°^Kapitel 2^°

1K 48 0
                                    

Es war mein Vater, den ich dort sah, nur ein bisschen älter als auf dem Bild. Das Bild auf dem er und meine Mutter Arm in Arm an einen Strand standen. Meine Tante und mein Vater sahen sofort in meine Richtung, als sie hörten, wie ich gefallen war. Ich bemerkte nicht einmal, dass ich Tränen in den Augen hatte. Ich sah meinen Vater einfach an und konnte nicht glauben, dass er hier war. Niemand sagte ein Wort, es herrschte pure Stille. Ich hielt es nach kurzer Zeit nicht mehr aus und lief in mein Zimmer zurück. Das war zu viel für mich.

Nach ein paar Minuten hörte ich Schritte. Ich wollte nicht, dass jemand kommt, ich wollte alleine  sein. Doch dann klopfte es an der Tür, aber ich reagierte nicht darauf. Ich blieb an meinen Bett auf dem Boden sitzen und starrte mein Regal an, welches gegenüber von mir stand. Doch dann ging die Tür auf und ich sah mein Vater ins Gesicht. Es war das erste Mal, dass ich ihn richtig sah und mir fiel sofort auf, dass er sehr viel Ähnlichkeit mit mir hatte. Die blonden gewellten Haare, das schmale Gesicht, die blauen großen Augen und die schmale Statur. Er kam nun rein und setzte sich auf mein Bett. Ich sah ihn nicht an, sondern starrte weiter zum Regal. Nach einigen verstrichenden Minuten begann er zu sprechen. Ich wollte nach den ersten Worten schon rausrennen, doch ich konnte nicht, ich war zu schockiert und konnte mich nicht vom Fleck bewegen. Er wollte doch ernsthaft nur über das Erbe sprechen. Ich schrie ihn an und sagte, dass er einfach alles behalten und abhauen sollte. Danach konnte ich mich auch endlich wieder bewegen und lief. Einfach nur weg von hier, war mein einziger Gedanke in dem Moment.

Ein paar Stunden später kam ich wieder bei meiner Tante an. Ich machte die Tür auf und sah nach rechts, wo meine Tante in der Küche stand. Sie drehte sich sofort um und schaute zu mir. Wir gingen wie von selbst aufeinander zu und fielen uns in die Arme. Ich begann häftig zu weinen, ich musste das ganze einfach von mir weinen. Die ganze Last, die ich Tag für Tag mit mir rumschleppe. Meine Tante flüsterte mir beruhigende Worte ins Ohr und ich war das erste Mal froh sie zu haben.

Die nächsten paar Tage war sie wirklich wie eine Ersatzmutter für mich, half und unterstützte mich und munterte mich auf. Ich verstand mich auch sehr gut mit ihr und wir unternahmen einiges miteinander. Wir liebten uns fast so sehr wie Mutter und Tochter. Ich brauchte das und ich war froh, dass sie es mir gab. Doch ich war sauer auf mich selbst, dass ich sie nicht schon früher an mich ranließ. Es wäre mir wahrscheinlich schon viel früher besser gegangen.

Ein paar Monate später rief mein Vater wieder an und wollte mit mir reden, doch ich wollte es einfach nicht. Ich wollte nichts mit ihm zu tun haben Er würde sowieso nur wieder über das Erbe reden wollen und dafür hatte ich keinen Nerv mehr. Meine Tante sagte es ihm auch, aber er wollte nicht auf sie hören. Deswegen kam er die nächsten Tage auch wieder zu uns nach Hause und klingelte sturm. Ich hielt es nicht mehr aus und ging deshalb zur Tür und machte ihm auf. Er sah mich an und begann zu sprechen. Ich war mal wieder schockiert und entäuscht von ihm. Wie konnte ein Vater nur so versagen? Mein Vater sagte mir, dass er mich zu sich nach Hause mitnehmen will. Wie konnte er mir sowas antun, glaubte er wirklich, dass er damit alles wieder gut machen könnte? Nach ein paar Minuten, die wir uns nur ansahen, sagte er mir noch und das verletzte mich am meisten, dass wenn ich nicht freiwillig mitkommen würde, er es gerichtlich klärt. Ich konnte es einfach nicht fassen und ging ein paar Schritte zurück, sagte, dass er aus mein Leben verschwinden sollte und knallte dann die Tür vor seiner Nase zu. Danach lief ich in mein Zimmer, schloss die Tür zu und weinte mich wie so oft aus. Meine Tante ließ mich alleine, was ich auch gut fand, denn ich wollte gerade niemanden sehen weder noch mit jemanden reden.

Eine Woche später kam ein Brief, der mir ein Stich ins Herz verpasste. Mein Vater ging doch wirklich vors Gericht. Der Termin sollte schon in einem Monat sein. Zu erst dachte ich, es seien leere Worte, doch nun setzte er es tatsächlich um. Ich kam darauf nicht klar und klaute mir von meiner Tante Alkohol, um meinen Schmerz zu betäuben. Es war wieder wie ein Rausch für mich und ich konnte damit einfach nicht mehr aufhören. In den nächsten Wochen war ich des öfteren wieder betrunken, meine Tante bekam dies natürlich mit und schrie mich an, dass ich zur Vernunft kommen sollte. Ich dachte mir nur, dass sie gar nicht wusste wie es mir ging und doch keine Ahnung hätte. Zwischen uns war es mal wieder so wie am Anfang, als ich zu ihr kam. Mit dem Boxen konnte ich mich auch noch ablenken, doch dies half nicht so sehr, wie der Alkohol.

Nach einiger Zeit ging mir das Geld aus, ich fragte meine Tante um ein bisschen, doch sie wollte mir nichts geben. Ich schrie sie an und beleidigte sie sogar. Ihr kamen die Tränen und sie sagte, dass ich verschwinden sollte, was ich auch tat. Ich war noch zu der Zeit betrunken, weswegen ich all mein Handeln auf den Alkohol schob. Als ich draußen war, ging ich durch die Stadt und wusste nicht was ich tun sollte, deshalb beschloss ich mir den Alkohol zu klauen. Irgendwie musste ich es mir beschaffen, ich konnte nicht ohne ihn. Da wusste ich tief in mir, dass es von dort an wieder bergab mit mir gehen würde, doch ich wollte es nicht wahr haben. Ich redete mir ein, dass der Alkohol mir beim Überwinden der Schmerzen und Trauer helfen würde. Vielleicht für kurze Dauer, aber nicht für lange Zeit, wie ich es tat.

Als ich an einen Getränkeladen vorbei kam, ging ich ohne zu zögern darauf zu und setzte mein Vorhaben um. Wie nicht anders bei meinen Zustand zu erwarten, erwischte man mich. Da ich flink und schnell war, konnte ich ihnen noch entwischen. Ein paar Minuten später, als ich mich in einer dunklen, kleinen Gasse verstecken wollte, sah ich einen älteren Mann mit kaputten Klamotten und einer Flasche Wein. Ich dachte nicht länger darüber nach und ging auf ihn zu. Er war betrunken, weshalb ich mir nicht viele Sorgen machte. Ich rämpelte ihn an, entriss ihm die Flasche und lief weg. Er brüllte mir etwas hinterher, was ich nicht vertand. Als ich um eine Ecke bog, lief ich gegen einen breit gebauten Mann mit Uniform. Ich erkannte sofort wer er war und rannte so schnell ich konnte wieder zurück, doch von der anderen Seite kam noch einer und so war ich umzingelt. Sie nahmen mich fest, damit ich nicht weglaufen konnte und setzten mich bei ihnen auf die Rückbank. Ich bemerkte, dass sie mich wieder zu meiner Tante fuhren und ich rollte innerlich mit den Augen und machte mich auf etwas gefasst.

Als ich dann mit meiner Tante alleine war, wusste ich, dass es nicht gut ausgehen würde. Meine Tante kam auf mich zu und sah sehr, sehr wütend aus. Sie machte mir Vorwürfe, schrie mich wieder an und schüttelte mich an den Schultern, da ich nicht antwortete. Ich sah sie einfach nur an und wusste , dass alles vorbei sein würde. Alles was sie mir sagte, machte mich einfach so wütend, da alles stimmte was sie sagte. Sie sagte mir die Wahrheit, die ich immer unterdrückt habe und nie hören wollte. Sie sollte aufhören mich zu beschuldigen, doch das tat sie nicht. Das was ich danach tat, würde ich bereuen, doch ich hörte nicht auf meine innere Stimme, die mir sagte, dass ich mich beruhigen sollte. Ich schlug ihr einfach ins Gesicht und das nicht gerade sanft. Ihr Kopf flog zur Seite, man konnte ihr ansehen, dass sie geschockt und absolut enttäuscht von mir war. Sie sagte nur ein einziges Wort und das war: Geh.

Ich lief wütend hoch in mein Zimmer, packte meine wichtigsten Sachen in meinen Koffer und ging anschließend wieder runter. Als ich an meine Tante vorbei ging, würdigte ich ihr keines Blickes. Ich hörte, dass sie weinte, doch ich wollte dem allen nur entfliehen. Sie rief mir noch etwas hinterher, doch ich war schon weg und hatte die Tür hinter mir geschlossen.

Die Straßen zogen an mir vorbei, ich merkte nichts, dachte nichts und ging da hin, wo meine Füße mich hintrugen. Ich realisierte erst wieder etwas, als ich viele, laute Vogelgezwitscher hörte. Um mich herum waren nur Bäume, ich bekam Panik, da ich nicht wusste, wo ich war. Ich rannte, um hier heraus zu kommen. Doch plötzlich entdeckte ich ein kleines Haus, darauf lief ich zu. Als ich dort ankam, klopfte ich an der Tür, aber niemand machte auf. Ich nahm all meinen Mut zusammen und machte die Tür auf. Ich fragte ob jemand da sei, aber wieder antwortete niemand. In dem Haus war alles mit Staub bedeckt und Spinnenweben hingen überall, sogar einige Möbel sind kaputt und umgestoßen. Darauf schließ ich, dass hier wohl seit längeren niemand mehr wohnte. Ich stellte meinen Koffer in die kleine offene Küche und sah mich weiter um. Mir kam der Gedanke, dass dies wohl mein neues Reich sein wird und damit hatte ich auch Recht.

*

°^Der orange Ranger^° ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt