Kapitel 40

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Alison P.O.V.

"I-Ian" hauchte ich geschockt... Wieso war er hier? Und wieso brachte er mich jetzt so stark aus der Fassung?

Ich musterte sein Gesicht, seine braunen Augen brannten sich in meine Haut und ich wusste nicht wieso, aber es machte mich verrückt. Seine braunen Haare standen wirr in alle Richtungen ab, als hätte er sich nichtmal die Mühe gegeben sie zu richten und unter seinen Augen ragten tiefe Augenringe. Hatte er überhaupt mal geschlafen? Und erst dann glitt mein Blick auf die Person, die er in den Armen hielt. Seine Arme waren unter ihren Kniekehlen und unter ihrem Rücken, er wollte ihr nicht weh tun...

"Alexa!" schrie ich und rannte im nächsten Moment auch schon auf sie zu. Die Äste knackten unter meinen Füßen. Alexa wirkte müde, erschöpft, aber als sie meine Stimme hörte, reagierte auch sie sofort. Langsam ließ Ian sie runter und sie fiel mir sofort in die Arme.

"Ali" "Gott Alexa, was machst du denn hier?"

Sie lachte traurig und wir lösten uns voneinander. "Jace meinte mich entführen zu müssen... Jetzt weiß ich wie du dich fühlst. Das sind solche Arschlöcher"

Hinter uns räusperte sich Ian und ich drehte mich zu ihm um und stellte mich schützend vor Alexa. Ich war zwar die kleine Schwester, aber ich war im Moment stärker.

"Wir gehen rein" meinte er nur und machte einen Schritt auf mich zu. Alexia und ich machten gleichzeitig einen Schritt zurück. "Das kannst du vergessen" Er verzog keine Miene, sein Blick lag auf mir, nur auf mir.

"Ich habe gesagt wir gehen rein" wiederholte er sich aufgebracht.

"Und ich habe gesagt das kannst du vergessen" wiederholte auch ich mich und erhöhte meinen Ton.

Mit zwei Schritten hatte er mich erreicht, packte mich am Handgelenk und zerrte mich hinter sich her.

"Ian lass mich verdammt nochmal los!" schrie ich und schlug auf ihn ein, Alexq stellte sich ihm in den Weg und stieß ihm immer wieder gegen die Brust.

Doch das schien ihm nichts auszumachen, er stand dort wie ein Stein und sein Griff um mein Handgelenk wurde stärker.

Es war totenstill, niemand sagte etwas. Das einzige was ich hörte war mein zu schneller Herzschlag. Das Adrenalin pumpte durch meine Adern, ich hatte so viele Gedanken in einem Moment. Was würde passieren? Würde er uns ins Haus zerren und dort einsperren oder wieder entführen? Was würde er zu Abbi sagen und mit ihr machen?

"Wo ist Abbi?" fragte er dann. Er drehte mich einmal, ich prallte gegen seine Brust und er hielt meine beiden Handgelenke fest und so musste ich zu ihm hoch schauen.

"Ich habe sie in den Wald geschickt, sie soll solange gerade aus gehen bis sie eine Straße oder Meschen entdeckt" tischte ich ihm meine Lüge auf und zuckte dabei nichtmal mit der Wimper.

Mittlerweile war ich auch geübt darinnen Leute anzulügen. Zum Beispiel wenn sie fragten wie es mir ging. Was sollte ich auch anderes als sie anzulügen? Ich war ein innerliches Wrack und wurde von meiner Vergangenheit verfolgt, doch das sollten sie nicht wissen. Sie konnten es ja eh nicht ändern.

"Du hast sie also in den Wald geschickt?" fragte er mit erhobener Augenbraue an. "Ja habe ich"

Er ließ seine und meine Arme sinken und verschränkte sie hinter dem Rücken. Jetzt passte kein Blatt mehr zwischen uns und ich schaute hoch in seine braunen Augen, in die Augen in die ich mich vor Jahren verliebt hatte.

"Du bist besser geworden, aber du kannst mich nicht anlügen. Ich habe dich zwar drei Jahre nicht gesehen, aber ich kenne dich. Ein Mensch verändert sich nämlich nie ganz. Es bleibt immer etwas von seiner wahren Persönlichkeit über"

Es hätte mich überraschen sollen, aber ich kannte ihn so gut wie er mich. Egal wie lange wir uns nicht gesehen hatten, ich konnte meistens noch immer einschätzen was er tat. Ich kannte ihn eben, er war wie er war und er war ein Teil von meinem Leben. Von Abbis Leben.

"Wollen wir jetzt weiter so stehen oder rein gehen und reden?"

Ich löste mich aus meiner Starre und bemerkte erst jetzt Alexa, die panisch herum schrie. Sie schrie Ian an.

Er ließ eines meiner Handgelenke los und zog mich, diesesmal zärtlicher, hinter sich her ins Haus.

Ich war wie in Trance, versunken in meinen eignenen Gedanken, in meiner eigenen Welt.

Mein Handgelenk kribbelte und das Gefühl breitete sich über meinen ganzen Körper aus. Wieso war es für mich nur so schwer mich endlich ganz von Ian los zu reißen? Nicht mehr an ihn zu denken, nicht mehr von ihm zu träumen, nicht mehr jeden Tag an ihn erinnert zu werden, nicht mehr dieses Kribbeln zu spüren wenn er mich berührte, nicht mehr diese Wärme, die ich trotz des ganzes Hasses noch bei ihm fühlte.

Wieso konnte ich ihn nicht einfach hassen?!

Wir betraten das Haus und Ian steuerte sofort auf die Küche zu, er ließ mich los und schubste mich leicht auf den Stuhl. Ich ließ mich drauf fallen und Ian nahm gegenüber von mir Platz. Er ließ mich nicht eine Sekunde aus den Augen.

"Alexa geh doch mal bitte nach Abbi schauen" meinte er und Alexis schaute mich fragend an.

"Sie ist im Bad" antwortete ich und brach den Blickkontakt mit Ian nicht. Ich schaute ihm genauso intensiv in die Augen wie er bei mir tat.

Alexa lief schnell die Treppe hoch und ich hörte eine Tür aufgehen und sich wieder schließen.

"Das habe ich vermisst"

"Was?"

"Zeit mit dir. Nur mit dir"

Entführt - Mein Leben geht weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt