d.h: Kapitel 19

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Einige Stunden später brachen wir bereits auf. Wir verabschiedeten uns von Myla, Jazmyn, Kyle und Felice, die so viel für uns opferten, weil sie uns halfen. Zoe würde uns begleiten, denn sie gehörte als wieder Lebende nicht hier hin. Arizona war bereit für den Zauber und sprach ihn. 

Kurz wurde alles schwarz und dann tauchten wir an unserem altbekannten See auf. Hier ging gerade die Sonne unter, wir würden uns also weiter ausruhen können. Ich schlug vor, für die Nacht ein Lager aufzuschlagen und niemand lehnte diesen Vorschlag ab. 

Zoe sah dann zu mir. »Es ist Vollmond«, sagte sie besorgt, doch ich lächelte nur und zuckte mit den Schultern, was sie offenbar nicht verstand. »Laut einer Weisheit sollte man Werwölfen an Vollmond nicht begegnen«, fuhr sie fort. Sie hatte Angst, uns zu verletzten. 

Gerade als ich den Mund aufmachen wollte, tauchte Cress auf. Die Blondine würde ich überall erkennen, denn sie war nur spärlich gekleidet. Sie hatte Feuerholz in der Hand. Vielleicht hatte sie unsere Idee mit dem Lager mitbekommen. Oder aber sie wollte es für sich selbst holen und etwas Essen. 

»Wenn man Weisheiten beachtet, sollte man auch keiner Meerjungfrau vertrauen«, meinte sie zu Zoes Kommentar, welche sie fassungslos und geschockt ansah. Cress hingegen legte ruhig das Holz ab und sah dann wieder auf. »Ich bin Cress«, stellte sie sich vor. 

»Und eine Meerjungfrau«, stellte Zoe fest und hob eine Braue. »Leibhaftig. Aber ich werde dir nichts tun, keine Angst. Kayleight und ich sind befreundet«, antwortete sie und ich schenkte ihr daraufhin ein Lächeln. 

Ich erklärte Zoe, dass wir uns an Vollmond nie um sie Sorgen machen mussten, sie aber in den Wald könne, wenn es ihr lieber wäre. Das tat sie dann schließlich auch. Sydney beschloss hingegen, Cress mit dem Feuer etwas zu helfen und ordnete mit ihr das Holz. 

»Keine Berührungen«, mahnte ich sie. »Und weg vom Feuer. Cress ist nicht Sasha, sie kann es nicht kontrollieren.« Sydney nickte und da sie meist auf mich hörte, sorgte ich mich nicht allzu sehr ums sie. Außerdem vertraute ich Cress genug, also setzte ich mich zu Justin und beobachtete Arizona und Riley beim Fischen. Oder eher; bei dem Versuch. 

»Ihr wisst, dass Cress das einfach hinbekommen würde, oder?«, meinte Xenia. Auch sie, Sasha und Hunter saßen. Doch Riley murmelte nur irgendwas und machte mit Arizona weiter. Für ihn musste es frustrierend sein, für uns alle war es eine amüsante Abwechslung.

Jorge, der kurz verschwunden war, hatte für jeden Vampir Blut besorgt und gab es uns. Stärkung war jetzt wichtig und Blut machte uns nunmal stark. Nachdem ich meins getrunken hatte, setzte ich mich wieder zu den anderen ums Feuer. Sydney ließ sich auf Justins Schoß nieder und so saßen wir dort und redeten über die Vergangenheit. 

»Wenn man bedenkt, dass du damals so schnell wie möglich gehen wolltest, stehst du uns schon lange zur Seite«, meinte Justin schmunzelt zu Jorge, welcher zustimmte. Als wir ihn kennenlernten, hätte niemand gedacht, dass er zu so etwas wie Freundschaft in der Lage wäre. Doch auf seine Art und Weise war er es wohl doch. 

Arizona war ebenfalls eine Überraschung gewesen und ohne Riley wäre sie bestimmt gegangen. Und Riley. Wer hätte gedacht, dass es ein Jäger so lange mit uns alle aushält? Nur einer fehlte in dieser Runde; Samuel. Doch im Herzen würde er immer dazu gehören. 

* * *

Durch das knistern des Feuers und Sydneys Bewegungen wurde ich wach und setzte mich seufzend auf. Noch immer war es dunkel. Sie hatte in der Mitte von Justin und mir geschlafen. Sasha und Hunter durchsuchten die Gegend etwas, um rechtzeitig warnen zu können und Riley, der hielt Nachtwache. 

Da ich als Vampir nicht viel Schlaf brauchte, stand ich auf und lief zu ihm, wo ich mich neben ihm nieder ließ. »Hey«, sagte ich. Leise genug, damit niemand wach wurde aber laut genug, damit Riley mich verstand. 

»Du solltest schlafen«, sagte er und sah mich an. »Du auch. Wir werden immer noch gesucht und du bist ein Mensch. Wir-« Doch weiter ließ Riley mich gar nicht sprechen. Stattdessen stand er auf und begann zu laufen. 

»Ja, nur ein Mensch. Ich versteh schon.« Seufzend stand ich auf und hielt ihn fest. »So war das nicht gemeint und das weißt du«, entgegnete ich und war schon etwas beleidigt, dass er mir eine solche Bemerkung zutraute, denn schließlich war auch ich vor nicht allzu langer Zeit noch ein Mensch.

Riley sah zu mir. »Irgendwann werde ich aber sterben. Ob durch einen Angriff, oder durch das Alter. Arizona, Justin, du und selbst Sydney - ihr lebt einfach weiter.« Er klang traurig und ich ging näher zu ihm. 

»Wir können dich in einen Vampir verwandeln. Du musst nur fragen«, meinte ich, doch ich wusste, dass er dieses Angebot nie nutzen würde. Riley wollte kein Vampir sein. Niemals. Zwar hat er seinen Hass abgelegt, doch das änderte nichts daran, dass er die Spezies außerhalb seines Freundeskreis nicht sehr mochte. 

Erneut seufzte ich. »Samuel ist weg. Jorge wird nach all dem hier auch gehen. Selbst Mary wird nicht bleiben. Aber Arizona, Justin und ich bleiben mit Sydney hier. Wir brauchen dich«, sagte ich und lächelte leicht. 

»Die ganze Sache hat dafür gesorgt, dass wir uns alle etwas auseinander gelebt haben. Aber sobald die Normalität beginnt, wird das alles wieder.« Nun lächelte auch er leicht und ich war froh, dass die Traurigkeit in seinen Augen verschwunden war. Riley war mir wichtig. Justin hat erst vor kurzem seinen besten Freund verloren, genauso wie ich. Wie konnte er da nur auf die Idee kommen, dass wir glaubten, er würde unter uns stehen?

»Danke Kayleight. Ich glaube, ich musste so etwas einfach mal hören«, sagte er, woraufhin ich ihn umarmte. Freundschaft war das wichtigste auf der Welt, denn Freunde sind für immer. Und bei Vampiren ist so etwas wichtig. Auch menschliche Freunde.

Ein paar Stunden später saßen wir bereits in einem Café in der Stadt, um zu frühstücken. Cress konnte uns jedoch nicht begleiten. Eine Freundin von ihr war in einem menschlichen Fischerboot verunglückt und sie musste der Familie beistehen. 

Hunter hatte Xenia in den Club begleitet, denn er wollte nicht, dass ihr etwas geschah und da die Wachleute dort Vampire waren, wäre sie sicher. Dass Sasha mitkam überraschte mich jedoch, denn auch er benötigte kein Essen. 

»Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich mich in den nächsten Tagen auf den Weg zu Mason mache?«, kam es von Zoe, die sich bruchweise zu erinnern begann. Niemand sagte, sie solle bleiben. Mary würde ihr sogar die Adresse geben. Dann wäre sie wenigstens ebenfalls aus all dem raus und Mason konnte sie beschützen. Er hatte seine Wege.

Unser Frühstück verlief recht entspannt, auch wenn die meisten angespannt waren. Selbst Sasha. Doch der hatte auch allen Grund dazu; er war aus der Hölle ausgebüxt und hat dann noch einen Deal mit Luzifer ausgeschlagen, der ihm den Arsch hätte retten können. 

Niemals hätte ich gedacht, dass ich für ihn Mitleid haben könnte. Doch würden sie ihn mitnehmen, würde es vermutlich so kommen. Am Ende sah er eben aus wie ein 18 jähriger Teenager, der niemandem etwas antun könnte.

Doch der Tag sollte nicht so ruhig bleiben. Es war nur die Ruhe vor dem Sturm. Als wir Zuhause ankamen, konnten wir noch nicht einmal bis zur Tür. Im Nebel tauchte ein Mann auf. Er wirkte etwas älter, doch einen Herzschlag hatte er nicht. Und Sashas Blick nach zu urteilen war er ein Dämon. 


dark sun ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt