Kapitel 27 - ,,Wir müssen reden, Harry."

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Alisha's Sicht:

,,Miss Tomlinson, sie sind schwanger im zweiten Monat. Sie erwarten ein Baby. Herzlichen Glückwunsch."

Ich brauchte ein paar Sekunden um diese Nachricht zu verdauen, bevor ich wieder klar denken konnte, doch richtig realisiert hatte ich die Situation noch nicht. Es war als wäre ich gar nicht richtig da. Es war wie ein unsichtbarer Schleier, der zwischen mir und dem Hier und Jetzt hing. Mein Körper hatte auf automatisch umgestaltet und ich bekam alles nur noch teilweise mit. Tausende Gedanken rasten in meinem Kopf umher und mir wurde schon ganz schwindelig dabei. Erst als ich schon längst wieder mit einer auf mich einredenden Melissa vor dem Auto stand, erwachte ich aus meiner Schockstarre oder wie auch immer man es nennen wollte.

,,Mir geht es gut.", beantwortete ich Melissa's häufig gestellte Frage und fuhr mit dabei mit einer Hand durch meine langen Haare, um erstmal tief durchzuatmen. ,,Was soll ich denn jetzt machen?", flüsterte ich verzweifelt vor mich hin, doch meine beste Freundin hatte mich trotzdem verstanden und wusste genau was ich damit meinte und was Sache war. Wahrscheinlich hatte sie es schon an meiner Reaktion erahnt. Ich fing an irgendwelche unkontrollierbare, schnelle Bewegungen zu machen, während mir immer mehr Tränen die Wangen hinunter liefen und ich laut schluchzen musste. ,,Hey, alles ist gut, Ally.", versuchte die Blondine mich zu beruhigen und wollte mich in den Arm nehmen, doch ich schlug ihre Hand weg. Schnell brachte ich einen gewissen Abstand zwischen uns und sank dann kraftlos auf den kalten Boden. ,,Nein, lass mich bitte einfach in Ruhe!", rief ich als Melissa wieder auf mich zu kommen wollte. ,,Nichts ist oder wird gut. Ich habe alles kaputt gemacht.", fügte ich noch hinzu und wischte mir dabei ein paar Tränen aus den Augen. ,,Alisha, lass das Theater. Wir gehen jetzt erstmal mach Hause und dann lässt du dir alles einfach mal durch den Kopf gehen und überlegst dann, was du als nächstes tun wirst, okay?", versuchte sie mich zu überreden und hielt mir ihre Hand hin, damit ich aufstehen konnte und auch als Geste, dass sie für mich da ist. In meinem Kopf ratterte alles und es dauerte kurz bis ihre Worte überhaupt zu mir durch gedrungen waren, doch ich war immer noch nicht überzeugt. ,,Ich brauche erstmal ein bisschen Zeit für mich.", murmelte ich und entfernte mich mit jedem Schritt mehr von meiner besten Freundin, die mir erst kopfschüttelnd hinterher sah, mich jedoch dann gehen ließ.

,,Mach bloß nichts, was du später vielleicht bereuen wirst.", rief sie mir noch nach, bevor sie ins Auto stieg und nachdenklich davon fuhr. Wahrscheinlich in Richtung der Villa. Zu den Jungs. Zu Harry. Was sollte ich nur machen? Sollte ich ihm die ganze Wahrheit erzählen und riskieren, dass er mich deswegen verlässt? Selbst wenn er dies nicht tun würde. Was wäre, wenn er deshalb aus One Direction aussteigt? Das könnte ich mir nie verzeihen. Ich wollte nicht der Grund sein, weshalb er alles aufgeben und seine Karriere beenden muss. Niemals war es meine Absicht ihm in irgendeiner Weise im Weg zu stehen. Jedoch konnte ich das Baby auch nicht vor ihm verheimlichen, da ich ihn und die anderen schon einmal belogen hatte und das könnte ich auf keinen Fall nochmal tun. Dieses Mal würden sie mir wahrscheinlich nicht noch einmal so einfach verzeihen, wie beim letzten Mal. Aber andererseits wäre es das Beste für alle, weil sie so ihr im Moment perfektes Leben einfach weiter leben könnten ohne sich irgendwelche Gedanken oder Sorgen machen zu müssen. Es würde alles einfach genau so, wie jetzt gerade bleiben und selbst mir wäre das ehrlich gesagt lieber. Schließlich war ich nicht bereit Mutter zu werden. Ich war gerade mal neunzehn Jahre alt, bald zwanzig, was meiner Meinung nach zu früh ist um Mutter zu werden. Vielleicht ist das bei anderen möglich, aber ich bin noch nicht reif genug dafür, oder? Ich würde direkt versagen, nichts mehr richtig auf die Reihe bekommen und womöglich sogar eine schlechte Mutter sein, da ich von nichts eine Ahnung habe. Harry und ich sind doch noch selbst wie Kinder. Die Vorstellung das genau wir in naher Zukunft Eltern werden würden, ist einfach nur merkwürdig und total absurd.

Seufzend lehnte ich mich um einen herumstehenden Baum und rutschte an ihm bis zum Grund herunter. Mit meinen Fingerspitzen malte ich belanglose Muster ins Gras und versuchte mal nicht an die Zukunft zu denken, sondern an die Gegenwart. An heute. Ich wusste bereits, was ich zu tun hatte und was ich auch tun würde. Mir blieb nichts anderes übrig und Harry hatte definitiv verdient zu erfahren, dass er Vater wird. Natürlich hatte ich Angst vor seiner Reaktion und natürlich würde es mir unheimlich schwer fallen es ihm zu erzählen und die richtigen Worte zu finden, aber es war das einzig Richtige. Also stand ich ohne noch länger zu zögern auf und machte mich auf den Weg zu Melissa und den Jungs, die wahrscheinlich schon auf mich warten würden, da die Blondine ohne mich wieder aufgetaucht ist. Louis hat vermutlich schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben und ist mal wieder völlig am durchdrehen, weil seine kleine Schwester ja einfach so ohne Beaufsichtigung verschwunden ist. Er wird es nie lernen, dass ich mittlerweile schon fast zwanzig und nicht mehr so klein und hilflos bin, wie ich es mit zehn noch war.

Nachdem ich es relativ schnell wieder nach Hause geschafft und auf dem Weg meine Gedanken geordnet hatte, schloss ich schweres Herzens die Tür auf, wo mich Louis sofort, wie an dem Tag als ich von meiner Tour nach Hause gekommen war, mit einer Umarmung begrüßte. Leicht lächelnd drückte ich ihn an mich.

,,Zum Glück geht's dir gut, Alisha.", sagte er seufzend und sah mich fast schon tadelnd an, wovon ich lachen musste. ,,Ist schon gut, ich bin kein kleines Kind mehr.", erwiderte ich grinsend und sah ihm dann über die Schulter, wo ich meinen Freund erkannte. Vorsichtig schob ich mich an meinem Bruder vorbei und wendete mich dann an den Lockenkopf. ,,Wir müssen reden, Harry.", war das einzige was ich sagte, bevor ich ihn an seiner Hand mit nach oben in unser Zimmer zog, um ihm alles zu erklären und die Wahrheit zu erzählen.

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