°^Kapitel 8^°

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Es war Donnerstag und ich ging gerade mit Kim zu mir nach Hause, denn wir hatten gerade Schulschluss. Wir kamen gerade am Wald an, als Kim auf einmal stehen blieb. Sie sah mich geschockt an. ,,Du lebst im Wald oder wie soll ich das jetzt verstehen? Du hast mir nie etwas davon erzählt." ,,Ja, es weiß bisher auch nur Zack, sonst niemand. Ich lebe dort schon seit einem dreiviertel Jahr.", antwortete ich ihr. Kim sah mich weiterhin noch etwas ungläubig an. ,,Und wieso, wenn ich fragen darf?" ,,Das werd ich dir nachher sagen, ok? Gehen wir erst einmal und machen es uns gemütlich." Daraufhin nahm ich sie am Arm und zog sie hinter mir her.

Als wir ankamen schaute sie mich mit leicht geöffnetem Mund an. ,,Wow, du hast es echt schön hier." Ich lächelte. ,,Danke." gab ich nur von mir. Ich ging in die kleine Küche und holte Schokolade und Chips. Danach ging ich wieder zu Kim und sah, dass sie sich umschaute und alles genau betrachtete. ,,Na, schnüffelst du hier rum?" fragte ich sie belustigt. Sie drehte sich um. ,,Ja, ein bisschen, das ist doch wohl noch erlaubt.", sagte sie und lachte danach auch. Wir setzten uns nun aufs Sofa und sahen fern.

Nach ungefähr einer Stunde nahmen wir uns ein paar Zettel und gingen in die Küche um uns dort an den Tisch zu setzen. Kim sah frustriert auf ihr Blatt. ,,Ich glaub, ich habe längst alles vergessen, was ich mal wusste.", sagte sie. ,,Dafür habe ich noch alles behalten. Ich kann ja erst einmal alles aufschreiben und du suchst was aus dem Internet und dann stellen wir das schon irgendwie zusammen.", sagte ich und Kim bejate nur und so machten wir uns an die Arbeit. Wir haben es nicht ganz geschafft und so wollten wir uns am Wochenende noch einmal treffen, denn zwischendurch haben wir uns gegenseitig abgelenkt und Quatsch gemacht. Wie soll man sich auch die ganze Zeit auf Schule konzentrieren?

Kim machte es sich gerade wieder gemütlich auf dem Sofa und ich war dabei alles wegzuräumen. Da dachte ich mir auch nur, eine tolle Hilfe bist du, Kim. Ich hielt plötzlich in meiner Arbeit inne, als ich ein Kissen am Kopf abbekam. Kim stand hinter dem Sofa und stellte sich kampfbereit hin und sah mich provozierend an. ,,Ah, jetzt willst du dich wohl mit mir anlegen?", fragte ich sie und im gleichen Moment warf ich das Kissen schon auf sie. Kim jedoch versteckte sich schnell und warf dann wieder mit dem Kissen. Ich konnte gerade noch so ausweichen und ging mir das Kissen holen und so ging es dann eine ganze Weile weiter und immer mehr Kissen kamen in Einsatz. Doch auf einmal hörte ich hinter mir Glas zerbrechen und sah schnell dorthin, wo vor ein paar Sekunden noch eine Vase stand. ,,Oh Gott sorry, das wollte ich echt nicht. War die teuer?", fragte Kim mich schuldbewusst und versuchte alle Scherben aufzusammeln. ,,Kim, ist schon gut, das war ja nicht mit Absicht. Aber keine Ahnung, das war nicht meine. Die war schon da, als ich hier ankam.", antwortete ich ihr.

Später gingen wir noch shoppen. Wir kauften uns ein paar tolle Outfits und hatten echt Spaß, denn wir erzählten uns dabei gegenseitig unsere peinlichsten Momente, die wir mal hatten. Ich erzählte ihr gerade davon, als ich klein war, dass mich in der Schule zwei Vögel auf dem Kopf gekackt hatten und meine Mutter mich dann abholen musste, weil mich alle ausgelacht hatten, als wir rausgeschmissen wurden, weil wir so laut gelacht hatten. Danach gingen wir noch zu McDonalds und kauften uns dort was zu Essen. Denn Fastfood geht immer.

Zu Hause angekommen, ging ich meine neuen Klamotten wegpacken und schlenderte dann wieder ins Wohnzimmer. ,,Sag mal Ash, wer ist das auf dem Bild?", fragte Kim mich. Ich schaute niedergeschlagen auf dem Boden und versuchte meine Tränen zu unterdrücken. ,,Maliome Woldun, meine Mutter." gab ich ihr als Antwort. Sie merkte anscheinend, dass etwas nicht stimmte und kam auf mich zu. ,,Ist etwas mit ihr?", fragte sie vorsichtig nach. Ich konnte ihr es nicht sagen, ich fühlte mich noch nicht bereit, deswegen schwieg ich und setzte mich mit gesenkten Kopf auf mein Sofa. Dies gab Kim die Antwort, die sie befürchtete. Sie setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Ich merkte gar nicht, dass ich weinte und bekam es erst mit, als ich sah, dass Kims T-Shirt schwarz von meiner Mascara war, die verlief.

Wir saßen gerade auf meinem Bett und lagen ins in den Armen. Ich musste mich einfach hinlegen, denn alle Gedanken und Gefühle prasselten wieder auf mich ein. Wie so oft, hielt ich es nicht aus und gelang wieder an meinen Tiefpunkt. Kim flüsterte mir die ganze Zeit beruhigende Worte ins Ohr, denn ich konnte nicht aufhören zu weinen. Es ist schon lange her, als mich das letzte Mal jemand nach meiner Mutter fragte oder geschweige überhaupt über sie sprach.

Nach einiger Zeit dann, als ich mich dann doch etwas beruhigt hatte, stellte ich mich hin und atmete erst einmal kräftig durch und fuhr mir dabei durch die wirren blonden Haare. Kim sah zu mir auf. ,,Ich kann es verstehen, wenn du nicht darüber reden willst, aber es könnte dir wahrscheinlich dabei helfen, damit klar zu kommen. Du kannst mir glauben, ich will dir nur helfen, aber du musst dich auch mal öffnen. Irgendwie weiß ich ja kaum was über dein Leben.", sagte sie mir ruhig und schaute mich dabei durchdringend an. Ich sah immer noch nach unten und dachte nach, ob es so eine gute Idee ist, es ihr zu erzählen. Aber bei ihr hatte ich ein gutes Gefühl und ich denke auch, dass ich ihr vertrauen kann, also schloss ich noch einmal meine Augen, atmete tief durch und setzte mich dann wieder neben sie und begann zu erzählen.

,,Meine Mutter starb als ich 16 war, sie war schwer krank und ich litt darunter. Ich konnte ihr noch nicht mal mehr in die Augen schauen und ich war nicht für sie da, obwohl sie mich in dieser Zeit gerade so sehr brauchte. Als ich dann auch noch erfuhr, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte, war alles für mich vorbei und ich machte ab dann nur noch dumme und kriminelle Dinge, ich war nicht mehr ich selbst. Mein Vater war auch nicht da, denn er hat uns schon verlassen, als ich geboren wurde, er kam erst wieder, als ich bei meiner Tante wohnte, die mich nach dem Tod meiner Mutter aufnahm. Ich dachte, er würde sich entschuldigen kommen, doch falsch gedacht. Er wollte nur das Erbe. Ab da an, fiel ich wieder mal in ein schwarzes Loch und wusste nichts mit mir anzufangen und so ging wieder alles von vorne los. Ich war so tief gesunken, dass ich überreagierte und meine Tante schlug, daraufhin schmiss sie mich raus und nun lebe ich hier und alles hat sich verändert." erzählte ich ihr und Kim hörte mir gespannt zu. Ich war erstaunt, dass ich nicht weinen musste, aber ich denke, dass es nur daran lag, weil ich schon so viel geweint hatte. Als ich fertig war, sah ich zu Kim und bemerkte, dass sie Tränen in den Augen hatte. ,,Ich... ich weiß nicht... was ich dazu sagen soll. Es ist einfach nur so schrecklich, was du durchmachen musstest und ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schlimm es für dich sein musste, so etwas zu erleben und du warst auch noch so jung und hattest niemanden weiter. Ich hoffe so sehr, dass alles wieder gut für dich wird und du bald alles hinter dir gelassen hast, denn ich sehe ja, wie es dich zerfrisst.", sagte Kim und nahm mich daraufhin wieder in den Arm.

Ich war so froh, jemanden wie Kim zu haben. Sie versteht mich und respektiert mich und meine Vergangenheit und ich war ihr so dankbar dafür. Wie sie es sagte, fühlte ich mich erleichtert, mir endlich aus der Seele zu reden, was mich belastete. Kim versuchte mich danach aufzuheitern und erzählte mir so weiter Dinge, die ihr peinlich waren. Dies funktionierte auch und ich konnte endlich wieder so richtig lachen und so merkte ich, dass sie ein immer wichtigerer Mensch in meinem Leben wurde.

Als wir dann noch ein bisschen geredet hatten, zog Kim sich ihre Jacke und Schuhe an und ging zur Tür. ,,Der Tag mit dir war echt schön und bitte denk nicht mehr so viel an früher, denn Vergangenheit ist Vergangenheit. Ich hoffe für dich, dass bald alles wieder so wird, wie vor deiner schlimmen Zeit.", sagte sie mir noch zum Abschied und drückte mich fest. Ich lächelte sie dankbar an. ,,Danke, für alles." Danach ging sie und so ging ich rein und räumte etwas auf und dachte dabei darüber nach, was heute passiert war. Ich war Kim sehr dankbar für den heutigen Tag.

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°^Der orange Ranger^° ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt