Die Jungs

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Ich sah zuerst dunkelbraune Augen.

Schön geschwungen, warmer Blick, faszinierend. Es war der schwarzhaarige Gitarrenspieler. Er hatte eine leicht gebräunte Haut, war groß und schlank. Seine Haare waren schwarz, vorne rot, ein bisschen wie Igelstacheln. Er hatte einen kleine Bart am Kinn und an beiden Ohren Ohrringe.

Er lächelte. "Alles okay?"

Seine Stimme war anders als die von den Jungs, die ich kannte. Voller und etwas tiefer.

Ich lächelte und nickte. "Glücklich.", hauchte ich.

"Du siehst blass aus. Sicher, dass es dir gut geht?", fragte nun jemand mit hellerer Stimme. Die Stimme des rothaarigen Sängers.

"Chester, es geht ihr gut. Das hat sie doch gerade gesagt.", meinte der japanisch aussehende Mann.

"Klar gemacht, wohl eher! Als wirklich, Joe.", lachte ein Weiterer, der ein bisschen wie Frankenstein aussah. Er hatte rotorangene Haare und war der Bassspieler von gestern.

"Ich glaube, sie ist nicht gerade ein Laberbrocken.", gab ein Mann zu bedenken und raufte sich seine langen, braunen Locken. Er hatte keine Wellen, so wie ich, er hatte richtige Locken.

"Nimm sie halt in unser Gespräch mit rein.", brummte der Schlagzeugspieler, er hatte ähnliche Frisur wie der Schwarzhaarige neben mir und ebenso einen Bart, aber eine völlig andere Gesichtsform und keine Ohrringe. Er war auch besser gefüllt.

Sie standen alle in verschiedenen Richtungen, der Sänger in rot lehnte an der Kristallwand, der Japaner saß auf einem Kristallbrocken, der Drummer auf dem Boden, der rothaarige Bassspieler stand mittendrin und neben ihm der Lockige, der Schwarzhaarige hatte sich neben mich gehockt.

"Wer seid ihr?", hauchte ich. Der Sänger trat hervor.

"Der Rothaarige da ist Phoenix, der neben ihm heißt Brad, der, der da sitzt, das ist Rob, der Chinese heißt Joe und der neben dir heißt Mike. Ich heiße Chester." Er hatte eine wundervolle Stimme.

"Und du?", fragte Rob. Er hatte eine tiefe Stimme.

"Scarlett." Ich lächelte.

Das war die längste Unterhaltung, die ich je geführt hatte, seitdem es passiert ist. Der Grund, warum ich von allen gehasst wurde.

Ich schluckte. Ein Knoten bildete sich in meinem Hals.

Chester kam zu mir herüber. Er hatte extrem rotes Haar, ein paar Tattoos und einen Ohrring. Chester trug jetzt eine Brille, die ihm gut stand. Er war auch groß und schlank.

"Scarlett. Aha. Der Name passt zu deinen Haaren." Er ging vor mir in die Hocke und nahm eine schwarze Locke von mir in die Hand. Seine Hände waren feingliedrig und er hatte ein paar Ringe an. In dem Moment, in dem er seine Hand nach meinem Gesicht ausstreckte, wurde ich aus meiner Welt gerissen.

 

"Scarlett, Mach die Tür auf!", brüllte meinem Mom.

Ich lag auf dem Boden meines Zimmers. Ein Blick auf die Uhr neben mir sagte, das es 14:26 Uhr war. Am Samstag. Ich war eine ganze Nacht in meiner Welt gewesen.

Ich fühlte mich ausgelaugt, erschöpft und... glücklich. Die Jungs hatten freiwillig mit mir geredet. Sie kannten mich nicht, kannten meine Vergangenheit nicht.

Ich richtete mich auf. Ich konnte klar sehen, nichts war verschwommen, auch mein Kopf schmerzte nicht. Das war der erste Tag, an dem ich mich normal fühlte.

Ich ging zu meinem Spiegel rüber. Meine sonst so violetten Lippen waren jetzt nur noch leicht rot. Ich schluckte.

Was war mit mir geschehen, in der Zeit? "SCARLETT!" Ich zuckte zusammen. Das gab riesen Ärger. Ich atmete tief durch. Ich konnte meiner Mom die Stirn bieten.

Dann schloss ich die Tür auf.

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