d.h: Kapitel 17

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Wir hatten sie damals alle sterben sehen. Jeder könnte es bezeugen. Sie starb durch die Hexen. Um genau zu sein, war sie eine der ersten Freunde, die wir verloren hatten. Obwohl, waren wir befreundet? Loyal einander gegenüber waren wir. Aber als Freundschaft würde ich das nicht bezeichnen. Jedoch standen sie und Mason sich nah. Und auch Justin musste sie recht gut kennen. Wie war sie hier gelandet?

»Zoe? Was haben sie mit dir gemacht? Bist du ein Dämon?« Auch Mary schien sich nun umzudrehen, denn sie gab ein 'Oh mein Gott' von sich. Scheinbar erinnerte sie sich ebenfalls. 

Zoe hatte sich kein bisschen verändert. Auch wenn ihr Tod Jahre her ist, erinnerte ich mich noch an ihre braunen langen Haare und ihre störrische Art. Doch das Feuer in ihren Augen fehlte.

»Ich bin eine Werwölfin«, begann sie mit einer ähnlichen Arroganz wie damals, als ich sie zum ersten mal sah. »Und ich verdanke den Dämonen, dass ich mich wieder frei bewegen darf.« Als sie den Satz beendete, befahl sie zwei anderen Dämonen, Sydney und Xenia mitzunehmen. Sie arbeitete für sie?  

Dass sie nach ihrem Tod in der Hölle gelandet war, das konnte ich nachvollziehen. Sie war keine Heilige und nicht unbedingt besonders nett, was wohl eine Eigenschaft von Werwölfen zu sein schien. Nur Kyle war anders.

»Werden sie hingerichtet?«, fragte Justin, bezogen auf Sydney und Xenia, die nur einige Sekunden zuvor hinausgebracht wurden. Nun bekam ich Angst. Sie würden doch kein Kind hinrichten, oder? Doch die Dämonen oben hatten klar gemacht, dass das Alter keine Rolle spiele. 

Zoe schüttelte allerdings den Kopf. »Die Hinrichtungen finden zeitgleich statt«, antwortete sie und klang gleichgültig. Mir reichte das. »TJ wäre enttäuscht, wenn er dich so sehen könnte.« Vermutlich war er auch hier unten irgendwo. Doch ich bezweifelte, dass er gemeinsame Sache mit Dämonen machen würde. Er mag keiner von den Guten gewesen sein, doch so tief würde er nicht sinken. 

»Woher kennst du ihn?«, fragte Zoe daraufhin schockiert. Sie erinnerte sich an ihn? Das war wenigstens ein Anfang. »Durch Mason. Genauso wie dich.« Nachdem ich das sagte, musterte sie mich zum ersten mal genauer. 

Doch erneut schüttelte sie den Kopf. »Ich kenne dich nicht«, sagte sie, bevor sie die Zelle verließ und uns zurück ließ. Ich fragte mich, ob ein Dämon die Kraft besaß, jemanden Dinge vergessen zu lassen. So wie Sasha, der Feuer machen konnte. 

»Wenn Tote zum Leben erweckt werden, dann vergessen sie alles. Es kehren erst nach und nach alle Erinnerungen zurück,« ertönte eine weibliche Stimme. Ich sah nach rechts. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich eine andere Zelle neben unserer befindet. Obwohl ich mir sicher war, dass sie vorher nicht da war. 

Dort saß eine junge Frau. Sie hatte langes braunes Haar, welches ihr durcheinander über die Schulter fiel. Sie war schlank und dreckig. Außerdem sah es aus, als wäre sie schon ewig hier. Als sie bemerkte, dass ich sie musterte, zeigte sie ihre Zähne. Sie war ein Vampir und sie wirkte schwach. 

»Wie lange bist du schon hier?«, wollte Mary wissen. »Seit einem halben Jahrhundert. Damals bin ich gestorben«, antwortete sie. »Die Kirche«, fügte sie hinzu. Sie starb also durch die Kirche. Dann stand sie auf. Gerade wirkte sie noch schwach, doch nun war es das genaue Gegenteil. Sie könnte es vielleicht mit Justin aufnehmen, wenn sie wollte. Auch, wenn sie niemals gewinnen würde, könnte sie ihn zu Beginn schwächen. 

Sie lief raus und ging an die Gitter, an welcher auch die Tür war. Die Frau war überhaupt nicht in einer Zelle. Nein, das war einfach nur eine Einbuchtung im Gang. Arbeitete sie etwa auch für die Dämonen? 

»Wer bist du?«, wollte ich wissen und musterte sie erneut. Nun lächelte sie und es schien ein ernst gemeintes Lächeln zu sein. »Ihr habt nicht nur Feinde hier unten. Es gibt Leute, die euch helfen wollen. Ihr werdet hier raus kommen«, antwortete sie nur und rannte dann in Vampirgeschwindigkeit weg. 

Was meinte sie damit? Wer war denn alles hier unten? Samuel vielleicht. Doch dieser wurde vermutlich für immer ausgelöscht, nachdem er uns zur Flucht verholfen hatte. Vielleicht noch Felice oder Josi. Das müsste es dann jedoch schon gewesen sein. Und es gab auch die Möglichkeit, dass sie ihren Frieden gefunden haben. 

Womöglich erlaubte diese Vampirin sich einfach nur ein Spiel mit uns. Sie wollte uns Hoffnung auf Flucht machen. Doch das war unmöglich. Wir waren nicht mit Arizona eingesperrt worden und nur sie würde hier raus kommen. Das aber auch nicht überall in der Hölle. Wir waren geliefert.

Mehrere Schritte waren zu hören und ich sah hinaus. Wachen - Dämonen - schleiften Sasha mit. Er lag in schweren Ketten. Vermutlich, damit er nicht verschwinden konnte. Sein Blick glitt zu uns. Er wirkte enttäuscht, was ich nicht verstehen konnte. 

»Ich hatte euch alle für schlauer gehalten«, sagte er, bevor er verschwand. Vermutlich hatte auch er einen Prozess vor sich. Außer er wird direkt ins Fegefeuer geworfen. Bei Dämonen wusste man nie. 

Niemand hier verstand, was er meinte. Doch Xenia war sich sicher, dass es eine geheime Botschaft war. Doch warum sollte ein solcher Satz mehr Bedeutung haben? Er habe uns für schlauer gehalten. 

Mehrere Stunden vergingen, in denen wir nichts taten außer rumsitzen und die Gitterstäbe anstarren. Gefangen zu sein war öde. Auch, wenn ich es mir langweilig vorgestellt hatte, war es noch viel schlimmer. Vielleicht lag das auch daran, dass wir in der Hölle waren. 

Dann kam jemand. Als die Person ins Licht trat, war sie als Zoe zu erkennen. Sie stellte Essen ab und wollte direkt wieder gehen, doch Mary rappelte sich auf. 

»Zoe warte«, sagte sie und Zoe blickte  zu ihr. »Ich weiß, du magst mich nicht sonderlich, denn ich habe meinem Bruder wehgetan und dir war er wichtig«, begann sie und schien nun Zoes Aufmerksamkeit zu haben. 

In Marys Augen bildeten sich einige Tränen. »Ich kenne dich kaum, denn als ich zu euch kam, bist du auch schon verstorben. Und ich habe dich gehasst, weil du uns verraten hast, bis du für uns gestorben bist.« Zoe runzelte die Stirn. Scheinbar erinnerte sie sich kaum an ihren Tod. Es muss schockierend für sie sein, zu erfahren, wie es geschehen ist. 

»Am Ende hat deine Loyalität gesiegt. Ich hätte dich, die Person, die meinem Bruder so am Herzen lag, gern besser kennenlernen können. Also erinnere dich...bitte.« Damit beendete Mary ihre kurze Rede. Und Zoe verließ stumm die Zelle, nachdem sie sie kurzzeitig angestarrt hatte. 

Mary seufzte und wischte sich die Tränen von den Augen, bevor sie normal zu sprechen begann. »Hätte ja klappen können«, meinte sie. Ich wusste, dass das gespielt war. Das war abgesprochen. Dennoch hätte ich ihr jedes verdammte Wort geglaubt und vermutlich war nicht alles gelogen. Nur hoffte ich jetzt, dass diese Worte noch irgendeine Wirkung haben würden. 

dark sun ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt