°^Kapitel 1^°

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Nun stand ich hier mal wieder in meinem Schuppen und trainierte wie so oft. Es lenkte mich von all den schlimmen Erlebnissen und Gedanken ab und sorgte dafür, dass ich nicht wieder auf dumme Gedanken kam. Da ich alleine lebte, wusste ich nunmal auch kaum etwas mit mir anzufangen. Aber das war ja meine eigene Schuld, all das war doch nur meine Schuld.

Vor ungefähr einem dreiviertel Jahr lebte ich noch in der Stadt bei meiner Tante, die Schwester meiner Mutter. Zu ihr kam ich als ich 16 war. Meine Mutter starb an den Tag an Krebs und mein Vater verließ uns schon als ich geboren wurde. Ich liebte meine Tante wie meine eigene Mutter, auch wenn ich es manchmal nicht eingestehen wollte.

Mit 9 fing ich das Kickboxen an, anfangs brachte ich es mir selbst bei und später war ich Mitglied eines Vereins. Meine Tante und meine Mutter waren nicht sehr begeistert davon, denn sie hielten es für zu gefährlich. Vielleicht war es das, aber ich habe nie auf sie gehört. Es war schon immer mein größter Wunsch es zu machen und ich wollte es mir von niemanden ausreden lassen. Nach einiger Zeit wurde ich immer besser und kämpfte schon mit 15 gegen die besten aus mehreren Ländern. Jeden Kampf gewann ich. Ich liebte diese Kämpfe einfach so sehr. Dort konnte ich mich beweisen, doch am aller meisten wollte ich meinem Vater zeigen, was aus mir geworden ist. Er hatte sich nicht einmal gemeldet, doch ich hatte ihn bisher auch nur auf einem Bild gesehen und mehr nicht. Ein einziges Bild, welches mir immer wieder zeigte, dass ich einen Vater hatte, der mich nicht liebte und der sich einen Dreck um mich kümmerte. Es machte mich traurig, dass er sich nicht für mich interessierte, doch ich musste damit leben. Doch trotz alldem hatte ich früher immer den kleinen Hoffnungsschimmer, dass er wiederkommen würde, was alles nur verschlimmerte.

Als meine Mutter einen Tages krank wurde, war ich nicht mehr ich selbst und mein Leben hatte seinen Tiefpunkt erreicht. Ich konnte nicht verstehen wieso ausgerechnet sie es war, ich liebte sie doch so sehr und brauchte sie. Meinen Vater hatte ich doch schon verloren, wieso wollte mir das Schicksal denn noch meine Mutter nehmen? Jeden Tag kümmerte ich mich um sie und machte all das, was sie noch erleben wollte. Dadurch vernachlässigte ich mein Leben komplett, ging nicht mehr zur Schule, aß nur noch selten, war durchgehend müde und brach den Kontakt zu meinen Freunden ab.

Meine Mutter wurde immer schwächer und ich zog mich immer weiter in mich zurück. Als ich erfuhr, dass sie nur noch ein paar Wochen zu Leben hatte, brach ich total ab. Ich kam des öfteren betrunken nach Hause, rauchte, nahm Drogen verschiedener Arten und wurde kriminell. Meine Mutter leidete noch mehr darunter und ich merkte dies noch nicht einmal. Ich konnte meiner Mutter nicht mehr in die Augen schauen, geschweige denn zu ihr gehen, denn ich wollte sie nicht so zerbrechlich in Erinnerung behalten, sondern als meine starke, gesunde, fröhliche und lebhafte Mutter.

Meine Trainer im Verein bemerkten, dass bei mir nicht mehr alles so ok war, wie ich es vorgab. Ich kam in die Zeitung, denn ich wurde dabei erwischt, wie ich zwei junge Frauen verprügelte, die mir unschöne Worte an den Kopf warfen. In dieser Zeit war ich betrunken gewesen, was ich immer als Ausrede für mich selbst nahm. Danach wurde ich mit der Polizei mitgenommen, aber ich wurde jedoch von den zwei Frauen nicht angezeigt, was mich wunderte. Als ich es in der Zeitung las, bekam ich Schuldgefühle und wusste, dass nichts mehr so sein wird wie früher. Meine eine Trainerin las den Artikel ebenfalls und war schockiert und sprach mich darauf an, doch ich blockte nur ab. Ich wollte mir die Schuld im Nachhinein nich eingestehen und wollte nicht mehr daran denken. Vielen in meinen Verein hatten des längeren schon ein Auge auf mich geworfen, da sie merkten, dass ich mich verändert hatte. Sie sprachen oft hinter meinen Rücken über mich, wahrscheinlich dachten sie, ich würde es nicht hören, doch ich tat es. Als ich dann auch noch angetrunken zum Training kam, wusste ich doch innerlich, dass es vorbei war. So sollte es auch sein, denn sie kündigten mich und nahmen mir meinen Titel. Es wurde in den Nachichten gebracht und auch in der Zeitung. Viele waren sprachlos und wütend. Meine Fans konnten es einfach nicht glauben, dass ich so abgerutscht war. Auch meine Mutter wusste nichts damit anzufangen und weinte sehr oft um mich und hatte Sorgen, wie es mit mir weiter gehen würde. Sie war so schwach, und doch wollte sie mir einreden und helfen, wieder alles in Ordnung zu bringen.

5 Tage später kam meine Mutter ins Krankenhaus. Die Äzte sagten, dass es ihr letzter Tag sein wird. Ich weinte so sehr, wie ich es noch nie getan habe und bereute einfach alles. Alles kam auf einmal in mir hoch und verschluckte mich. Ich verkroch mich in einer Ecke in meinen Zimmer, bis ich beschloss doch zu ihr zu gehen und bei ihr zu sein. Wenn ich es nicht getan hätte, hätte ich es mein Leben lang bereut. Bis zu ihren letzem Atemzug saß ich also bei ihr und erzählte ihr all das, was ich ihr schon immer sagen wollte. All meine Geheimnisse offenbarte ich ihr und schüttelte mein Herz bei ihr aus. Dass sie nun von mir ging konnte ich einfach nicht glauben, es wollte einfach nicht in mein Kopf gehen. Ich sagte ihr, dass ich sie liebte und das sie die beste Mutter für mich war, die ich nur haben konnte. Dass sie mir die beste Zeit meines Lebens schenkte, die ich immer in Erinnerung behalten werde.

Am nächsten Tag sollte ich schließlich zu meiner Tante, wogegen ich mich strengstens wehrte, doch am Ende hatte ich keine Chance. Sie versuchte die nächsten Tage zu mir durchzudringen, doch vergebens. Ich ließ niemanden an mich heran und ging auch weiterhin nicht zur Schule. Den ganzen Tag blieb ich in meinem Zimmer, sogar essen tat ich nicht mehr. Ich wollte einfach nicht mehr leben, ich konnte nicht mehr. Das Leben hatte für mich keinen Sinn mehr. Meine Mutter war meine eigene Sonne, die mir genommen wurde. Ohne sie war alles um mich herum dunkel, sowie auch in mir.

Zwei Wochen später klingelte es an der Tür. Ich lauschte wer es war. Es war eine männliche Stimme, aber ich kannte sie nicht. All die Tage hatte niemand bei uns geklingelt. Ich wollte auch nicht, dass uns jemand besucht, ich wollte niemanden sehen. Doch als ich meinen Namen hörte, ging ich zur Treppe und sah nach wer es ist. Ich erschrack mich so sehr, dass ich rückwärts stollperte und auf den Boden landete.

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°^Der orange Ranger^° ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt