Mein Kopf verwandelte sich zu einem Kreisel. Gedanken schleuderten wild umher und ich konnte keinen von ihnen festhalten und verstehen.
Nachtflug schritt währenddessen mutig und selbstbewusst voran. Wie konnte er schon so erwachsen wirken, er war doch nur zwei Wochen älter als ich.
"Weißt du, wann wir die Küste erreichen?", fragte ich meinen Bruder vollkommen übermüdet. Seit unserer Begegnung hatten wir nicht einmal eine Rast gemacht.
Er drehte sich zu mir um, als plötzlich eines seiner Ohren nach vorne sprang. Meine Ohren stellten sich auch aus Reflex auf und wir hörten ein aggressives Geschrei. Es kam aber nicht von vorne, sondern von oben. Wir blickten auf und sahen ein gewaltiges Heer an Wahnsinnigen Zippern.
Geisteskrank schnellten sie durch die Lüfte. Als die Menge uns entdeckte, ging etwa die Hälfte von ihnen in den Sturzflug über und koordinierten ihre Position auf unsere Richtung.
Jeweils der eine Kopf sprühte bereits giftgrünes Gas aus, dass in dicken Säulen hinter ihnen herschweifte.Meine Krallen zitterten und meine Pfoten wurden ganz zappelig.
"Weg hier!", brüllte mich Nachtflug aus voller Kehle an und sprintete irgendwohin, wo er Zuflucht vermutete.Sein Schrei war so laut, dass ich erst nichts weiteres hören konnte und dann seine panische Stimme in meinen Ohren schallte.
Ich sah meinen Bruder nur noch von hinten, wie er weglief.Dieser Anblick erinnerte mich an vorletzte Nacht, bei dem Feuer. Und schon musste ich an den Verrückten denken.
Plötzlich zuckte mein Körper zusammen, als ein ohrenbetäubendes Zischen über meinen Kopf sauste. Ein Wahnsinniger Zipper preschte soeben über mich hinweg und spie sein tödliches Gas aus.
Ich ergriff die Flucht und folgte meinem Bruder. Die Luft wurde schnell durch Gas ersetzt und ich konnte nur noch schwer atmen. Überall waren grüne Wolken zu sehen, sie bedeckten mit dicken Schwaden meine Sicht.
Mein Körper war mit Gas gefüllt und mir wurde schwindelig. Hämmernde Kopfschmerzen schlugen auf meinen Schädel ein und ein Pochen entstand. Meine Beine wurden auf einmal ganz wackelig und mein Gewicht viel zu schwer.
Aber ich durfte jetzt nicht aufgeben, nicht wie letztes Mal.
"Nachtflug!", schrie ich nach meinem Bruder, aus Angst, er würde mich nicht hören.
Ich sah noch, wie er sich zu mir umdrehte. Seine Augen waren ganz groß, als hätte er sich erschrocken. Dann brüllte er mir warnend etwas unverständliches zu und rannte in meine Richtung. Sofort umhüllten seine Flügel meinen Körper, ich sah nur noch schwarz, bis ich einen Krach hörte.○
Knacks! Knister! Knacks!
Mein Kopf brummte schmerzend und es würde bestimmt wehtun, wenn ich jetzt meine Augen öffnete.
Aber ich tat es. Ganz vorsichtig blinzelte ich in das helle Tageslicht. Und das erste was ich sah, waren schwarze Wolken mit einem ganz kleinem Fleck Blau.
Das Muster ähnelte dem, eines Plasma Strahls in der Nacht.Langsam wollte ich meine Beine aufrichten, doch meine Pfoten fanden keinen stabilen Halt. Ich hievte mich irgendwie hoch, als plötzlich laut etwas zusammenbrach. Erschrocken quiekte ich auf und stürzte einen Meter nach unten. Aufgefangen haben mich ein paar dürre Äste. Es war wirklich erstaunlich, dass mich ein verbrannter Baum halten konnte.
Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf, doch dann meldeten sich sofort meine Kopfschmerzen. Ich kniff die Augen zu und wartete geduldig ab, bis sich nichts mehr vor meinen Augen drehte. Als sich der Schmerz allmählich zurückzog, sah ich mich irritiert und ratlos um.
Ich hing auf einem ziemlich hohen Baum, der trotz des Überfalls noch stand und mich sogar tragen konnte. Rund um mich herum sah ich ein Meer aus Rauch und Asche. Die Giftstoffe schwebten langsam zu mir nach oben und die Asche lag wie Sand in der Wüste da.
Bevor ich darüber nachdachte, wie ich wieder herunter kam, musste ich an Nachtflug denken.
Nein, ich konnte ihn nicht schon wieder verloren haben!Ich versuchte mich zu erinnern, was vorhin noch passiert war. Seltsame Gedankenblitze flammten in meinem Verstand auf, doch sie waren viel zu schnell.
Plötzlich gab der Ast mit einem kräftigen Krachen nach und ich stürzte zu Boden. Mit einer geschickten Drehung konnte ich mich noch abrollen und verschonte meinen Körper vor jeglichen Verletzungen. Denn Schmerzen hatte ich schon genug.
Bei meinem Aufprall wirbelte ich viel Asche und Staub auf, sodass ich erstmal nichts erkennen konnte.
"Nachtflug! Bist du hier?", schrie ich nach meinem Bruder und sah mich verängstigt um. Wo war ich hier bloß? Meine Heimat war nicht wieder zu erkennen.Als sich die Asche und der Staub lichtete, entdeckte ich eine am Boden liegende Gestalt am Baum.
Mit schnellen Schritten schlich ich zu ihr und bemerkte, dass es Nachtflug war."Hey, hey, Nachtflug! Steh auf, Kumpel! Komm schon, du musst aufstehen!", redete ich wild auf ihn ein, "Lass mich jetzt nicht allein, ja? Komm schon, Bruderherz, wir müssen weiter!" Ich quängelte noch minutenlang rum und zerrte immer wieder an seinen Flügeln. Ab und zu kniff ich auch mal in eines seiner Ohren, doch er regte sich einfach nicht.
Nein, bitte nicht!
Nachtflug durfte mich nicht verlassen!
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Ohnezahns Lebensgeschichte
Hayran KurguTROTZ OFFENEM ENDE WIRD DIESE GESCHICHTE NICHT MEHR FORTGESETZT UND GILT ALS ABGESCHLOSSEN. Woher kommt er? Ist er der Letzte seiner Art? Wo ist seine Familie? Was musste er alles durchmachen? Wie sah seine Vergangenheit aus? So viel Unwissen über d...