ein.

KürbisTumor - Wedding PlannerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt