Verwirrt

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Um mich herum waren Leute. Viele Leute.

Ich lag auf der Seite, ein Mann kniete neben mir.

"Sie ist wach.", meinte er zu einem Weiterem, der sich etwas auf einem Block notierte.

Ich blinzelte. Alles war verschwommen. Ich stämmte mich hoch und stand aus.

Meine Beine drohten weg zu knicken, die Leute riefen aufgeregt durcheinander, doch ich blieb schwindelnd stehen.

Wer waren diese Männer und was machten sie in meiner Welt?

Ich schloss die Augen, versuchte wieder, in meine Welt zu flüchten, weg von den Leuten.

Ich würde sie vielleicht verletzten. Es waren zu Viele. Ich setzte einen Schritt.

Der Arzt rief aufgeregt etwas, doch ich hörte nichts mehr. Ich setzte einen weiteren und dann rannte ich durch die Menschenmenge, die sich vor mir zu teilen schien.

Es war nicht normal, wenn jemand auf der Straße umfiel. Es war eine der wenigen Attraktionen hier. Plötzlich stand ein Arzt vor mir.

"Scarlett, Sie sind verwirrt. Setzen Sie sich hin, sodass ich Ihnen etwas erklären kann.", meinte er und versuchte mich zu packen.

Körperkontakt mit Fremden. Ich riss meinen Arm zurück.

"Ich nicht verwirrt!", hauchte ich und rannte an ihm vorbei. Ich rannte und rannte, bis ich nicht mehr konnte.

Die Häuser zogen an mir vorbei und ich beachtete sie nicht. Ich hatte Kristalle vor Augen. Sie versperrten mir die Sicht.

Ich musste mein Selbstvertrauen wieder finden. Mich selbst, doch es ist so weit weg von mir. Kann es nicht finden.

Eine dunkelblaue Träne rann aus meinem Augenwinkel.

Ich war in einer Unterführung angekommen. Sie war eine der wenigen sauberen, die es hier gab. Ich stand. Dann reckte ich meinen Kopf nach oben und schrie. Das Licht der Laternen flackerte. Mein Schrei war laut, aber klar. Voller Schmerz, der mich zerquetschte. Kein Mensch konnte diesen Schrei mit anhören, zu viel Leid und unterdrückte Wut steckt darin.

Der Schrei dauerte lang, als meine Stimme zu schwinden schien, ließ ich mich auf die Knie fallen und weinte.

Warum wurde ich nur so gehasst und gestraft und verletzt? Ich verstand es nicht.

Was habe ich falsch gemacht?

Was hat meine Mom falsch gemacht?

Und warum?

Warum ich?

Warum musste ich diese Welt herumtragen?

Wer waren diese Männer und wie konnten sie es in meinem Leid und Kristallen aushalten?

Warum machten sie Musik?

Ich hatte auf all diese Fragen nicht mal den Hauch einer Antwort.

Ich verstummte und wischte mir über die jetzt dunkelblauen Augen. Mein Kopf schmerzte und ich hatte Durst.

Ich stand auf und stolperte die Unterführung entlang. Das Licht wurde immer weniger. Bald hörte ich Brummen. Wie das Klingen eines Basses.

Aber es war nicht real. Ich bildete es mir ein.

Ich drehte mich um. Wurde mir bewusst, wie weit ich in den Gängen war.

Dann rannte ich irgendwie an die frische Luft. Es war mittlerweile Nacht.

In der Ferne hörte ich die Uhr halb acht schlagen. Ich erinnerte mich an Mom, wie sie immer wütend wurde, wenn ich zu spät kam. Ich hechtete los. Ich wollte Mom nicht verärgern.

Aber sie wurde so und so wütend.

Das fühlte ich.

Und ich hatte Angst davor.

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