Krankenhaus

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Die Wände waren weiß. Zu grell. In meinem Arm war eine Nadel.

Mein Blick war verschwommen.

Ich blinzelte. Wo war ich? War ich in einem Irrenhaus?

Nein, dass konnte nicht sein!

Ich sah mich um. Die Sonne strahlte durch ein großes Fenster in das Zimmer.

"Miss, wie geht es Ihnen?"

Ich zuckte zusammen.

Neben mir saß eine junge Ärztin in einen weißen Mantel gekleidet. Sie sah mich fragend an. Wie ging es mir?

"Ich habe Kopfschmerzen. Und ein bisschen Schwindel.", antwortete ich.

Ich hatte einen vollständigen Satz zu einer völlig Fremden gesagt. Ich hatte mich verändert. Ich fühlte mich erschöpft, verbraucht. Unnütz. Zerbrochen.

Eine Träne rollte aus meinem Augenwinkel. Ich fing sie mit meiner Hand auf.

Sie war dunkelviolett.

Ich hatte mich mehr von mir entfernt. Eine weitere Träne.

"Miss, alles okay?"

Ich schluckte.

"Ja. Nichts passiert!"

Die Tür sprang auf. Meine Mom kam schwungvoll in das Zimmer.

"Schatz, oh mein Gott, du bis wach... Ähm, könnten Sie uns für ein paar Minuten alleine lassen?", fragte sie und erwartete die Antwort nicht einmal.

"Mein Gott, was hab ich nur getan? Ich habe nie gewollt, dass du ins Krankenhaus musst. Was hab ich da nur gedacht?"

Es klang nicht besorgt um mich. Es klang eher so, als dass sie Sorgen um eine Anzeige oder dergleichen hatte.

Ich schluckte.

"Okay. Ich nicht tot.", meinte ich um Mom's falsches Mitleid zu hören.

"Aber fasst. Du hattest einen seelischen Anfall. Du bist auf einmal zusammengebrochen. Ich hab sofort den Notarzt geholt, aber ich... ich kann mir das nicht verzeihen."

Mom brach auf dem Stuhl in sich zusammen und heulte in ihren Arm.

"Nicht verzeihen...", wiederholte ich. Es klang so falsch aus Mom's Mund.

"Madame, Sie dürfen Miss Scarlett  nicht überanstrengen. Sie könnte schwere Folgen mittragen.", meinte die junge Ärztin von Vorhin.

Ich war ihr so dankbar. Mom tupfte sich mit einem Taschentuch über die Augen. Dann stimmte sie zu und verließ das Zimmer.

"Miss, ruhen Sie sich aus, dass war ein schwerer Schlag für Sie. Wir müssen noch schauen, ob Sie das gut verkraftet haben. Morgen Früh komme ich wieder um Sie zu testen. Bis dann!"

So freundlich. Ich nickte und lächelte. Wir waren nicht bei uns in dem Krankenhaus. Wir waren wo anders.

Wo? Ich wusste es nicht.

Diese verdammte Unwissenheit. Ich hasste sie. Nicht zu wissen, worüber man sprach, wo man war, warum ich es war.

Mein Kopf schmerzte zwar, aber ich brauchte Gewissheit. Ich schwang meine Beine aus dem Bett, Schwindelanfall.

Dann stand ich schwankend auf. Wankend taumelte ich auf die Badezimmertür zu. Ich stützte mich an dem Waschbecken ab und atmete durch. Gefasst sah ich hoch.

Ich war geschockt.

Mein Gesicht war kalkweiß, meine Lippen dafür umso violetter. Meine Augen waren fast schwarz. Ich sah grauenhaft aus, würde lange brauchen um mich davon zu erholen.

Ich war so geschockt.

Vorsichtig streckte ich eine Hand nach meinem Spiegelbild aus. Das Bild war echt. Der Spiegel folgte meinen Bewegungen.

Eine traurig blickende junge Frau sah mich an. Sie sah gespenstisch aus. Ich drehte mich weg, wollte nicht sehen, wie mich meine Mom zerstört hatte.

"Warum?", rief ich. Im selben Moment wurde meine Sicht von Schwärze vernebelt und ich fiel in einen schmerzlichen Trance.

Das letzte, was ich mitbekam, was wie ich hart auf dem Boden aufprallte, mein Kopf stieß gegen die dusche und ein zerstörerischer Schmerz fuhr durch meinen Kopf.

Wie Kristallsplitter.

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