Prolog

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Dunkelheit. Sie frisst dich innerlich auf, bis nur noch Leere da ist. Leere, die sich nicht mehr füllen lässt. Und man kann ihr nicht entrinnen. Sie zieht durch die Gassen von New York bis nichts mehr von dieser wunderschönen Stadt übrig ist. Bis die Menschen tot sind. Blutleer. Verstümmelt. Seelenlos.

Es war krank, was sich die Kirche alles ausdachte, um Vampire und Hexen unter den Menschen schlecht zu machen. Sie waren der Grund dafür, weshalb wir uns verstecken mussten. Die Kirche war der Grund, weshalb wir aus Europa fliehen und nach Amerika kommen mussten. 

Wir dachten, hier wäre es anders. Die Menschen wären offener und freundlicher. Doch uns wurde rasch das Gegenteil bewiesen. Trotz vieler Freiheiten wurde hier schon eine Ewigkeit Jagd auf Hexen gemacht. Und seit 1900, als seit genau drei Jahren, auch auf Vampire. 

Myla und ich verließen den öffentlichen Platz und liefen ein wenig durch die Stadt. Wir hatten uns schnell angepasst und Amerikanisch gelernt. Man hörte uns kaum noch an, dass wir eigentlich auf einem anderen Kontinent geboren waren. 

In einer Gasse griff Myla nach meiner Hand und verschränkte unser Finger miteinander. Das ließ mich lächeln. Auch, wenn wir das nur in Gassen machen konnten. Es waren solche Momente mit ihr, die ich genoss.

Sie war die einzige, die an meiner Seite geblieben war. Selbst mein Vater hatte sich von mir abgewandt, als ich den Scheiterhaufen überlebt hatte. Nur sie blieb. Und sie versprach, das bis zu ihrem Tod zu tun. Ein Glück, dass wir beide unsterblich waren. Ich hoffte nur, dass wir uns irgendwann auch in der Öffentlichkeit zeigen konnten. 

Mitten in der Gasse blieb Myla auf einmal stehen und sah mich an. Sie wirkte besorgt. Mittlerweile kam das häufig vor, wie ich leider feststellen musste. Ich griff auch nach ihrer anderen Hand und hatte mich ihr zugewandt. 

»Was ist los?«, wollte ich wissen. Ihr Blick huschte von einem zum anderen Ende der Gasse, bevor er schließlich wieder bei mir landete. Sie erzählte mir, dass sie, als sie am letzten Sonntag in der Kirche war, fast enttarnt wurde und sich nun sorgte, jemand könnte ihr oder mir etwas antun. 

»Und ich kann nicht zulassen, dass dir etwas geschieht, Arizona«, sagte sie. Wie sehr sie sich davor fürchtete mich zu verlieren, sagte sie oft. In letzter Zeit hatte dies sogar zugenommen. 

Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und versuchte ihr zu erklären, dass niemand von uns wüsste. Keiner von uns würde sterben und wir würden auf ewig zusammen sein. Doch ich versuchte hierbei nicht nur sie zu überzeugen. Nein, auch mich selbst. 

Damit ich nicht weiter um den heißen Brei redete, küsste ich sie schlussendlich. Normalerweise taten wir das nicht auf offener Straße aus Angst, man könnte uns erwischen. Doch dieses mal war es notwendig. 

»Niemand wird uns trennen, verstanden?«, sagte ich, als wir uns voneinander lösten. Langsam bildete sich auf ihren Lippen ein Lächeln und sie nickte. Ich hoffte so sehr, dass dies stimmte. 

dark sun ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt