Blickkontakt

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Ich musste eingeschlafen sein - vielleicht war ich auch nur bewusstlos - jedenfalls kam ich am nächsten Tag zu mir. Das Drehen vor meinen Augen hatte zum Glück aufgehört, dafür kamen hämmernde Kopfschmerzen dazu. Sie durchbohrten meinen Schädel und griffen jeden noch so empfindlichen Nerv an. Auch hatte das Piepen in meinen Ohr nachgelassen. Doch der Schmerz an meiner Schwanzflosse blieb. Sie brannte höllisch, ich konnte sie vor lauter Schmerzen nicht mehr bewegen.

Mein Hunger und die Kälte waren nicht mit meinen Verletzungen und Wunden vergleichbar. Eine so fatale Bruchlandung hatte ich bisher noch nie so extrem durchmachen müssen.

Der Nebel hing schwer an den Bäumen und erschwerte meine Sicht. Überhaupt sah ich mein Umfeld nur verschwommen. Ich wollte mich gerade aufrappeln, bis ich ins Stolpern geriet. Irgendwas hielt mich am Boden fest und fesselte meine Beine. Quiekend hievte ich mich ein weiteres Mal hoch, wieder erfolglos.

Schon die ganze Nacht über scheuerte und juckte dieses etwas, das mich fesselte. Es war stramm an meinem Körper gebunden und machte mich regungslos.

Das einzige, was meinen Schmerzen Konkurrenz machen konnte, waren meine Sorgen und Zweifel. Ich war bewegungsunfähig, würde hier verhungern oder anderen Drachen ausgesetzt sein. Dass ich beim Sturz überlebt hatte, war kein Glück. Im Gegenteil: Es war die reinste Folter. Mit meinem Elend würde ich hier langsam aber sicher verkümmern, dem Tod ausgeliefert sein. Vielleicht würde die Königin auch einige ihrer Arbeiter beauftragen, mich aufzusuchen, um mich qualvoll zu töten, weil ich versagt hatte. Komme was wolle, ich würde sterben. Qualvoll. Mit sehr vielen Schmerzen.

Plötzlich hörte ich ein leichtfüßiges Stolpern aus weiterer Entfernung. Doch ich hatte meine Augen bereits geschlossen und versuchte mich verzweifelt daran, meinen Kummer auszublenden. Etwas war hier. Oder jemand. Fakt war, ich war nicht allein.

Trotzdem widmete ich diesem etwas oder jemand keine Aufmerksamkeit. Ich hatte mit meinem Leid zu kämpfen, der Rest interessierte mich nicht. Ein kleines Zucken mit meinem Ohr war das einzige, was ich diesem unbekannten schenkte. Vermutlich hatte sich mal wieder ein Schrecklicher Schrecken im Wald verirrt.

Getäuscht.

Mit noch immer geschlossenen Augen nahm ich eine Stimme war. Definitiv kein Drache, viel mehr ein anderes Wesen. Vielleicht ein Mensch? Aber brüllten die nicht immer so herum? Waren ihre Stimmen nicht eigentlich viel tiefer und borstiger? Wer auch immer diese Laute vor mir erzeugte, diese Stimme war um einiges höher, erfreuter und einfach anders.

Denn der unbekannte sprach: "Wow, ich - ich - ich hab's getan... Ohhh, ich hab's getan, jetzt wird endlich alles gut! Ja! Ich habe sie erlegt, die gewaltige Bestie!" Dabei setzte die Kreatur einen Fuß auf meine Pranke!

Verärgert knurrte ich: "Verschwinde!"
Aufgeschreckt stolperte dieser jemand einige Meter nach hinten, bis es gegen einen Felsen stieß. Ich hörte aufgeregte Atemzüge. Sie waren schneller und hektischer, als bei einem Drachen.
Drohend grummelte ich: "Ich bin nicht wehrlos, halte dich gefälligst zurück!" Das stimmte zwar nicht, viel mehr hatte ich mit Schmerzen zu kämpfen, doch ich musste mir auch irgendwie Respekt verschaffen. Schließlich war ich der bösartige Drache, vor dem sich jeder Wikinger fürchtete.

Durch das verängstigte Atmen und die unregelmäßigen Schritte konnte ich in etwa erahnen, dass sich das Geschöpf wieder näherte. Das machte mir ebenfalls Angst, wodurch ich meine Atmung beschleunigte und meine Augen öffnete. Langsam, ein kleines Blinzeln. Mein erster Blick fiel auf eine spitze Waffe , welche zitternd auf mich gerichtet wurde. Aus dem vorsichtigen Blinzeln wurde ein panisches Aufreißen meiner Augen! Meine Pupillen verengten sich, ich hatte Angst, pure Angst!

Erstarrt schielte ich etwas weiter nach oben. Plötzlich stockte mir der Atem - diese Waffe wurde doch tatsächlich von dem Jungen gehalten! Also doch ein Mensch! Aber warum er? Warum ausgerechnet er? Dieser nutzlose Wikinger konnte mich unmöglich vom Himmel geholt haben, das war ausgeschlossen! Auf einmal flammte ein Gedankenblitz in mir auf. Dieser Junge hatte in der Nacht doch sein Gerüst aufgebaut und auf mich gezielt. Ich hatte aus Frust einen Plasma Strahl explodieren lassen und mich dadurch verraten! Wie dämlich konnte ich nur sein? Dieser verdammte Junge hatte mich abgetroffen! Anders war es nicht möglich.

Ohnezahns LebensgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt