Schwärze

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Ein Regen aus messerscharfen Splittern tobte durch den Raum.

Kreischende Geräusche hallten überlaut in meinen Gedanken wider.

Meine Haut von dunkelviolettem Blut verfärbt.

Meine Sicht verschwommen, gebrochen.

Mein Mund aufgerissen zu einem stimmlosen Schrei.

Hände auf die Ohren gepresst.

Wollte nicht hören.

Wollte nicht sehen.

Wollte nicht fühlen.

Die Kristalle bohrten sich Zentimeterweit in meine kalte Haut. Gekrümmt kniete ich auf dem Boden. Vornübergebeugt. An meinen Lippen klebte Blut. Meine Hände blutig. Alles voller Blut.

Meine Kleider hingen mir in Fetzen vom Körper und schützen nicht. Kristalle steckten zahlreich in meinem Körper.

"NIE WIEDR!"

"ABNORMALES DING!" 

"VERSCHWINDE, DU IRRE!"

Meine Beine wurden langsam taub.

So viel Blut hatte ich verloren?

Meine Finger waren weiß. Meine Stimme war angekratzt und es schmerzte. Aber ich würde nicht aufhören können. Mein Schmerz bohrte sich in meinen Kopf. Ich bäumte mich gequält auf und brüllte.

NIE WIEDER!

Ich zitterte.

Warum kam niemand?

Meine Kraft war fast verbraucht. Ich würde nicht mehr lange durchhalten. Doch ich fühlte nichts außer diesen Schmerz. Dieser bohrende Schmerz, der mich von innen nach außen zerfraß und sich brennend kalt in mein Herz bahnte.

Es würde niemand kommen.

Der Hagel wurde stärker. Die ganzen Splitter blieben in meinem Rücken und Armen stecken und jede Bewegung tat unerträglich weh. Die Blutlache war mittlerweile zu einem halben See geworden.

Ich spuckte die violette Lebensflüssigkeit aus um mich nicht zu übergeben.

Würgen.

Die Kristalle hagelten gegen meine gebeugten Schultern und folterten mich auf brutalste weise. Meine Stimme war komplett weg.

"NICHTS!"

"WEG!" 

"MONSTER!"

Meine trockenen Augen füllten sich mit weinigen Tränen. Meine Sicht verschwamm. Keine Umrissen mehr. Alles war eine dunkelblaue Fläche. Ich fühlte nur Schmerz.

Dann war auch der fort.

 

Und ich schwebte in einem Schwarz ohne einem Ende. All die Ängste kamen in mir hoch.

Hecktisch drehte ich mich um mich selbst. Höhnisches Lachen erklang.

NIE WIEDER!

Klater Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Ich rannte los.

Ohne Ziel, ohne Boden, ohne Anfang und Ende.

Die Stimmen verhöhnten mich und meine Dummheit. Ich presste mir die Hände auf die Ohren. Ich sah nichts, sah die Sprecher nicht.

Sah keinen Weg.

Kein Licht.

Nichts. Ich rannte einfach weiter. Weiter weg. Näher hin.

Ich wusste nicht mehr wo links und wo rechts war. Oben und unten.

Ich schrie vor Verzweiflung. Wollte mich hinsetzten. War außer Atem. Keinen Boden. Konnte nicht stehen bleiben.

Immer weiter.

Immer weiter.

Immer weiter.

NIE WIEDER!

All die schönen Momente waren aus meinem Leben ausgewischt. Ich fühlte innerlichen Schmerz, Verlust, Wut, Trauer, all diese Gefühle, die ich verdrängt hatte.

Alle wieder da. In mir. Als wären sie nie weg gewesen. Mein Fuß knickte um und ich fiel. Fiel in nichts. Immer tiefer in die Dunkelheit.

Ohne Boden.

Ohne Luft.

Ohne Licht.

Immer diese Angst, da könnte doch ein Boden sein. Doch aufzuprallen und zu sterben. Ich schloss die Augen und fühlte den reißenden Wind an meinen Wunden ziehen.

Wieder setzte der Schmerz in meinem Körper ein.

 

Der Splitterregen donnerte auf meinen Rücken nieder.

Ich schrie. Gepeinigt rollte ich mich zusammen. Stunden blieb das so.

Dann wechselte ich wieder in das Schwarz der Angst. Immer wieder wechselte ich. Ohne Kontrolle. Immer fast am Ende.

Es war schlimmer als alles was man fühlen könnte.

Zerbrechlich ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt