Kapitel 21: Instinkte

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Am nächsten Morgen begegnete ich Izzie im Aufzug.
"Du strahlst ja", merkte ich an und drückte den Knopf zur 3. Etage.
"Ich weiß", sagte sie.
"Gibt es dafür einen bestimmten Grund?"
"Gestern ist Alex bei mir vorbeigekommen. Er hat sich entschuldigt und mich geküsst. Gott, ich glaube ich verliebe mich in ihn", schwärmte sie.
"Wie schön." Ich ballte meine Fäuste. Warum machte mich jedes Wort von ihr so wütend? War ich denn tatsächlich eifersüchtig? Hatte Cristina Recht gehabt?
"Bei wem bist du?"
"Montgomery-Shepherd", sagte ich.
"Oh, viel Glück. Sie hasst mich."
"Danke", erwiderte ich.
Erleichterung durchströmte meinen ganzen Körper. Ich war wütend und konnte es kaum erwarten aus diesem Aufzug rauszukommen. Inständig hoffte ich, dass ich heute ein paar Leute aufschneiden dürfte, um Dampf abzulassen. Im nächsten Moment fiel mir auf, dass ich mich anhörte wie Cristina.
Dr. Montgomery-Shepherd erwartete mich schon.
"Da sind Sie ja", sagte sie und lächelte. "Ich habe schon vieles von Ihnen gehört. Dr. Robbins plaudert... viel."
"Es ist mir eine Ehre mit Ihnen zu arbeiten", sagte ich und das war ehrlich gemeint. Ich hatte schon viel über Dr. Montgomery gehört, immerhin war sie eine der bekanntesten Neonatalchirurgen der Welt.
"Ich hoffe, Sie sind hier, um etwas zu lernen, nicht wie ihre Vorgängerin, die ihre Beziehung zu Meredith Grey über ihre Karriere stellt", sagte sie und spielte wohl indirekt auf Izzie an.
"Ich bin hier, um zu lernen", versicherte ich.
"Gut, folgen Sie mir", sagte sie und lief los. "Meine Patientin, Erin Sanders, ist in der 31. Woche schwanger. Bei ihr wurde schon in der 15. Schwangerschaftswoche Gebärmutterhalskrebs entdeckt. Der Tumor wächst neben dem Baby und wird immer größer. Wieso, Dr. Thompson?"
"Der Tumor wird aufgrund der Schwangerschaft besser mit Blut versorgt und kann umso schneller wachsen."
"Sehr gut, Thompson. Und welches Problem haben wir jetzt wohl?"
"Ich denke, Sie wussten, dass Sie das Baby früher holen müssten, aber sie wollten ihm noch genug Zeit geben, um zu wachsen. Aber jetzt ist der Tumor zu groß und könnte dem Baby in der Fruchtblase schaden, weshalb jetzt die beste Chance besteht, das Baby zu holen, bevor es zu spät ist."
"Sehr gut. Ich mag Sie!", sagte Dr. Montgomery, als ich ihr immernoch durch den langen Flur des Krankenhauses folgte. "Ich möchte, dass Sie die Patientin ständig überwachen und mich sofort informieren, sobald sich ihr Zustand verändert."
"In Ordnung", erwiderte ich.
Dr. Montgomery klopfte an die Tür von Zimmer N56 und trat dann ein.
"Erin, wie geht es Ihnen?", fragte sie und nahm die Krankenakte aus dem Krankenbett.
"Ganz gut, schätze ich."
"Das hier ist Dr. Thompson, sie wird Sie überwachen und falls sich nichts ändert, operieren wir in 2 Tagen, okay?"
"Okay", murmelte die Patientin.
"Keine Sorge, Erin", sagte Dr. Montgomery und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Sie sind bei Dr. Thompson in den besten Händen."
Dann ließ sie mich mit der Patientin zurück.
"Wir fühlen Sie sich?", fragte ich. "Haben Sie Schmerzen oder ähnliches?"
"Nein... Ich bin nur etwas verunsichert."
"Wegen der Operation?"
"Ja", erwiderte sie. "Wissen Sie, dieses hier ist mein erstes Kind und ich hatte mir die Schwangerschaft wunderschön vorgestellt. Aber stattdessen wächst ein verdammter Tumor neben meinem Baby."
"Ich weiß, es ist schwer. Ich verstehe das", sagte ich und überprüfte ihre Werte auf dem Monitor. "Aber Dr. Montgomery ist die Beste auf ihrem Gebiet. Sie wird tun, was sie kann."
"Das weiß ich... Aber es ist nun mal mein Baby. Es könnte doch etwas schief gehen", sagte sie und schüttelte den Kopf.
"Das Risiko besteht natürlich immer, aber momentan steht es sehr gut um sie. Ihnen geht es gut und ihrem Baby auch", sagte ich. "Ich werde jede Stunde nach ihren Werten sehen und wenn sie sich nicht gut fühlen, egal was es ist, dann lassen sie nach mir Fragen, in Ordnung?"
"In Ordnung", sagte sie. "Vielen Dank."
"Dafür bin ich doch da", erwiderte ich und verließ ihr Zimmer.
Ich behandelte noch ein paar Postoperative, brachte Werte ins Labor und holte Werte wieder ab. Ich machte Ultraschalluntersuchungen, etwa so viele, dass ich Ultraschallgel bald nicht mehr sehen konnte. Es war mir nicht bewusst gewesen, dass es so viele schwangere Frauen gab, obwohl ich es ja praktisch im Studium gelernt hatte.
Gegen 14 Uhr schickte Dr. Montgomery mich dann in die Mittagspause. Auch wenn ich mit Meredith befreundet war, fand ich Dr. Montgomery äußerst nett. Ich würde mein Privatleben nicht mit meinem Arbeitsleben zusammenbringen, obwohl ich das schon getan hatte, als ich mit Alex geschlafen hatte.
Ich machte mich auf den Weg in die Cafeteria und begegnete dabei Alex.
"Hey, Kate. Cafeteria?"
"Jep", erwiderte ich und schon lief er neben mir her.
"Du bist bei Montgomery, oder?", fragte er.
"Ja, bin ich", erwiderte ich und öffnete die Glastür zur Cafeteria.
Meredith, Cristina, Izzie und George saßen schon am üblichen Tisch. Ich holte mir einen grünen Salat und ein Sandwich und setzte mich dann dazu. Ehrlich gesagt, war ich nicht in der Laune Izzie oder Alex zu sehen, weshalb ich einfach versuchte sie zu ignorieren. Leider fiel mir das etwas schwer, da sie sich ständig küssten und in Berührung waren.
"Mir wird schlecht", drückte Cristina meine Gedanken aus, worauf ich kicherte.
Mir fiel auf, dass Meredith ziemlich angeschlagen aussah, weshalb ich nachhakte. "Was ist los?"
"Mir fehlt irgendwas", sagte sie und stopfte sich den Rest ihres Sandwiches in den Mund.
"McDreamy vielleicht?", sagte George und kassierte dafür finstere Blicke von Meredith.
"Tut mir leid", entschuldigte sich George.
"Hey, Kate. Apropos McDreamy, wie läuft's mit McSatan?", fragte Izzie lächelnd.
"McSatan?"
"Montgomery-Shepherd", sagte George. "Wobei Alex und ich McSexy bevorzugen."
"Ich finde sie nett", sagte ich. "Wir kommen klar."
"Ihr kommt klar?", fragte Izzie überrascht.
"Wir kommen klar", versicherte ich. "Sie hat sogar zugegeben, dass sie mich mag."
"Wow, Izzie. Was hast du nur angestellt?", sagte Cristina und lachte.
"Ich war Meredith eine gute Freundin", erwiderte Izzie.
Ich verdrehte meine Augen und war glücklicher als je zuvor, als mein Pieper losging, genau wie Merediths.
"Ich muss los", sagte ich und stand auf. Meredith folgte mir.
"Etage 3?", fragte sie.
Ich nickte. "4?"
Sie nickte.
"Hör mal, Mer. Ich hoffe, dass ich jetzt nicht weniger deine Freundin bin, weil ich mit Montgomery zusammenarbeite."
"Gott, nein", erwiderte sie und lächelte. "Du machst deinen Job. Ich nehme es dir nicht übel. Derek ist das Arschloch."
Wir verließen die Cafeteria und liefen zum Aufzug gegenüber.
"Falls du eine coole OP sehen willst, neben dem Baby meiner Patientin wächst ein Tumor", sagte ich und der Aufzug öffnete sich mit einem Klingeln.
"Das lasse ich mir nicht entgehen", sagte Meredith. Wir stiegen in den Aufzug und drückten unsere Nummern.
"Du solltest dir einen Hund kaufen!", sagte ich.
"Wie bitte?"
"Du hast gesagt, dass dir etwas fehlt. Meine Eltern waren früher nicht sehr oft Zuhause, aber wir hatten einen Hund. Er hat mir die Einsamkeit immer genommen", sagte ich, als der Aufzug in der 3. Etage hielt und ich ausstieg.
"Denk darüber nach", fügte ich hinzu, als sich die Aufzugtüren schlossen.
Ich machte mich auf den Weg zur Patientin. Als ich ankam, sah sie mich schon ganz panisch an.
"Gott sei Dank, Sie sind hier!"
"Was ist los?", fragte ich sanft, um sie zu beruhigen.
"Ich habe zwei Schwestern gefragt, weil ich irgendwie so ein Gefühl habe. Als würde irgendwas nicht stimmen. Sie sagten mir, solange ich keine Schmerzen hätte, wäre alles in Ordnung, aber das ist es nicht. Ich spüre es."
"In Ordnung."
"Tut mir leid, dass ich Sie rufen musste. Sie haben sicherlich besseres zu tun."
"Entschuldigen Sie sich bitte nicht. Ich finde, man sollte immer auf sein Bauchgefühl hören", sagte ich und nahm das Ultraschallgerät zur Hand. Ich trug etwas Gel auf ihren Bauch auf und fing dann an zu untersuchen. Das Baby bewegte sich nicht. Sofort piepte ich Dr. Montgomery an.
"Erin, Sie haben hervorragende Instinkte."

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So, hier ist mal wieder ein neues Kapitel! Ich möchte mich bei euch für all die lieben Kommentare bedanken, die ihr mir immer hinterlasst. Das bedeutet mir wirklich sehr viel. ALSO VIELEN DANK! 💖😍

Been Here All Along [Alex Karev | Deutsch]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt