d.h.: Kapitel 14

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Es vergingen einige Stunden. Anstatt mit uns zu essen, sind mein Vater und Layla direkt zu meiner Mutter ins Krankenhaus gefahren. Noch immer war es für sie kritisch. Ich würde lügen, wenn ich sage, sie taten mir nicht leid. Doch ich musste feststellen, dass ich nicht trauerte. Meine Eltern und ich hatten uns zu sehr auseinandergelebt. Und auch, wenn das Kriegsbeil eine Weile begraben war, jetzt war es wieder draußen und das würde sich in ihren Lebzeiten leider nicht ändern. 

Das einzige was ich hoffte war, dass Layla irgendwann zur Vernunft kommen würde. Sie soll sich nicht von ihren Eltern abwenden. Das würde ich niemals verlangen. Aber sie soll erkennen, dass die Welt nicht nur in gut und böse eingeteilt werden kann. Und dass es manchmal besser ist, wenn man jemanden von den Bösen kennt und mit ihm arbeitet, als ihn als Gegner zu haben. 

Justin und ich standen allein in der Küche. Er wollte abwaschen, damit ich mich ausruhen konnte. Ich umarmte ihn von der Seite und gab ihm einen Kuss auf die Wange, um meine Dankbarkeit auszudrücken, auch wenn ich es nicht musste. Sydney spielte im Wohnzimmer mit Arizona. 

»Du hältst mich von der Arbeit ab«, sagte Justin und drehte sich dann zu mir um. Auf seinen Lippen lag das wunderschöne Lächeln, das ich so an ihm liebte. Seine Arme legte er um meine Taille, wodurch er automatisch näher kam. Nun lächelte auch ich. 

Er beugte sich hinunter und küsste mich sanft. Etwas daran erinnerte mich an unseren ersten Kuss. Meine Arme legten sich um ihn und aus diesem sanften, liebevollen Kuss, wurde ein leidenschaftlicher. Es endete damit, dass er mich hochhob und auf der Theke wieder absetzte. 

Meine Hand fuhr an seinem Rücken unter das T-Shirt. Doch lange hielt dieser Moment nicht an, denn jemand betrat die Küche. Aus Angst, dass es Sydney war, schreckten wir auseinander. Doch es war nicht unsere Tochter, sondern Mary. Erst sah sie uns nur an, denn auch sie schien nicht mit dem gerechnet zu haben, was sie hier sah. 

Dann grinste sie, was schnell in ein Lächeln überging. »Es freut mich, dass ihr noch immer frisch verliebt sein könnt«, sagte sie, was mich ebenfalls zum lächeln brachte. Ja, das freute mich auch. Und wir hatten noch eine Ewigkeit vor uns. 

Justin wusch dann weiterhin ab. Gerade wollte ich zu Sydney, doch ich hörte Schreie. Nicht vom Inneren des Hauses, sondern von außerhalb. Schnell rannte ich raus und da ich hinter mir Schritte hörte, war ich wohl nicht die einzige. 

Was ich draußen sah, schockierte mich. Überall war Feuer. Unsere Nachbarhäuser brannten lichterloh. Vielleicht hätte ich ja an ein Unglück geglaubt, doch ich erblickte Sasha, der gemütlich an einem Baum lehnte und all das betrachtete. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass er es war. 

»Das war beeindruckend und zugleich beängstigend.« Diese Wörter kamen von Jorge. Das wusste ich, ohne ihn anschauen zu müssen. Solche Worte konnten nur von ihm kommen. 

Hunter gesellte sich zu uns, während ich noch immer zu geschockt war, um etwas zu sagen. »Ich habe euch gesagt, ihr hättet keine Chance gegen ihn«, sagte er, als wäre das der perfekte Beweis dafür. Doch es war nicht nur das. Nein, es zeigte auch wie gefährlich und unberechenbar er war. 

»Er hat einfach nur seine Hände gehoben und alles war in Brand..er« Jorge stockte. Mir war bewusst, dass er alles gesehen haben musste und uns nicht gewarnt hatte. »Du hättest uns damals locker umbringen können.« Er sprach von Sasha. Und das war nur daran zu erkennen, weil er ihm zugewandt war. 

Sasha sah nun auch zu uns, als hätte er erst jetzt mitbekommen, dass wir hier waren. Er zuckte mit den Schultern. »Ich hatte mich nicht angestrengt«, gab er zu. Ich atmete tief durch, damit ich ihn nicht gleich anschreien würde. Bevor ich das tat, wollte ich wenigstens eine Begründung. 

»Warum?« Mehr sagte ich nicht. Nur dieses eine Wort. Niemand sonst hatte diese Frage bisher gestellt. Alle standen nur geschockt da. Mary versuchte mit Xenia etwas von dem Feuer zu löschen, oder aber einige Menschen zu retten. Doch der Rest stand einfach nur rum. 

»Sie werden denken, wir seien verschwunden, nachdem hier ein tragisches Feuer ausgebrochen ist. Vielleicht kommen sie dann nicht darauf, dass wir hier sein könnten«, antwortete Sasha locker. Vielleicht? Er tat das alles für ein 'vielleicht'? Hätte er uns gewarnt, dann hätten wir die Menschen wenigstens noch rausholen können. 

»Da haben Menschen gewohnt!« Nun schrie ich. Es gab keinen Grund mehr, ruhig zu bleiben. Sasha kam näher zu mir. »Und jetzt leben sie oben oder unten weiter«, entgegnete er. »Du hast gemordet!« Nun schien er derjenige zu sein, der tief durchatmete. 

»Es musste echt aussehen, Kayleight. Dämonen würden mitbekommen, wenn dabei niemand stirbt. Ich mag aussehen wie ein harmloser Teenager, aber das bin ich nicht. Ich bin ein Monster und du solltest beginnen das zu akzeptieren«, sagte er vollkommen ruhig, obwohl ich ihn angeschrien hatte. Er schien ein reines Gewissen zu haben. 

Vermutlich hatte er uns einen Vorsprung verschafft. Doch war es das Wert? Der Tod von mehreren Menschen? Nein, nicht für mich. Und doch würde ich jetzt damit leben müssen. Ich konnte ihn anschreien, doch das würde nichts bringen. Es würde nichts rückgängig machen. 

Sydney, die die ganze Zeit hinter mir gestanden hatte, sah nun ängstlich hervor. Ich sah zu ihr hinunter. Vielleicht wäre es besser gewesen, sie würde all das nicht sehen. Aber sie würde sich daran gewöhnen müssen. Sydney war kein normales Kind und je eher sie das verstand, desto besser konnten wir sie später schützen. Ich wollte sie nicht anlügen. Also werde ich nichts vor ihr verstecken. 

Ihr Blick hing jedoch nicht auf mir, sondern auf Sasha. Sie musste wissen, dass er Schuld an allem war, schließlich war sie nicht dumm. Sie hatte unser Gespräch belauscht. Dennoch schenkte sie ihm ein Lächeln und griff nach seiner Hand. 

Justin wollte etwas sagen, doch ich zog ihn mit ins Haus, während sich die anderen an die Löscharbeiten machten. Riley war losgefahren, um Cress zu holen. Arizona gab ihr bestes und was würden Justin und ich gleich machen? Streiten. Woher ich das wusste? Nun, ich kannte Justin. 

Im Schlafzimmer schloss ich die Tür, bevor ich zu ihm sah. »Was soll das? Du akzeptierst, dass Sydney in Sashas Nähe ist? Nach allem was geschehen ist?« Sein Blick war fragend und verwirrt. Er verstand es nicht. Das tat ich ja nicht einmal selber. 

»Er wird ihr nichts tun«, war alles, was ich dazu sagte. Mir fiel keine andere Begründung ein. »Das kannst du nicht wissen! Er ist ein Dämon, verdammt!« Nun schrie er. Es kam selten vor, dass er mich anschrie und nun wusste ich, dass er wütend war. 

Ich seufzte. »Während du dich darüber aufregst, habe ich mich erkundigt. Es ist selten und ich heiße es definitiv nicht gut, aber wenn diese Verbindung ihn davon abhält, schlachtend durch die Gegend zu laufen, dann kann ich damit leben, Justin.« Ich versuchte, ruhig  zu bleiben, denn ich hasste es, wenn wir streiten. 

»Er wird immer in unserer Nähe sein. Mir ist klar, wie selten solche Verbindungen sind, nicht nur bei Dämonen. Und hast du nur eine Sekunde daran gedacht, dass er sie auf seine Seite ziehen kann? Schließlich hat sie Kräfte«, sagte er. Ich seufzte. Natürlich hatte ich daran gedacht. Wie konnte ich auch nicht? Doch das brachte alles nichts. 

»Sydney muss ihren eigenen Weg gehen. Ich würde sie gern als gute Person sehen. Und ich kenne meine Tochter gut genug, um zu wissen, dass sie sich dem Bösen nicht hingeben wird. Aber ich hoffe, unsere Tochter ist klug genug, um zu erkennen, dass die Welt nicht nur schwarz und weiß ist. Solange unsere Tochter also glücklich ist und niemand stirbt, kann ich mich damit arrangieren.«

Justins Blick wurde weicher und er seufzte. »Ich will das nicht.« Nun verdrehte ich die Augen und nahm seine Hand. »Wenn ich nach dem Willen meiner Eltern gelebt hätte, wären wir nicht verheiratet, ich wäre Jägerin und würde Leute wie dich töten. Hab ich aber nicht.« Ich war sogar froh darüber, dass ich nicht auf meine Eltern gehört habe. Vor allem jetzt, wo ich meine Schwester sah. 

»Das ist nicht das selbe, er ist ein Dämon«, argumentierte Justin und nun schmunzelte ich. Justin hatte schon nachgegeben. Er versuchte einfach nur noch, seine Position zu rechtfertigen. »Das ist Hunter auch. Laut Xenia war er auch nicht gerade der netteste. Du musst ihn ja nicht mögen, Justin. Das verlangt niemand.« Seufzend nickte er und ich umarmte ihn. Streitereien waren normal und das wird nicht der letzte Streit gewesen sein. Vor allem nicht mit diesem Thema. Aber wenn man sich wirklich liebt, wird das nicht viel ausmachen, oder?

dark sun ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt